Entscheidungsstichwort (Thema)
Abänderung des Gesellschaftsvertrags
Leitsatz (redaktionell)
Besteht bereits eine Gesellschaft und ist sie im Handelsregister eingetragen, dann erfordert das Vertrauen der Öffentlichkeit, dass jede Änderung des Gesellschaftsvertrags erst mit der Eintragung Wirksamkeit erlangt. Auf die Ersteintragung einer Gesellschaft ist § 54 Abs. 3 GmbHG nicht anwendbar.
Normenkette
GmbHG § 54
Verfahrensgang
LG Hagen (Aktenzeichen 8 HOH 1/70) |
Tenor
Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen.
Gründe
I.
Der Kaufmann … war Inhaber eines Konfektionsgeschäftes in … mit einer Filiale in …, er ist am 28. August 1946 verstorben. Nachdem seine Ehefrau, die Witwe …, und seine beiden Kinder, … und Frau … geb. … die Erbschaft ausgeschlagen hatten, sind seine Enkelkinder … und … sowie …, … und … gesetzliche Erben geworden. Diese fünf Enkelkinder, damals noch alle minderjährig, schlossen am 15. November 1946 vor dem Notar … in … einen Vertrag, in dem sie vereinbarten, daß die bisherige Einzelfirma … in eine GmbH mit der Firmenbezeichnung „…” umgewandelt wird, unter der das Textilgeschäft fortgeführt werden sollte. Zur alleinigen Geschäftsführerin der Firma wurde die Witwe … auf Lebenszeit bestellt. In § 13 des Gesellschaftsvertrages heißt, es:
„In Ergänzung zu § 60 des Gesetzes betr. die Gesellschaft mit beschränkter Haftung kann das Gesellschaftsverhältnis nur zum Schluß eines Kalenderjahres gekündigt werden. Die Kündigungsfrist beträgt 6 Monate.”
Die GmbH ist am 19. März 1947 im Handelsregister B unter Nr. 1019 des Amtsgerichts Schwerte eingetragen. worden.
Im Jahre 1962 beschlossen die Gesellschafter, die Filiale in … aufzugeben und das Geschäftsgrundstück in …, das der Witwe … gehört, auf die Dauer von 15 Jahren zu mieten.
Durch Schreiben vom 30. Juni 1969, das der Geschäftsführerin der GmbH am gleichen Tage zugegangen ist, kündigten die Gesellschafter … und … gemäß § 13 des Gesellschaftsvertrages das Gesellschaftsverhältnis.
Am 14. Januar 1970 wurde in das Handelsregister folgender Vermerk eingetragen:
„Die Gesellschaft ist infolge Kündigung seitens der Gesellschafter … und … vom 30. Juni 1969 aufgelöst. Einzige Abwicklerin ist die bisherige Geschäftsführerin, die Witwe … geb. … in …”
Durch Schriftsatz ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 21. Januar 1970 haben die Gesellschafterin … geb. … und … geb. …, die Beteiligten zu 1) und 2), beim Landgericht Hagen beantragt, die am 14. Januar 1970 im Handelsregister vorgenommene Eintragung gemäß §§ 142, 143 FGG von Amts wegen zu löschen. Sie haben zur Begründung vorgetragen:
§ 13 des Gesellschaftsvertrages räume den einzelnen Gesellschaftern kein Kündigungsrecht ein; der Notar, der den Vertrag beurkundet habe, sei irrtümlich davon ausgegangen, daß nach § 60 GmbHG jedem Gesellschafter ein Kündigungsrecht zustände und dieses im Vertrag lediglich nach Frist und Endzeitpunkt zu modifizieren sei; darin werde nicht erwähnt, daß der Gesellschafter kündigen könne; außerdem sei das Wort „Gesellschaftsverhältnis” auffallend. Ferner würde ein Kündigungsrecht jedes Gesellschafters, das zur Gesellschaft führe, mit den übrigen Bestimmungen des Vertrages, die auf lange Zeitdauer abgestellt seien, nicht zu vereinbaren sein; so sei der Geschäftsführerin in § 6 des Vertrages das Recht eingeräumt worden, den gesamten Gewinn der Gesellschaft zu beanspruchen; wenn auch diese Bestimmung später aufgehoben worden sei, so sei doch § 9 des Vertragen bestehen geblieben, wonach nach dem Tode der Geschäftsführerin ihre beiden Kinder je zur Hälfte Anspruch auf den Reingewinn der Gesellschaft haben sollten. Selbst wenn aber jedem Gesellschafter ein Kündigungsrecht zustände, dann sei dieses bis zum 31. Dezember 1976 ausgeschlossen, da bis zu diesem Zeitpunkt der Mietvertrag über das Geschäftsgrundstück laufe; dadurch hätten die Gesellschafter sich gegenseitig verpflichtet, das Geschäft solange fortzuführen; damit hätten sie auf ihr Kündigungsrecht verzichtet, was auch stillschweigend geschehen könne. Ferner sei § 13 des Gesellschaftsvertrages unwirksam. Wenn einem Gesellschafter ein Kündigungsrecht mit auflösender Wirkung eingeräumt werde, dann sei das eine Bestimmung über die Zeitdauer der Gesellschaft; diese müsse nach § 10 Abs. 2 GmbHG in das Handelsregister eingetragen werden; da das bisher nicht geschehen sei, habe dies die Nichtigkeit der Bestimmung zur Folge. Schließlich hätten die Gesellschafter … und … ihr Kündigungsrecht rechtsmißbräuchlich ausgeübt; denn sie verfolgten mit der Kündigung ausschließlich das Ziel, das Geschäft und das Grundstück allein in ihre Hand zu bekommen. Die Geschäftsführerin, die 83 Jahre alt sei, könne die Tätigkeit nicht mehr ausüben; sie stehe ganz unter ihrem Einfluß.
Die Gesellschaft hat dem Antrag der Beteiligten zu 1) und 2) widersprochen. Sie hat geltend gemacht: In § 13 des Gesellschaftsvertrages werde jedem Gesellschafter ein Kündigungsrecht mit auflösender Wirkung einger...