Entscheidungsstichwort (Thema)
Wegfall der Bindungswirkung der Zustimmung zu einer baulichen Veränderung
Leitsatz (amtlich)
Beruht die von einem zunächst widerstrebenden Wohnungseigentümer erklärte Zustimmung zu einer baulichen Veränderung auf der gemeinsamen Überzeugung der in der Versammlung anwesenden Wohnungseigentümer, die geplante bauliche Veränderung könne auch gegen den Widerstand des Einzelnen durch Mehrheitsbeschluss genehmigt werden, so können die Grundsätze über den Wegfall der Geschäftsgrundlage zum Wegfall der Bindungswirkung der schuldrechtlichen Vereinbarung führen.
Normenkette
WEG § 22 Abs. 1; BGB § 242
Verfahrensgang
LG Bochum (Aktenzeichen 7a T 1/01) |
AG Witten (Aktenzeichen 13 II 29/00) |
Tenor
Der angefochtene Beschluss wird mit Ausnahme der Wertfestsetzung aufgehoben.
Die sofortige erste Beschwerde der Beteiligten zu 1) und 2) gegen den Beschluss des AG Witten vom 5.12.2000 wird insgesamt zurückgewiesen.
Die Beteiligten zu 1) und 2) tragen die Gerichtskosten des Verfahrens der sofortigen ersten und weiteren Beschwerde. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet im Verfahren zweiter und dritter Instanz nicht statt.
Der Gegenstandswert des Verfahrens der sofortigen weiteren Beschwerde wird auf 5.000 DM festgesetzt.
Gründe
I. Die Beteiligten sind die Miteigentümer der vorbezeichneten Wohnungseigentumsanlage.
Die Beteiligten zu 3) sind Eigentümer der Erdgeschosswohnung, die Beteiligten zu 1) und 2) Eigentümer der darüber liegenden Wohnungen im ersten Obergeschoss (Wohnung Nr. 3) bzw. Dachgeschoss (Wohnung Nr. 4) des Hauses. An der Südwestseite des Gebäudes liegen neben dem Hauseingang drei Fenster der Erdgeschosswohnungen der Beteiligten zu 3), von denen eines der Küche, zwei weitere dem Wohnzimmer zugeordnet sind. In der Eigentümerversammlung vom 25.5.1999, über deren Verlauf eine Niederschrift nicht angefertigt worden ist, begehrten die Beteiligten zu 1) und 2) die Zustimmung der übrigen Wohnungseigentümer zur Errichtung außenhängender Balkone an der Südwestseite des Gebäudes im Bereich ihrer Wohnungen im ersten Obergeschoss bzw. Dachgeschoss. Welche weiteren Erklärungen zu diesem Vorhaben in der Eigentümerversammlung abgegeben worden sind, ist zwischen den Beteiligten streitig.
Nachdem die Beteiligten zu 3) im Jahre 2000 dem Anbau der von den Beteiligten zu 1) und 2) geplanten Balkone widersprochen hatten, haben diese mit Schriftsatz ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 15.5.2000 bei dem AG beantragt festzustellen, dass die Beteiligten zu 3) an ihr am 25.5.1999 erklärtes Einverständnis zur Errichtung von Balkonen an den Außenwänden der Wohnungen Nr. 3 und 4 gebunden seien und dass sie, die Beteiligten zu 1) und 2), zur Installation der Balkone – vorbehaltlich sonstiger Genehmigungen Dritter – berechtigt seien. Zur Begründung ihres Antrages haben die Beteiligten zu 1) und 2) behauptet, in der Eigentümerversammlung vom 25.5.1999 hätten alle Wohnungseigentümer der geplanten Errichtung der Balkone zugestimmt. Die Beteiligten zu 3) hätten ihr Einverständnis lediglich mit der Einschränkung erklärt, dass eines ihrer Wohnzimmerfenster frei bleiben solle. Auf diese Weise sei eine für alle Beteiligten tragfähige Einigung erzielt worden.
Die Beteiligten zu 3) sind dem Antrag entgegengetreten. Sie haben den Verlauf der Erörterung in der Eigentümerversammlung so dargestellt, sie hätten zunächst das Vorhaben der Beteiligten zu 1) und 2) wegen einer Beeinträchtigung des Lichteinfalls in die Räume ihrer Wohnung abgelehnt. Vonseiten der übrigen Wohnungseigentumer sei daraufhin geltend gemacht worden, die Angelegenheit könne i.S.d. Beteiligten zu 1) und 2) auch durch Mehrheitsbeschluss geregelt werden, dem sie, die Beteiligten zu 3), sich zu fügen hätten. Zu einer abschließenden Einigung sei es dann nicht mehr gekommen. Vielmehr habe zunächst die Rechtslage geklärt werden sollen, ob eine Verpflichtung zur Duldung der Balkone durch Mehrheitsbeschluss begründet werden könne.
Das AG hat in der Sitzung vom 27.11.2000 Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen K. und … . Durch Beschl. v. 5.12.2000 hat das AG den Antrag der Beteiligten zu 1) und 2) zurückgewiesen.
Gegen diese Entscheidung haben die Beteiligten zu 1) und 2) mit Schriftsatz ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 27.12.2000 rechtzeitig sofortige Beschwerde eingelegt, mit der sie ihren Antrag weiterverfolgt haben. Das LG hat mit den Beteiligten in öffentlicher Sitzung vom 25.6.2001 vor der vollbesetzten Zivilkammer mündlich verhandelt. Durch Beschluss vom 27.6.2001 hat das LG in Abänderung der amtsgerichtlichen Entscheidung und unter Zurückweisung des weitergehenden Antrags der Beteiligten zu 1) und 2) festgestellt, die Beteiligten zu 3) seien dem Grunde nach verpflichtet, die Errichtung von Balkonen an den Außenwänden der Wohnungen Nr. 3 und 4 auf der Südwestseite des Gebäudes zu dulden, jedoch mit der Einschränkung, dass sich zumindest über einem Wohnzimmerfenster der Beteiligten zu 3) keine Balkonflächen befinden dürfen, und mit der weiteren Einschränkun...