Entscheidungsstichwort (Thema)
Formal unwirksame Belehrung
Leitsatz (amtlich)
Als Belehrung gem. § 19 Abs. 5 VVG über die Folgen einer Anzeigepflichtverletzung genügen nicht Ausführungen zur Belehrung in einer längeren "Erklärung zum Antrag", welche nicht besonders hervorgehoben sind, verbunden mit
- einem Hinweis am Anfang der Antragsseite zu den Gesundheitsfragen, die "Ausführungen zur Bedeutung der vorvertraglichen Anzeigepflicht gem. § 19 Abs. 5 VVG unter Ziff. 12 der Erklärungen des Antragstellers und der zu versichernden Personen" zu beachten, und
- einem weiteren Hinweis im unteren Drittel der Seite auf die "Mitteilung nach § 19 Abs. 5 VVG über die Folgen einer Verletzung der gesetzlichen Anzeigepflicht (s. Ziff. 12)",
wenn diese beiden Hinweise aufgrund eines durchgehend kleinen Schriftgrades und eines auch in anderen Passagen verwendeten Fettdrucks im dichtbedruckten Formulartext untergehen, zumal andere Passagen mit einem Rahmen hervorgehoben sind. Es handelt dann sich dann nicht um eine Belehrung, die drucktechnisch so hervorgehoben ist, dass sie nicht übersehen werden kann.
Normenkette
VVG § 19 Abs. 5
Tenor
Die Berufung ist nach dem Beschluss zurückgenommen worden.
Der Senat beabsichtigt, die Berufung der Beklagten gem. § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.
Es wird Gelegenheit gegeben, binnen zwei Wochen Stellung zu nehmen.
Gründe
Die Berufung der Beklagten hat offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Die Rechtssache hat auch keine grundsätzliche Bedeutung und es erfordert auch nicht die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung auf Grund mündlicher Verhandlung des Berufungsgerichts.
I. Der Kläger wendet sich im Wege der Feststellungsklage gegen den von der Beklagten ausgesprochenen Rücktritt des mit Versicherungsschein vom 24.1.2012 policierten Krankenversicherungsvertrag bzw. gegen die in erster Instanz erklärte Anfechtung dieses Vertrages wegen arglistiger Täuschung.
Der Kläger hat den Antrag vom 19.11.2011 über den als Versicherungsmakler tätigen Streitverkündeten eingereicht und dabei zu den Gesundheitsfragen lediglich die Frage "Untersuchungen und Behandlungen in den letzten drei Jahren" bejaht und insoweit auf eine Mandelentzündung im Jahr 2009 verwiesen. Vorangestellt war den Gesundheitsfragen auf der letzten Seite des Antragsformulars folgender Hinweis:
"Die Gesundheitsfragen sind nach bestem Wissen sorgfältig, vollständig und richtig zu beantworten. Eine Verletzung Ihrer vorvertraglichen Anzeigepflicht kann den Versicherer zum Rücktritt oder zur Kündigung berechtigen oder zu einer Vertragsanpassung führen. Bitte beachten Sie hierzu die Ausführungen zur Bedeutung der vorvertraglichen Anzeigepflicht gem. § 19 Abs. 5 VVG unter Ziff. 12. der Erklärungen des Antragstellers und der zu versichernden Personen."
Außerdem fand sich unter der Rubrik "Schlusserklärungen und Unterschriften" folgender
"Hinweis: Bevor Sie den Antrag unterschreiben, lesen Sie bitte auch die Erklärungen auf den letzten Seiten. Sie enthalten u.a. Ihre Erklärung zur Entbindung von der Schweigepflicht (s. Ziff. 8a und c), Ihre Einwilligung nach dem Bundesdatenschutzgesetz (s. Ziff. 9) und die Mitteilung nach § 19 Abs. 5 VVG über die Folgen einer Verletzung der gesetzlichen Anzeigepflicht (s. Ziff. 12). Mit Ihrer Unterschrift machen Sie die Erklärungen zum Inhalt des Antrags."
Diese dem Antragformular beigefügten Erklärungen enthielten unter Ziff. 12 eine "Mitteilung nach § 19 Abs. 5 VVG über die Folgen einer Verletzung der gesetzlichen Anzeigepflicht".
Außerdem ließ sich die Beklagte eine "Erklärung zum Antrag" unterzeichnen, in der sich u.a. folgender "Hinweis zur vorvertraglichen Anzeigepflicht" befand:
"Die Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht kann den Versicherer zum Rücktritt oder zur Kündigung berechtigen oder zu einer Vertragsanpassung führen. Bitte beachten Sie hierzu die Erklärungen auf den letzten Seiten Ihres Antrages. Sie enthalten u.a. die Mitteilung nach § 19 Abs. 5 VVG über die Folgen einer Verletzung der gesetzlichen Anzeigepflicht."
Wegen der formalen Gestaltung und der weiteren inhaltlichen Einzelheiten der Antragsunterlagen und Erklärungen wird auf die Anlagen K 1 (Bl. 13 ff. GA), sowie BLD 1 und BLD 2 (Bl. 55 - 57 GA) verwiesen.
Unstreitig hatte sich der Kläger im relevanten Zeitraum auch wegen eines atopischen Ekzems bzw. Psoriasis vulgaris Salben verschreiben und wegen Blockierungen im BWS- und HWS-Bereich chiropraktisch behandeln lassen. Im Hinblick darauf erklärte die Beklagte mit Schreiben vom 18.1.2013 den Rücktritt vom Krankenversicherungsvertrag (Bl. 25 GA).
Der Kläger hat dazu behauptet, dass der Versicherungsmakler ihm bei Schilderung dieser Vorbehandlungen, die sich aus seiner Sicht als trockene Hautstellen hinter den Ohren und gelegentliche Rückenbeschwerden darstellten, erklärt habe, es handele sich insoweit nicht um anzeigepflichtige Umstände, weil nur tatsächliche Erkrankungen bzw. dauerhafte medizinische Beschwerden anzugeben seien. Dies habe ihm ei...