Verfahrensgang
LG Essen (Aktenzeichen 24 Ns 75 Js 314/05 (1/07)) |
Tenor
Das angefochtene Urteil wird aufgehoben soweit der Angeklagte verurteilt worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird der Angeklagte freigesprochen.
Die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten fallen der Staatskasse zur Last.
Gründe
I.
Die Staatsanwaltschaft Essen hat dem Angeklagten vorgeworfen, in der Zeit vom 24.06.2004 bis zum 24.09.2004 in F und anderen Orten in 16 Fällen als Halter eines Kraftfahrzeuges zugelassen zu haben, dass jemand das Fahrzeug führte, der die dazu erforderliche Fahrerlaubnis nicht hatte (Vergehen nach § 21 Abs. 1 Nr. 2 StVG). Das Amtsgericht Essen hat den Angeklagten mit Urteil vom 22. November 2005 von diesem Vorwurf freigesprochen. Auf die Berufung der Staatsanwaltschaft hat die IV. kleine Strafkammer des Landgerichts Essen das amtsgerichtliche Urteil aufgehoben und den Angeklagten wegen vorsätzlichen Duldens des Fahrens ohne Fahrerlaubnis in 14 Fällen schuldig gesprochen. Es hat ihn deswegen verwarnt und die Verurteilung einer Gesamtgeldstrafe von 80 Tagessätzen zu je 300,- EUR vorbehalten.
Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit der Revision (ersichtlich nur, soweit er verurteilt worden ist), mit der er eine Verletzung materiellen Rechts rügt.
II.
Nach den Feststellungen des Landgerichts arbeitete der Angeklagte, der sich im Jahre 2004 mit einer Fahrschule in F selbstständig gemacht hatte, mit der Firma "T" zusammen. Er war vertraglich an das Konzept dieser Firma gebunden, die Intensivfahrkurse anbot, in denen Fahrschüler innerhalb von 7 bis 10 Tagen ihre Fahrerlaubnis erwerben sollten. "T" bewarb im Internet dieses Konzept. Es beinhaltete das Angebot von kostenlosen Probefahrten. Sich meldende Interessenten wurden dann an die angeschlossenen Partnerfahrschulen, u.a. an die des Angeklagten, verwiesen.
So traten zwischen dem 24.06.2004 und dem 24.09.2004 insgesamt 14 Personen, die über keine Fahrerlaubnis zum Führen eines PKWs verfügten, an die Fahrschule des Angeklagten heran. Sie wurden vom Angeklagten selbst oder seiner Ehefrau darauf hingewiesen, dass vor Durchführung einer Probefahrt ein "Ausbildungsvertrag" geschlossen werden müsse. In § 20 der verwendeten AGB war geregelt, dass der Vertrag nach sechs Monaten aufgehoben wurde, wenn der Interessent die spätere Ausbildung nicht antrat, ohne dass dies mit Kosten für die Fahrschulinteressenten verbunden wäre. Hierauf wurden diese ausdrücklich hingewiesen. Sie schlossen sodann den "Ausbildungsvertrag" ab.
Anschließend absolvierten sie mit dem Angeklagten in einem Fahrschulwagen, der mit einer Doppelpedalanlage und einem Doppelspiegel versehen war, eine etwa 10- bis 15-minütige Probefahrt. Diese diente der Einschätzung des fahrerischen Kenntnisstandes des jeweiligen Interessenten. Nach den Probefahrten wurde jeweils vom Angeklagten oder seiner Ehefrau die Einschätzung vom Kenntnisstand des Interessenten in den bereits unterzeichneten Ausbildungsvertrag eingetragen. Damit war eine Einschätzung des Angeklagten von den jeweils benötigten Fahrstunden verbunden, um den Interessenten ein konkretes Kostengerüst anbieten zu können. Sofern sich die hier in Frage stehenden Interessenten zu einem Intensivkurs entschlossen, begann dieser ca. vier bis sechs Wochen nach Durchführung der Probefahrten.
Die Probefahrten liefen so ab, dass je nach dem individuellen Kenntnisstand der Interessenten diese weitgehend selbstständig fahren oder auch nur lenken durften. Der Angeklagte gab die Fahrtrichtung vor, übernahm aber ansonsten keine Korrekturen bei auftretenden Fehlern und erteilte auch keine entsprechenden Hinweise. Es ging nur darum, sich einen Eindruck vom fahrerischen Können der Interessenten zu verschaffen, um die Geeignetheit für den angebotenen Intensivkurs und die Zahl der erforderlichen Fahrstunden abzuschätzen.
Von zwei weiteren Vorwürfen des Duldens des Fahrens ohne Fahrerlaubnis hat das Landgericht den Angeklagten ausweislich des insoweit allein maßgeblichen Hauptverhandlungsprotokolls (und ausweislich der Gründe des schriftlichen Urteils - in dessen Tenor fehlt der Teilfreispruch) aus tatsächlichen Gründen freigesprochen.
Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, die Revision des Angeklagten gemäß § 349 Abs. 2 StPO als offensichtlich unbegründet zu verwerfen.
III.
Das angefochtene Urteil hat - soweit der Angeklagte verurteilt worden ist - keinen Bestand. Das dargestellte Verhalten des Angeklagten erfüllt den Straftatbestand des § 21 Abs. 1 Nr. 2 StVG nicht. Der Angeklagte ist daher aus Rechtsgründen freizusprechen.
Der Angeklagte hat zwar dem Wortlaut nach die Voraussetzungen einer Strafbarkeit nach § 21 Abs. 1 Nr. 2 StVG erfüllt. Indes ist der Anwendungsbereich des § 21 Abs. 1 Nr. 2 StVG in Fällen wie dem vorliegenden aufgrund einer teleologischen Reduktion einzuschränken.
1.
a)
Der Angeklagte hat es als Halter zugelassen, dass die 14 Fahrschulinteressenten jeweils während der Probefahrt das Fahrschulfahrzeug führten, ohne die dazu erforder...