Leitsatz (amtlich)

Zur Entziehung der elterlichen Sorge bei eingeschränkter Erziehungsfähigkeit der Eltern.

 

Verfahrensgang

AG Dülmen (Entscheidung vom 07.06.2010; Aktenzeichen 6 F 70/08)

 

Tenor

Die Beschwerden der Antragsgegner (Kindeseltern) gegen den am 7. Juni 2010 verkündeten Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Dülmen werden zurückgewiesen.

Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben; die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens werden den Antragsgegnern auferlegt.

Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 3.000,00 Euro festgesetzt

 

Gründe

I.

Die Kindeseltern sind seit dem 21.03.2003 miteinander verheiratet. Aus der Ehe sind die betroffenen Kinder I und F sowie das am 07.04.2008 geborene Kind O hervorgegangen. Die Kindesmutter, geb. 17.06.1973 in N, war seit dem 14.06.1995 in erster Ehe mit dem Vater ihrer älteren Kinder Q, M und M1 S, N S verheiratet. Diese Ehe wurde nach Trennung der Eheleute im Februar 1999 durch Urteil vom 18.01.2001 geschieden. Der Kindesmutter stand aufgrund eines Beschlusses des Amtsgerichts Dülmen vom 10.01.2002 das alleinige Sorgerecht für diese drei Kinder zu.

Die betroffenen Kinder sowie die aus der ersten Ehe der Kindesmutter hervorgegangenen Kinder Q, M und M1 lebten zunächst im Haushalt der Kindesmutter und des am 28.03.1973 geborenen Kindesvaters in Z1-C. Nachdem der Vater der Kinder Q, M und M1 beim Amtsgericht Dülmen einen Antrag auf Übertragung des alleinigen Sorgerechts mit der Begründung gestellt hatte, die Kinder würden bei der Kindesmutter nicht ordnungsgemäß betreut und versorgt, wurde im Oktober 2007 in der Familie eine sozialpädagogische Familienhilfe installiert. Es kam allerdings zu Problemen mit der Familienhelferin, Frau F, die von "schlimmen Zuständen in der Familie" berichtete. Nach ihren Feststellungen würden die Kinder nicht zur Schule geschickt; es liefen den ganzen Tag der Fernseher und der Computer; die hygienischen Zustände, in der kaum möblierten Wohnung, in der verschiedene Tiere gehalten würden, seien bedenklich; bei den Kindern seien Entwicklungsdefizite festgestellt worden.

Da der Kindesvater eine Arbeitsstelle als Elektroinstallateur in Dänemark erhalten hatte und sich deshalb nur noch an den Wochenenden in der Ehewohnung aufhielt, beabsichtigte die Familie, nach Dänemark umzuziehen. Nach Anhörung der Kinder am 30.01.2008 wurde in dem Verfahren 6 F 254/07 AG Dülmen die Einholung eines familienpsychologischen Sachverständigengutachtens beschlossen. Am 01.02.2008 verzogen die Kindeseltern gleichwohl nach Dänemark. Dort wurde am 07.04.2008 das Kind O geboren.

Am 20.02.2008 beantragte das Jugendamt der Stadt E, den Kindeseltern die elterliche Sorge für die betroffenen Kinder I und F sowie der Kindesmutter die elterliche Sorge für die Kinder Q, M und M1 zu entziehen. Zur Begründung führte das Jugendamt aus, die Kindeseltern hätten durch ihren Umzug nach Dänemark am 01.02.2008 die Zusammenarbeit mit der eingerichteten Familienhilfe abgebrochen. Zuvor sei es zu Auseinandersetzungen mit der Familienhelferin gekommen. Zu einer Zusammenarbeit mit einer am 31.01.2008 neu eingesetzten Helferin sei es aufgrund des Umzugs nicht mehr gekommen.

Durch die Beschlüsse des Amtsgerichts vom 14.03.2008 und 17.03.2008 wurde im Wege der einstweiligen Anordnung das Recht der elterlichen Sorge für alle Kinder auf das Jugendamt als Vormund übertragen. Am 18.04.2008 erstattete das Jugendamt Strafanzeige gegen die Eheleute B wegen Verletzung der Fürsorgepflicht und Kindesentziehung wurde am 17.11.2009 erhoben. Das Strafverfahren ist noch nicht beendet.

Die betroffenen Kinder I und F sowie die weiteren Kinder Q, M und M1 wurden am 29.06.2009 von der dänischen Justiz an das Jugendamt der Stadt Z1 übergeben. In dem Sitzungsprotokoll des dänischen Vollstreckungsgerichts heißt es, dass die Wohnung der Kindeseltern in Dänemark unbeschreiblich schmutzig gewesen sei; die Kinder seien ungepflegt und gingen nur unregelmäßig in die Schule. Nach ihrer Rückkehr nach Deutschland wurden die Kinder Q, M und M1 im Kinderheim St. N1 in N untergebracht. Die betroffenen Kinder I und F leben seit ihrer Rückkehr in einer Bereitschaftspflegefamilie in Z1. Im Oktober 2009 kehrten auch die Kindeseltern nach Deutschland zurück. Sie haben regelmäßig begleiteten Umgang, wobei der Kindesvater nicht immer an den Kontakten teilnimmt. Die Kindeseltern wohnen seit ihrer Rückkehr zusammen mit dem Kind O in C2. Mit Billigung des Jugendamts hält sich seit dem 17.12.2009 auch M, die zuvor mehrfach aus dem Kinderheim entwichen war, dort auf. Nach dem Bericht des Amts für Soziale Dienste der Stadt C2 bewohnen die Kindeseltern "eine mit allem erforderlichen Mobiliar ausgestattete geräumige Wohnung in der C1 O". Der Kindesvater ist als Asbestsanierer berufstätig. Die Kindesmutter ist Hausfrau und betreut das Kind O, das im Kindergarten angemeldet ist. Sie belegt einen Fernkurs zur Verbesserung ihrer Wiedereingliederung in das Berufsleben. Die Familie erhält aufstockende Leistungen v...

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