Leitsatz (amtlich)

1. Mit der Abtrennung einer Folgesache aus dem Scheidungsverbund wird diese zur selbständigen Familiensache im Sinne des Art 11 Abs. 4 FGG-RG mit der Folge, dass erneut Rechtsanwaltsgebühren entstehen.

2. Allerdings muss sich der Rechtsanwalt auf diese neu entstehenden Gebühren solche Gebühren anrechnen lassen, die er bereits im Scheidungsverbund aus dem Wert der Folgesache verdient und abgerechnet hat.

 

Normenkette

RVG §§ 15, 21

 

Verfahrensgang

AG Dortmund (Beschluss vom 23.11.2012; Aktenzeichen 112 F 2856/10)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 1) wird der Beschluss des AG - Familiengericht - Dortmund vom 23.11.2012 abgeändert.

Auf die Erinnerung der Beteiligten zu 1) wird der Beschluss des AG - Familiengericht - Dortmund vom 5.7.2012 abgeändert und die der Beteiligten zu 1) aus der Landeskasse zu zahlende weitere Verfahrenskostenhilfevergütung auf 586,07 EUR festgesetzt.

Das Verfahren über die Erinnerung und die Beschwerde ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

I. In dem vorangegangenen Ehescheidungsverfahren (AG Dortmund 112 F 1314/08) hat die Beteiligte zu 1) die Antragstellerin vertreten. Dieser ist durch Beschluss vom 15.7.2008 Prozesskostenhilfe bewilligt worden. Durch Urteil vom 1.9.2008 hat das AG die Ehe nach vorheriger Abtrennung des Versorgungsausgleichs geschieden. Der Streitwert für die Ehescheidung ist auf 9.600 EUR und der Wert für die Folgesache Versorgungsausgleich durch Beschluss vom 28.10.2009 auf 2.000 EUR festgesetzt worden.

Mit Schriftsatz vom 1.8.2008 hat die Beteiligte zu 1) zunächst beantragt, die ihr zu zahlende Prozesskostenhilfevergütung auf 743,57 EUR festzusetzen. Bei diesem Antrag hat sie einen Streitwert von 9.600 EUR (ohne Versorgungsausgleich) zugrunde gelegt. Am 23.9.2008 hat das AG antragsgemäß die Vergütung auf 743,75 EUR festgesetzt.

Mit Antrag vom 19.11.2009 hat die Beteiligte zu 1) die Festsetzung von weiteren 11,90 EUR beantragt, und zwar ausgehend von einem Streitwert von 11.600 EUR (9.600 EUR Ehescheidung zzgl. 2.000 EUR Versorgungsausgleich). Auch dieser Betrag von 11,90 EUR wurde am 30.11.2009 antragsgemäß festgesetzt.

In dem vorliegenden, abgetrennten Versorgungsausgleichsverfahren hat das AG der Antragstellerin durch Beschluss vom 10.10.2011 Verfahrenskostenhilfe bewilligt. Durch weiteren Beschluss vom 10.10.2011 ist der

Versorgungsausgleich durchgeführt worden. Der Verfahrenswert ist auf 3.840 EUR festgesetzt worden.

Aufgrund eines Antrages vom 8.2.2012 sind am 13.2.2012 zugunsten der Beteiligten zu 1) zunächst 32,73 EUR festgesetzt worden.

Am 14.3.2012 hat die Beteiligte zu 1) beantragt, ihre Vergütung auf weitere 597,97 EUR festzusetzen.

Diese Vergütung setzte sich wie folgt zusammen:

Gegenstandswert

Vergütung

1,3 Verfahrensgebühr gem. § 49 RVG i.V.m. Nr. 3100 RVG-VV

3.840 EUR

265,20 EUR

1,2 Terminsgebühr gem. § 49 RVG

i.V.m. Nr. 3104 RVG-VV

3.840 EUR

244,80 EUR

Auslagenpauschale Nr. 7002 RVG-VV

20 EUR

Nettobetrag

530 EUR

Umsatzsteuer

100,70 EUR

Summe

630,70 EUR

abzgl. bereits gezahlter

-32,73 EUR

597,95 EUR

Das AG hat durch Beschluss vom 26.6.2012 den Antrag zurückgewiesen. Die dagegen gerichtete Erinnerung hat das AG - Familiengericht - durch Beschluss vom 23.11.2012 zurückgewiesen. Das AG hat die Auffassung vertreten, dass die Gebühren aus dem Scheidungsverfahren in vollem Umfang anzurechnen seien.

Dagegen wendet sich die Beteiligte zu 1) mit ihrer Beschwerde. Sie korrigiert ihren Antrag dahingehend, dass ein Betrag von 11,90 EUR noch in Abzug zu bringen sei. Es sei deshalb ein Betrag von 586,07 EUR festzusetzen.

II. Die gem. §§ 56 Abs. 2, 33 Abs. 3 RVG zulässige Beschwerde ist begründet. Auf den Antrag der Beteiligten zu 1) ist eine Vergütung von weiteren 586,07 EUR festzusetzen.

1. Das AG weist zutreffend darauf hin, dass es sich bei dem Versorgungsausgleich um eine selbständige Familiensache i.S.d. Art. 11 Abs. 4 FGG-RG handelt (vgl. BGH FamRZ 2011, 636). Dies hat zur Folge, dass erneut Verfahrenskostenhilfe beantragt werden muss und auch gem. § 150 Abs. 5 S. 2 FamFG erneut Rechtsanwaltsgebühren entstehen (BGH FamRZ 2011, 636 Rz. 26; OLG Zweibrücken, Beschl. v. 7.5.2012 - 6 WF 55/12, juris). Allerdings muss sich der Rechtsanwalt nach § 15 Abs. 2 S. 1 RVG solche Gebühren anrechnen lassen, die er bereits im Scheidungsverbund aus dem Wert des Versorgungsausgleichs verdient und abgerechnet hat. Denn nach § 21 Abs. 3 RVG handelt es sich bei der abgetrennten und der nunmehr selbständigen Folgesache um eine Angelegenheit (BGH FamRZ 2011, 636 Rz. 27; OLG Celle FamRZ 2011, 240).

Dabei ist zu beachten, dass nur solche Gebühren angerechnet werden, die im früheren Scheidungsverbund auf den Versorgungsausgleich entfallen waren (vgl. OLG Zweibrücken, Beschl. v. 7.5.2012 - 6 WF 55/12, juris). Dies hat das AG im vorliegenden Verfahren übersehen, da es die gesamten Gebühren aus dem Scheidungsverbund in Abzug gebracht hat.

2. Welche Gebühren anzurechnen sind, ist im Wege einer Vergleichsberechnung zu ermitteln. Es ist zu berechnen, welche Gebühren im Scheidungsver...

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