Leitsatz (amtlich)
Es besteht keine grundsätzliche Pflicht des Grundstückeigentümers, Dritte vor Dachlawinen durch spezielle Maßnahmen zu schützen.
Sicherungsmaßnahmen sind dann geboten, wenn besondere Umstände vorliegen.
Als solche kommen neben der allgemeinen Schneelage des Ortes die Beschaffenheit und Lage des Gebäudes, die allgemein üblichen Sicherheitsvorkehrungen, die konkreten Schneeverhältnisse sowie Art und Umfang des gefährdeten Verkehrs in Betracht.
Verfahrensgang
LG Bielefeld (Aktenzeichen 1 O 84/11) |
Tenor
Der Senat beabsichtigt, die Berufung des Klägers gem. § 522 Abs. 2 ZPO durch Beschluss zurückzuweisen, da sie nach einstimmiger Ansicht im Senat offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist, der Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung zukommt und eine Entscheidung des Berufungsgerichts auch nicht der Fortbildung des Rechts oder der Einheitlichkeit der Rechtsprechung dient.
Dem Kläger wird Gelegenheit zur Stellungnahme binnen 2 Wochen gegeben.
Gründe
I. Der Kläger verlangt von der Beklagten Schadensersatz wegen der Beschädigung seines Fahrzeugs durch vom Dach des Hauses der Beklagten abgehende Schneemassen.
Nach persönlicher Anhörung des Klägers hat das LG mit dem angefochtenen Urteil, auf das wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes bis zum Abschluss der ersten Instanz Bezug genommen wird, die Klage abgewiesen.
Dagegen richtet sich die Berufung des Klägers. Er macht unter Wiederholung und Vertiefung seines bisherigen Vorbringens weiterhin geltend, die Beklagte habe die ihr obliegende Verkehrssicherungspflicht verletzt, indem sie es unterlassen habe, an dem Hausdach ein Schneefanggitter anzubringen, durch ein Warnschild vor Dachlawinen zu warnen oder aber das Dach von Schnee zu befreien. Für den Kläger sei die Gefahr von Dachlawinen nicht erkennbar gewesen, da er sein Fahrzeug am Unfalltag noch im Dunklen, nämlich um 7:15 Uhr abgestellt habe. Der Kläger ist zudem der Ansicht, die Beklagte hafte aus § 836 BGB.
II. Nach einstimmiger Überzeugung des Senats hat die Berufung der Klägerin offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg.
Nach § 513 ZPO kann die Berufung nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Rechtsverletzung beruht oder nach § 529 ZPO zugrundezulegende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen. Solches zeigt die Berufungsbegründung nicht auf. Die Feststellungen und Ausführungen im erstinstanzlichen Urteil erscheinen vielmehr in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht überzeugend und richtig:
1) Eine Haftung der Beklagten aus § 836 BGB kommt nicht in Betracht, da Eis und Schnee auf einem Dach keine "Teile des Gebäudes" i.S.d. § 836 BGB sind (OLG Hamm, NJW-RR 1987, 412; Sprau in Palandt, BGB, 71. Aufl. 2012, § 836 Rz. 6 m.w.N.). Der Senat sieht keine Veranlassung, von dieser gefestigten und ganz herrschenden Auffassung in Rechtsprechung und Literatur abzuweichen.
2) Die Beklagte ist auch nicht nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 35 Abs. 8 LBauO NRW und ortspolizeilichen Vorschriften zu Schadensersatz verpflichtet. Es ist weder dargetan noch sonst ersichtlich, dass gegen die Beklagte eine bauordnungsrechtliche Auflage ergangen wäre, am Dach Vorrichtungen zum Schutz gegen das Herabfallen von Schnee und Eis anzubringen. Im Übrigen sehen die ordnungsbehördliche Verordnung sowie sonstige Ortssatzungen der Stadt C Sicherungsmaßnahmen gegen Dachlawinen unstreitig nicht vor.
3) Schließlich haftet die Beklagte nicht aus § 823 Abs. 1 BGB. Die Beklagte hat keine ihr obliegende Verkehrssicherungspflicht verletzt.
Eine Verkehrssicherungspflicht trifft grundsätzlich jeden, der Gefahrenquellen schafft, durch die Dritte geschädigt werden könnten. Der Umfang der Verkehrssicherungspflicht hängt jedoch einerseits von den Sicherheitserwartungen des jeweiligen Verkehrs ab und andererseits von der wirtschaftlichen Zumutbarkeit für denjenigen, der den Verkehr eröffnet. Angesichts dessen trifft den Hauseigentümer nach ganz herrschender Meinung (BGH, NJW 1955, 300; OLG Hamm, NJW-RR 1987, 412; 2003, 1463; zuletzt Beschl. v. 7.2.2012 - 7 U 87/11, zitiert nach juris; OLG KarlsruheNJW-RR 1986, 1404) grundsätzlich nicht die Pflicht, Dritte vor Dachlawinen durch spezielle Maßnahmen zu schützen. Sicherungsmaßnahmen zum Schutz Dritter sind vielmehr nur dann geboten, wenn besondere Umstände vorliegen. Als besondere Umstände gelten dabei die allgemeine Schneelage des Ortes, die Beschaffenheit und Lage des Gebäudes, die allgemein ortsüblichen Sicherheitsvorkehrungen, die konkreten Schneeverhältnisse sowie Art und Umfang des gefährdeten Verkehrs. Im Streitfall lassen sich solche besonderen Umstände nicht feststellen:
Die allgemeine Schneelage des Ortes, die Beschaffenheit des Gebäudes und die allgemein ortsüblichen Sicherheitsvorkehrungen verpflichteten die Beklagten nicht, Schutzvorkehrungen im Hinblick auf Dachlawinen zu ergreifen. Die Stadt C ist im Bundesvergleich als eher schneearmes Gebiet einzuschätzen, weshalb in durchschnittlichen Wintern nicht regelmäßi...