Leitsatz (amtlich)

Wird vor Ablauf eines befristeten Nießbrauchs eine Verlängerung des Rechts bewilligt und so kurzfristig bei dem Grundbuchamt beantragt, dass die Eintragung vor Fristablauf nicht mehr vorgenommen werden kann, kann die Bewilligung nicht in eine Neubestellung des Rechts umgedeutet werden.

 

Normenkette

BGB §§ 140, 877

 

Verfahrensgang

AG Brilon (Beschluss vom 06.03.2014; Aktenzeichen BR-4724-9)

 

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten zu 1) bis 3) tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens nach einem Gegenstandswert von 5.000 EUR.

 

Gründe

I. Die Beteiligte zu 1) hat in notarieller Urkunde vom 5.4.2008 (UR-Nr. xxx/2008 Notar Dr. M in Brilon) den Beteiligten zu 2) und 3), ihren Kindern, einen Nießbrauch als Gesamtberechtigte an den vorgenannten Grundstücken eingeräumt, und zwar mit der Maßgabe der Befristung durch einen Endtermin am 31.12.2013. Dieses Recht ist als befristeter Nießbrauch und im Übrigen unter Bezugnahme auf die Eintragungsbewilligung am 9.1.2009 in Abt. II Nr. 3 des Grundbuchs eingetragen worden.

In notarieller Urkunde vom 23.12.2013 (UR-Nr. 950/2013 Notar Dr. M in Brilon) haben die Beteiligten sodann unter Bezugnahme auf den am 31.12.2013 eintretenden Endtermin des Nießbrauchs dessen Verlängerung unter neuer Befristung bis zum 31.12.2008 vereinbart und die entsprechende Eintragung im Grundbuch bewilligt.

Der Antrag des Urkundsnotars auf Eintragung der Verlängerung der Befristung bei dem Recht Abt. II Nr. 3 ging am 30.12.2013 bei dem Grundbuchamt ein und konnte vor dem Jahreswechsel nicht mehr bearbeitet werden. Bedenken des Grundbuchamts gegen die Vollzugsfähigkeit des Antrags ist der Notar mit Schriftsatz vom 27.2.2014 unter Hinweis darauf entgegengetreten, dass der Eintragungsantrag noch vor dem Jahreswechsel bei dem Grundbuchamt eingegangen sei und der Eintritt der Rechtsänderung nicht von der Bearbeitungsgeschwindigkeit des Grundbuchamtes abhängen dürfe. Im Übrigen seien die Erklärungen der Beteiligten jedenfalls dahin auszulegen, dass für den Fall des Scheiterns der in erster Linie angestrebten Inhaltsänderung des Rechts jedenfalls auch eine Neueintragung des Nießbrauchs gewollt sei.

Das Grundbuchamt hat durch Beschluss vom 6.3.2014 den Eintragungsantrag zurückgewiesen. Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Beteiligten, die sie mit Schriftsatz des Urkundsnotars vom 21.3.2014 bei dem Grundbuchamt eingelegt haben.

II. Die Beschwerde ist nach § 71 Abs. 1 GBO statthaft sowie formgerecht eingelegt. Die Beschwerdebefugnis der Beteiligten folgt daraus, dass sie mit ihrem Rechtsmittel ihre erstinstanzlich gestellten Anträge weiterverfolgen. Diese sind bei verfahrensrechtlicher Bewertung in erster Linie auf Eintragung der Verlängerung der Befristung des Nießbrauchs, hilfsweise auf Neueintragung eines Nießbrauchs mit der neu bestimmten Befristung zu verstehen. Der Notar war gem. § 15 Abs. 2 GBO bevollmächtigt, auch den hilfsweise gestellten Antrag bei dem Grundbuchamt zu stellen, weil er diesen aus einer rechtlichen Bewertung der von ihm am 23.12.2013 beurkundeten Eintragungsbewilligung ableitet.

In der Sache bleibt das Rechtsmittel ohne Erfolg, weil das AG zu Recht ein nicht rückwirkend behebbares Eintragungshindernis angenommen hat, das zwingend zur Zurückweisung des Eintragungsantrags führt.

Die Eintragungsbewilligung der Bewilligung der Beteiligten zu 1) in der notariellen Urkunde vom 23.12.2013 ist auf eine Änderung des in Abt. II Nr. 3 des Grundbuchs eingetragenen Nießbrauchs gerichtet, nämlich auf eine Verlängerung der Befristung des Rechts bis zum 31.12.2018. Materiell-rechtlich handelt es sich um eine Inhaltsänderung des Rechts, die der Einigung der Beteiligten und der Eintragung im Grundbuch bedarf (§§ 877, 873 Abs. 1 BGB), die in der Veränderungsspalte zu erfolgen hat. Die Eintragung im Grundbuch ist danach auch hier konstitutive Wirksamkeitsvoraussetzung für den Eintritt der Rechtsänderung, so dass entgegen der in erster Instanz vorgetragenen Rechtsauffassung des Notars eine Vorwirkung auf den Zeitpunkt des Eingangs des Eintragungsantrags bei dem Grundbuchamt nicht stattfindet. Da das Nießbrauchsrecht Abt. II Nr. 3 jedoch infolge der vereinbarten und im Grundbuch eingetragenen Befristung am 31.12.2013 automatisch erloschen ist, kann es nicht nach diesem Zeitpunkt durch Eintragung einer Inhaltsänderung verlängert werden.

Ohne Erfolg bleibt auch der hilfsweise gestellte Antrag auf Neueintragung eines bis zum 31.12.2018 befristeten Nießbrauchs. Denn insoweit fehlt es an der nach § 19 GBO erforderlichen Eintragungsbewilligung der Beteiligten zu 1) als der von der Eintragung betroffenen Grundstückseigentümerin. Die Bewilligung der Beteiligten zu 1) in der notariellen Urkunde vom 23.12.2013 reicht als Eintragungsgrundlage nicht aus. Denn diese Bewilligung ist inhaltlich auf die Eintragung einer Inhaltsänderung des bestehenden Nießbrauchs (§ 877 BGB) gerichtet. Die Neubegründung eines Nießbrauchs (§ 873 Abs. 1 BGB), der in der Hauptspalte neu einzutragen w...

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