Entscheidungsstichwort (Thema)
Widerruf der Prozesskostenhilfe nach vorgetäuschtem Unfall
Leitsatz (amtlich)
1. Das Gericht kann die Bewilligung von Prozesskostenhilfe gem. § 124 Abs. 1 Nr. 1 ZPO aufheben, wenn die Partei durch unrichtige Darstellung des Streitverhältnisses die für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe maßgebenden Voraussetzungen vorgetäuscht hat.
2. Dass die Unwahrheit des Parteivortrags sich erst nach Durchführung der Beweisaufnahme ergibt, steht der Entziehung der Prozesskostenhilfe nicht entgegen.
Normenkette
ZPO § 124 Abs. 1 Nr. 1
Verfahrensgang
LG Münster (Beschluss vom 14.02.2012; Aktenzeichen 2 O 494/11) |
Tenor
Die mit Senatsbeschluss vom 7.2.2014 zugunsten des Klägers erfolgte Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Berufungsverfahren wird aufgehoben.
Die mit Beschluss des Einzelrichters der 2. Zivilkammer des LG Münster vom 14.2.2012 erfolgte Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Verfahren erster Instanz wird aufgehoben.
Gründe
Die mit Beschluss des LG vom 14.2.2012 und mit Beschluss des Senats vom 7.2.2014 erfolgte Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Verfahren erster und zweiter Instanz war gem. § 124 Abs. 1 Nr. 1 ZPO aufzuheben.
Das Gericht kann die Bewilligung von Prozesskostenhilfe gem. § 124 Abs. 1 Nr. 1 ZPO aufheben, wenn die Partei durch unrichtige Darstellung des Streitverhältnisses die für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe maßgebenden Voraussetzungen vorgetäuscht hat. Als Gericht der Hauptsache kann der Senat auch über die Aufhebung der Bewilligung der in erster Instanz gewährten Prozesskostenhilfe entscheiden.
Die Voraussetzungen nach § 124 Abs. 1 Nr. 1 ZPO sind vorliegend erfüllt.
Der Kläger hat im Rahmen der Begründung seiner Klage objektiv falsch vorgetragen.
Der Kläger hat durchgängig behauptet, dass er durch ein unfreiwilliges Unfallereignis die in dem Privatgutachten C vom 27.11.2011 dokumentierten Sachschäden und weitere materielle Schäden erlitten hat, für die er im vorliegenden Verfahren von den Beklagten Schadensersatz verlangt hat. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme in dem Berufungsverfahren steht zur Überzeugung des Senats jedoch fest, dass der Kläger den streitgegenständlichen Auffahrunfall provoziert, mithin in die Beschädigung seines Fahrzeuges eingewilligt hat. Ihm stehen daher mangels Rechtswidrigkeit der Beschädigung im Ergebnis keinerlei Schadensersatzansprüche gegen die Beklagten zu.
Dass sich der Senat von der Unwahrheit des klägerischen Sachvortrags erst nach Durchführung der Beweisaufnahme mit der erforderlichen Gewissheit hat überzeugen können, steht der Entziehung der Prozesskostenhilfe nicht entgegen. Zwar wird man nicht stets die Voraussetzungen für die Aufhebung der Bewilligung der Prozesskostenhilfe als gegeben ansehen können, wenn die im Rahmen des Rechtsstreits durchgeführte Beweisaufnahme zu Ungunsten des Antragstellers verlaufen ist. Ergibt sich aber aus der Beweisaufnahme - gegebenenfalls mit unstreitigen Indizien, die für sich betrachtet, dem erkennenden Gericht noch nicht die erforderliche Gewissheit von der Unwahrheit des Sachvortrags des Antragstellers vermittelt haben -, dass der Antragsteller falsch vorgetragen hat, und ohne diesen falschen Vortrag Prozesskostenhilfe nicht gewährt worden wäre, kann die Bewilligung von Prozesskostenhilfe nachträglich aufgehoben werden (vgl. OLG des Landes Sachsen-Anhalt,-+ Beschl. v. 25.2.2003 - 4 W 75/02 -, juris; OLG Düsseldorf FamRZ 1997, 1088).
Dass, und warum die Sachverhaltsschilderung des Klägers in einem entscheidenden Punkt, nämlich der Unfreiwilligkeit des Schadensereignisses, objektiv unzutreffend gewesen ist, ergibt sich aus den Ausführungen in den Entscheidungsgründen des rechtskräftigen Senatsurteil vom 26.8.2014, auf die inhaltlich verwiesen wird. Aufgrund der vom Senat rechtskräftig getroffenen tatsächlichen Feststellungen steht daher fest, dass der Kläger das Unfallereignis provoziert hat und darüber hinaus das durch den Auffahrunfall entstandene Schadensbild vertieft hat.
Soweit der Kläger nunmehr erstmals im Verfahren auf Aufhebung der Prozesskostenhilfe Angriffe gegenüber dem Gutachten des Sachverständigen Prof. T erhebt und neue Tatsachen unter Benennung eines Zeugen vorträgt, kann der Kläger damit nach rechtskräftigem Abschluss des Hauptverfahrens nicht mehr gehört werden. Denn maßgebend sind die getroffenen Feststellungen, wie sie sich aus dem Hauptsacheverfahren ergeben. Ob eine abweichende Bewertung dann geboten ist, wenn die Partei ihr bis dahin nicht bekannte neue Tatsachen vorträgt, bedarf keiner abschließenden Entscheidung. Denn der Kläger beruft sich hier auf - im Berufungsrechtszug - neue Tatsachen und Angriffsmittel, die er bereits im Hauptsacheverfahren hätte vortragen können, dies aber unterlassen hat.
Schließlich ist das neue Vorbringen auch nicht geeignet, die tatsächlichen Feststellungen des Senats zu erschüttern.
Soweit der Kläger das Gutachten des Sachverständigen Prof. T mit der Behauptung angreift, die Ergebnisse der eigens durchgeführten Chrashtests ...