Verfahrensgang

LG Wuppertal (Aktenzeichen 21 StVK 297/08)

 

Tenor

1.) Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben.

2.) Die bedingte Entlassung des Verurteilten wird angeordnet.

3.) Der Zeitpunkt der Entlassung wird auf den 15.02.2011 festgesetzt.

4.) Die Justizvollzugsbehörde wird angewiesen, den Verurteilten unverzüglich in den offenen Vollzug zu verlegen.

5.) Die Erteilung von Auflagen und Weisungen sowie etwaige nach § 454a Abs. 2 StPO zu treffende Entscheidungen werden der zuständigen Strafvollstreckungskammer übertragen.

6.) Die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Beschwerdeführers fallen der Staatskasse zur Last.

 

Gründe

I.

Gegen den Verurteilten wird seit mehr als 21 Jahren eine lebenslange Freiheitsstrafe vollstreckt. Die Strafvollstreckungsgerichte haben es in der Vergangenheit wegen einer unklaren Gefährlichkeitsprognose mehrfach abgelehnt, den Betroffenen bedingt zu entlassen.

Der Verurteilte verbüßt eine lebenslange Freiheitsstrafe aus dem Urteil des Landgerichts Hannover vom 28.06.1989. Die Schwurgerichtskammer des Landgerichts Hannover hat den Betroffenen wegen Mordes in Tateinheit mit schwerem Raub zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt.

Die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Wuppertal hat in dem angefochtenen Beschluß vom 08.06.2009 die Feststellungen des Landgerichts Hannover zum Tatgeschehen zutreffend wie folgt zusammengefaßt:

Der Angeklagte bewohnte gemeinsam mit seiner Freundin C2 eine Wohnung in I2, Q-Straße. Frau C2 arbeitete als Serviererin in einem Fitneßcenter. Ihre Arbeitszeit ging von Nachmittags bis spät in die Nacht, so daß sie meistens erst zwischen 2.00 und 3.00 Uhr Nachts nach Hause kam. Als der Angeklagte noch als Bäcker beschäftigt war, war dies der Zeitpunkt, an dem er zur Arbeit gehen mußte. Wenn er von der Arbeit nach Hause kam, begann jedoch wieder die Arbeitszeit seiner Freundin. Die Arbeitszeiten der beiden waren so verschieden, daß sie sich bisweilen über mehrere Wochen kaum sahen. Der Angeklagte verbrachte daher seine Freizeit oft in Spielhallen. Ihm standen hierfür monatlich 700,00 DM zur Verfügung. Er überwies bis Ende September 1988 1.000,00 DM von seinem Einkommen als Bäcker in Höhe von 1.700,00 DM auf das Konto seiner Freundin, womit sein Anteil an Miete und Verpflegung abgedeckt war. Da dem Angeklagten jedoch die ihm zur Verfügung stehende Summe in Höhe von 700,00 DM nicht genügte, hob er monatlich zwischen 300,00 und 400,00 DM heimlich vom Konto seiner Freundin mit deren Scheckkarte ab. Nachdem der Angeklagte ab 1. Oktober 1988 arbeitslos war und keinerlei finanzielle Zuwendungen mehr erhielt, kam er vermehrt in Geldschwierigkeiten. Weil er weiter spielen wollte, mußte er versuchen, sich irgendwo anders Geld zu beschaffen. Ihm war klar, daß er den von ihm bisher benötigten Betrag in Höhe von 1.000,00 DM nicht weiterhin unbemerkt vom Konto seiner Freundin abheben konnte. Ihm kam immer öfter der Gedanke, daß er jemand töten wollte, der viel Geld bei sich hat. Der Angeklagte träumte in den folgenden Tagen und Wochen auch oftmals, daß er einen Menschen umbringt und dann bei dem Getöteten viel Geld vorfindet.

Am Freitag, den 21.10., und Samstag, den 22.10.1988, war die Freundin des Angeklagten krankgeschrieben. Der Angeklagte und Frau C2 verbrachten die Tage fast ausschließlich damit, daß sie sich im Bett aufhielten und Whisky mit Cola tranken. Nur der Angeklagte verließ jeweils zwei- oder dreimal am Tag die Wohnung, um seinen Hund auszuführen. In der Nacht vom Samstag zum Sonntag verließ der Angeklagte kurz nach Mitternacht mit seinem Hund erneut die Wohnung. Er führte seinen Hund in Höhe der N-Straße hinter dem Y auf einem Brachgelände aus. Der Angeklagte trug in seiner Lederjacke ein Pfadfindermesser bei sich. Dieses Messer hatte der Angeklagte drei oder vier Tage zuvor in seine Jacke gesteckt, weil er sein Vorhaben, einen Menschen zu töten, um an Geld zu kommen, bei einem dieser Spaziergänge mit dem Hund in die Tat umsetzen wollte. In dieser Nacht überquerte gegen 0.30 Uhr die 40-jährige Polin B2 das Brachgelände. Frau B2 war auf dem Weg von der Haltestelle Y2 zu ihrer Wohnung in der I-Straße. Den sehr dunklen Weg über das Brachgelände hatte Frau B2 genommen, weil er eine erhebliche Abkürzung für ihren Heimweg bedeutete.

Als der Angeklagte Frau B2 begegnete, ließ er sie zunächst vorbeigehen und folgte ihr dann. Er war nunmehr fest entschlossen, diese Frau zu töten, um an Geld zu kommen und ging deshalb hinter ihr her. Kurz bevor er Frau B2 erreicht hatte, nahm er sein Messer in die Hand. Er umfaßte die Frau mit der linken Hand von hinten am Hals und hielt sie fest. Mit direktem Tötungsvorsatz stieß er Frau B2 das Messer zunächst einmal in den Rücken. Nachdem der Angeklagte das Messer wieder herausgezogen hatte, riß er die Frau zu Boden. Frau B2 kam auf dem Bauch zu liegen, und der Angeklagte stach weiterhin mit direktem Tötungsvorsatz mehrfach in den Rücken der Frau. Da Frau B2 noch Lebenszeichen von sich gab, nahm der Angeklagte die Hund...

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