Entscheidungsstichwort (Thema)

Nutzung eines als "gewerbliche Einheit" bezeichneten Teileigentums

 

Leitsatz (amtlich)

Die Nutzung der in der Teilungserklärung als "gewerbliche Einheit" ohne weitere Zweckbindung bezeichneten Räume als Begegnungsstätte eines deutsch-kurdischen Kulturvereins ist nicht unzulässig.

 

Normenkette

WEG § 15

 

Verfahrensgang

LG Münster (Beschluss vom 03.01.2005; Aktenzeichen 3 T 103/03)

AG Lüdinghausen (Beschluss vom 20.10.2003; Aktenzeichen 11 II 8/03 WEG)

 

Tatbestand

Die Beteiligten zu 1) und 2) sind die Miteigentümer der vorbezeichneten Anlage; die Beteiligte zu 3) ist die Verwalterin.

Der Begründung des Wohnungs- und Teileigentums liegt die Erklärung der teilenden Eigentümerin vom 18.10.1977 zugrunde. Es handelt sich um ein Wohn- und Geschäftshaus mit insgesamt sieben, sämtlich im Erdgeschoss gelegenen Teileigentumseinheiten und 74 Wohnungseigentumseinheiten in den Obergeschossen. Das Sondereigentum der Teileigentumseinheiten ist in § 1 der Teilungserklärung neben der räumlichen Beschreibung gemäß dem Aufteilungsplan jeweils als "gewerbliche Einheit" bezeichnet. Der Beteiligte zu 2) hat aufgrund eines von ihm angenommenen notariellen Angebots der teilenden Eigentümerin vom 29.3.1990 u.a. die Teileigentumseinheit Nr. 3 (Nutzfläche einschließlich Lagerfläche im Keller 188,39 qm) erworben. Im Laufe der Jahre wurden die einzelnen Teileigentumseinheiten unterschiedlich genutzt. Von Beginn an bis heute vorhanden sind ein E.-Markt (Nr. 1), eine Gaststätte mit Kegelbahnen (Nr. 4, später um die Einheit Nr. 5 erweitert) und ein Kiosk (Nr. 7). In der Einheit Nr. 2 wurde zunächst eine Apotheke, später eine Tierhandlung und verschiedene Videotheken betrieben. In der Einheit Nr. 6 befand sich zunächst eine Drogerie, zurzeit befindet sich dort eine Fahrschule.

Zur Zeit des Eigentumserwerbs des Beteiligten zu 2) war die Nutzung der in dem vorliegenden Verfahren betroffenen Einheit Nr. 3 als Zweigstelle einer Sparkasse bereits beendet worden. Nach Anschlussnutzungen durch eine Praxis für Krankengymnastik, Logopädie bzw. durch einen Heilpraktiker stand das Objekt mehrere Jahre unvermietbar leer. Mit Vertrag vom 11.8.2003 hat der Beteiligte zu 2) diese Teileigentumseinheit an den deutsch-kurdischen Freundeskreis e.V. in T2 zum Betrieb eines Kommunikations- und Informationszentrums für Angehörige der kurdisch-ezidischen Religionsgemeinschaft vermietet. Der Verein beabsichtigt, in den Räumen u.a. Veranstaltungen zur Überwindung integrationshemmender Aspekte, Sprachunterricht und Informationsabende durchzuführen.

 

Entscheidungsgründe

... Der von den Beteiligten zu 1) geltend gemachte Beseitigungsanspruch ist entsprechend dem zutreffenden rechtlichen Ausgangspunkt der landgerichtlichen Entscheidung nach § 1004 Abs. 1 S. 1 BGB zu beurteilen. Nach dieser Vorschrift kann, wenn das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt wird, der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Nach § 15 Abs. 3 WEG kann jeder Wohnungseigentümer einen Gebrauch der im Sonder- oder Teileigentum stehenden Gebäudeteile und des gemeinschaftlichen Eigentums verlangen, der dem Gesetz, den Vereinbarungen und Beschlüssen und, soweit sich hieraus keine Regelung ergibt, dem Interesse der Gesamtheit der Wohnungseigentümer nach billigem Ermessen entspricht. Für die Entscheidung des vorliegenden Falles kommt es somit entscheidend darauf an, ob die Nutzung der Teileigentumseinheit Nr. 3 der in der Teilungserklärung festgelegten Zweckbestimmung widerspricht und deshalb von den Beteiligten zu 1) nicht hingenommen werden muss.

Die Teileigentumseinheit des Beteiligten zu 2) ist in Ziff. 3 des § 1 der Teilungserklärung ebenso wie die sechs weiter vorhandenen Teileigentumseinheiten als "gewerbliche Einheit" bezeichnet worden. Es handelt sich dabei um eine Zweckbestimmung mit Vereinbarungscharakter, deren nähere Auslegung als Teil der Teilungserklärung der unbeschränkten Nachprüfung im Rechtsbeschwerdeverfahren unterliegt, weil sie den Inhalt des im Grundbuch eingetragenen Sondereigentums bestimmt. Diese Auslegung hat allein nach dem objektiven Sinn zu erfolgen, wie er sich für den unbefangenen Betrachter als nächstliegende Bedeutung aus dem Wortlaut der Teilungserklärung ergibt (BGH NJW 1998, 3713 [3714]).

Der Auslegung der Teilungserklärung ist lediglich der Begriff der "gewerblichen Einheit" zugrunde zu legen. Dabei kann offen bleiben, ob durch die Regelung in § 4 Abs. 1 der Teilungserklärung der teilenden Eigentümerin wirksam das Recht eingeräumt werden konnte, durch Bestimmung in dem schuldrechtlichen Erwerbsvertrag mit dem Ersterwerber die Art der gewerblichen Nutzung weiter einzuschränken. Jedenfalls enthält das von dem Beteiligten zu 2) angenommene Angebot der teilenden Eigentümerin vom 29.3.1990 (UR-Nr. 000/1990 Notar T. in T.) eine solche Einschränkung nicht. Die Teileigentumseinheit ist auch in dieser Urkunde lediglich als "gewerbliche Einheit" bezeichnet. § 4 des Ange...

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