Leitsatz (amtlich)
Eine angesparte Rente nach dem Opferentschädigungsgesetz muss von dem Mündel nicht für die Vergütung des Vormundes eingesetzt werden.
Normenkette
BGB §§ 1836c, 1836d; OEG § 1
Verfahrensgang
AG Dortmund (Beschluss vom 14.08.2014; Aktenzeichen 107 F 2522/10) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Mündels vom 19.08.2014 wird der Beschluss des AG - Familiengericht - Dortmund vom 14.08.2014 (107 F 2522/10 SH) dahin abgeändert, dass die an den Vormund zu zahlende Vergütung von 2.436,78 EUR aus der Landeskasse zu zahlen ist.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Landeskasse.
Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 2.436,78 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Durch Beschluss des AG - Familiengericht - Dortmund vom 30.04.2010 wurde der Kindesmutter D die elterliche Sorge für ihre am ... 2007 geborene Tochter K - das Mündel - entzogen. Als berufsmäßigen Vormund bestellte das AG die Beteiligte zu 1). Aufgrund einer im Jahr 2008 zu Ks Nachteil begangenen Gewalttat bezieht diese eine Grundrente nach § 1 Abs. 1 OEG i.V.m. den Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes; im Frühjahr 2012 erhielt sie eine Rentennachzahlung von insgesamt 7.114,5 EUR.
Die Beteiligte zu 1) beantragte unter dem 24.10.2013, ihre Vergütung als Vormund für K für den Zeitraum vom 01.06.2010 bis zum 27.07.2012 auf 2.436,78 EUR festzusetzen. Durch Beschluss vom 14.08.2015 setzte das AG die Vergütung antragsgemäß fest und ordnete an, dass die Vergütung aus dem Vermögen des Mündels zu zahlen ist. Zur Begründung wies das AG darauf hin, dass K nicht mittellos sei, sondern aus den angesparten Rentenzahlungen über ein Sparguthaben von 5.406,78 EUR zum 16.12.2013 verfüge.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde des in diesem Verfahren durch die eigens bestellte Ergänzungspflegerin vertretenen minderjährigen Kindes und Mündels. Die Beschwerdeführerin ist der Ansicht, dass sie für die Festsetzung der Vergütung als mittellos anzusehen sei, weil sie ihr aus den Rentenleistungen angespartes Guthaben nicht für die Vergütung ihres Vormundes einsetzen müsse. Die zuständige Bezirksrevisorin - Beteiligte zu 2) - widerspricht der Zahlung der Vergütung aus der Landeskasse.
II. Die gemäß §§ 58 ff. FamFG zulässige Beschwerde des Mündels ist begründet.
Die der Höhe nach zutreffend festgesetzte Vergütung der Beteiligten zu 1) ist nicht aus dem Vermögen des Mündels, sondern aus der Landeskasse zu zahlen, weil das Mündel nach §§ 1836c, 1836d BGB mittellos ist.
Entgegen der Ansicht der Beteiligten zu 2) muss K ihr aus der Opferentschädigungsrente angespartes Guthaben von rund 5.400,00 EUR nicht für die Vergütung ihres Vormundes einsetzen, weil dies für sie eine Härte bedeuten würde, §§ 1836c Nr. 2 BGB, 90 Abs. 3 SGB XII.
Allerdings ist die Frage, ob eine angesparte Rente nach dem Opferentschädigungsgesetz für die Vergütung eines Vormundes oder eines Betreuers einzusetzen ist, umstritten. Auf der einen Seite wird die Ansicht vertreten, dass ein solches Vermögen für die Vergütung einzusetzen ist, soweit es den Grenzwert nach § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII i. V. mit der Durchführungsverordnung übersteigt. Für die Frage, ob das Vermögen einzusetzen sei, sei dessen Herkunft grundsätzlich unerheblich. Dass das Vermögen aus Einkünften angespart worden sei, die - wie auch die laufende Rente nach dem Opferentschädigungsgesetz - nach § 82 Abs. 1 SGB XII nicht einzusetzen sind, führe nicht zwangsläufig dazu, dass auch die Ersparnisse nicht eingesetzt werden müssten. Vielmehr seien solche Ersparnisse nur dann nicht einzusetzen, wenn der in das Vermögen geflossene Wert dem gleichen Zweck dienen solle wie das Einkommen und dieser Zweck bei Einsatz gefährdet werde. Die Grundrente nach dem Opferentschädigungsgesetz diene der Deckung des schädigungsbedingten laufenden Mehrbedarfs. Dieser Zweck aber sei nicht gefährdet, wenn das angesparte Vermögen für andere Zahlungspflichten eingesetzt werden müsse (BayObLG, Beschluss vom 24.02.2005, 3Z BR 261/4, Rn. 13; ähnlich OVG Lüneburg, Beschluss vom 15.08.2013, 4 PA 184/13, Rn. 6 - beide zitiert nach juris). Nach anderer Ansicht sind Ersparnisse von einer Rente nach dem Opferentschädigungsgesetz regelmäßig nicht einzusetzen. Solche Rentenzahlungen dienten neben einem typisierenden und pauschalierenden Ausgleich des schädigungsbedingten Mehrbedarfs auch der Entschädigung für die Beeinträchtigung der körperlichen Integrität und damit immateriellen Zwecken wie der Genugtuung für erlittenes Unrecht. Dies gelte besonders für Opfer von Straftaten, die gerade auch deshalb entschädigt würden, weil sie einen erheblichen Schaden an immateriellen Rechtsgütern erlitten haben (BVerwG, Urteil vom 27.5.2010, 5 C 7/9, NVwZ-RR 2010, 771, 772; LG Münster, 5 T 861/10, Rn. 17 ff. - zitiert nach juris). Damit erfülle die Grundrente nach dem Opferentschädigungsgesetz zumindest ganz maßgeblich den Zweck, der auch mit Schmerzensgeldzahlungen verfolgt werde. Diese sind aber nach allgemeiner Meinung auch von einem Einsatz des Vermögens ausgenommen (BVerwG, a.a.O., S. 772; Staudinger-Bienw...