Leitsatz (amtlich)
Grobe Fahrlässigkeit für den Diebstahl des Fahrzeuges ist zu bejahen, wenn der Schlüssel in den ungesicherten, problemlos zu öffnenden Briefkasten der Werkstatt an der Außenwand des Gebäudes eingeworfen wird, auf dessen Funktion durch Schilder überdies hingewiesen wird.
Normenkette
VVG § 61
Verfahrensgang
LG Münster (Aktenzeichen 15 O 35/05) |
Tenor
Der Senat beabsichtigt, die Berufung gem. § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, da sie keine Aussicht auf Erfolg hat und die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung besitzt, noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Senates erfordern.
Gründe
I. Der Kläger verlangt von der Beklagten Entschädigung i.H.v. 7.850 EUR nebst Zinsen aus einer bei der Beklagten genommenen Teilkaskoversicherung wegen der Beschädigung eines bei der Beklagten versicherten Lkw (amtliches Kennzeichen ...).
Der Kläger ist Inhaber des Umzugsunternehmens "Move and More" in M und vermietet in dieser Eigenschaft Lkw an umzugswillige Kunden. Wenn die Kunden außerhalb der Geschäftszeiten die Fahrzeuge zurückbringen, sind sie gehalten, die Fahrzeugschlüssel und die Papiere in einen an der seitlichen Hauswand angebrachten Briefkasten einzuwerfen und das Fahrzeug direkt vor dem Geschäft abzustellen. Die Hauswand, an der der Briefkasten angebracht ist, wird durch einen Scheinwerfer, der über einen Bewegungsmelder geregelt wird, ausgeleuchtet. Auf dem Briefkasten befindet sich ein Aufkleber mit dem Text: "Nachteinwurf Bitte Tankquittungen, Schlüssel und Papiere einwerfen". Am Schaufenster des Ladenlokals befindet sich der Hinweis: "Schlüsselkasten um die Ecke". Wegen der weiteren Einzelheiten der Örtlichkeit und des Briefkastens wird auf die mit Schriftsatz der Beklagten vom 25.2.2005 überreichten Lichtbilder (Bl. 26 ff. d.A.) Bezug genommen.
Am 27.7.2004 brachte ein Kunde den oben genannten Lkw nach Geschäftschluss zum Laden des Klägers zurück. Mit dem Schlüssel verfuhr er in der oben beschriebenen Weise. Dabei wurde er von dem 19jährigen M beobachtet, der den Briefkasten aufbrach, die Schlüssel zu dem Lkw entnahm und mit dem Lkw unter Benutzung der Schlüssel wegfuhr. Dabei verursachte er diverse Verkehrsunfälle, die zu einem Totalschaden am Lkw führten. In Höhe von 7.850 EUR nimmt er die Beklagte in Anspruch.
Die Beklagte hat sich auf Leistungsfreiheit berufen. Der Kläger habe den Versicherungsfall grob fahrlässig herbeigeführt. Dies hat der Kläger in Abrede gestellt. Er hat ferner die Ansicht vertreten, dass der Agent der Beklagten darauf hätte hinweisen müssen, dass die Schlüsselrückgabepraxis, die dem Agenten bekannt gewesen sein müsste, zum Verlust des Versicherungsschutzes führen könnte.
Das LG hat mit dem angefochtenen Urteil, auf das zur näheren Sachdarstellung und Begründung Bezug genommen wird (Bl. 51 ff. d.A.), die Klage mit der Begründung abgewiesen, die Beklagte sei nach § 61 VVG leistungsfrei geworden, da der Kläger den Versicherungsfall grob fahrlässig herbeigeführt habe.
Gegen dieses Urteil wendet sich der Kläger mit seiner rechtzeitig eingelegten und begründeten Berufung, mit der er seinen Anspruch unter Bezugnahme auf sein erstinstanzliches Vorbringen weiterverfolgt. Er habe seine Sorgfaltspflichten bereits objektiv nicht in besonders schwerwiegendem Maße verletzt. Der Briefkasten sei gegen Aufbrechen durch einen Überwurf aus Metall besonders geschützt gewesen. Der Bereich des Briefkastens sei durch den Scheinwerfer gut ausgeleuchtet gewesen.
Er habe in subjektiver Hinsicht darauf vertrauen dürfen, dass die von ihm getroffenen Sicherheitsvorkehrungen ausreichend waren. Seit der Gründung des Geschäfts vor zwei Jahren sei es zu keinen Schwierigkeiten im Zusammenhang mit dem Briefkasten gekommen. Im Übrigen handele es bei der Schlüsselrückgabepraxis um eine bei Leihwagenunternehmen und anderen Kfz-Betrieben absolut übliche Praxis.
Die Beklagte habe ihre vorvertragliche Aufklärungspflicht verletzt. Die Beklagte oder ihr Agent hätten bei Abschluss des Versicherungsvertrages die örtlichen und tatsächlichen Gegebenheiten und die geübte Geschäftspraxis gekannt bzw. kennen können.
II. Die zulässige Berufung hat keine Aussicht auf Erfolg. Dem Kläger steht der geltend gemachte Zahlungsanspruch unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu. Das LG hat die Klage mit zutreffender Begründung abgewiesen. Die mit der Berufung hiergegen gerichteten Angriffe rechtfertigen keine andere Entscheidung. Die Beklagte ist nach § 61 VVG leistungsfrei geworden. Sie hat auch keine vorvertraglichen Pflichten verletzt.
1. Die Beklagte ist nach § 61 VVG leistungsfrei geworden; der Kläger hat den Versicherungsfall grob fahrlässig herbeigeführt.
a) Die Annahme der Herbeiführung des Versicherungsfalles i.S.d. § 61 VVG setzt zunächst voraus, dass der Versicherungsnehmer durch sein Verhalten den als vertragsgemäß vorausgesetzten Standard an Sicherheit ggü. der Diebstahlsgefahr deutlich unterschritten hat (BGH v. 12.10.1988 - IVa ZR 46/87, MDR 1989, 337 = Ver...