Entscheidungsstichwort (Thema)
Alleinsorgeübertragung aus Kontinuitätsgründen
Normenkette
BGB § 1671
Verfahrensgang
AG Bochum (Beschluss vom 22.03.2011; Aktenzeichen 59 F 45/10) |
Tenor
Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den am 22.3.2011 verkündeten Beschluss des AG - Familiengericht - Bochum wird zurückgewiesen.
Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben; im Übrigen werden die Kosten des Beschwerdeverfahrens dem Antragsgegner auferlegt.
Es verbleibt bei der Festsetzung des Verfahrenswertes für das Beschwerdeverfahren gemäß Senatsbeschluss vom 22.8.2011.
Gründe
I. Die am...1981 geborene Kindesmutter und der am...1976 geborene Kindesvater streiten um das Sorgerecht betreffend die gemeinsamen Kinder X, geb. am...1999, X2, geb. am...2002, und X3, geb. am...2004, das erstinstanzlich der Kindesmutter allein übertragen wurde.
Die Kindesmutter stammt aus dem Iran und hat inzwischen die deutsche Staatsangehörigkeit. Der Kindesvater ist libanesischer Staatsangehöriger. Die Kinder sind deutsche Staatsangehörige. Die Kindeseltern lebten in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft. Ein Ehegelöbnis der Kindeseltern nach islamischem Recht im Jahr 1999 in einer Moschee in Münster wird - wegen Verstoßes gegen § 1310 BGB - in der Bundesrepublik Deutschland nicht anerkannt. Die Kindeseltern haben am 11.7.2004 vor dem Jugendamt C für alle drei Kinder Urkunden über die Sorgeerklärung gem. § 1626a Abs. 1 Nr. 1 BGB errichtet (Beurk.-Reg.-Nr. 0411/2007 bis 0413/2007).
Die Trennung der Kindeseltern erfolgte nach Darstellung der Kindesmutter im Sommer 2008 und nach Darstellung des Kindesvaters im Juli 2009. Seit der Trennung leben die Kinder bei der Kindesmutter, wobei der weitere dortige Aufenthalt der Kinder zwischen den Kindeseltern nicht streitig ist.
Die Kindesmutter kam im Alter von sieben Jahren nach Deutschland und hat die Schule mit dem Hauptschulabschluss verlassen und später in der Abendschule den Realschulabschluss - ohne Qualifikation - nachgemacht. Eine Ausbildung zur Kosmetikerin brach sie wegen der Folgen eines in 2010 erlittenen Autounfalls ab.
Der Kindesvater besuchte im Libanon die Schule bis zur 11. Klasse und kam erstmals 1998 - während des Besuchs der 12. Klasse - nach Deutschland. Er handelte - nach eigenen Angaben im Rahmen der Begutachtung - mit Drogen, wurde deswegen gesucht und flüchtete - zusammen mit der Kindesmutter und X - 2001 zurück in den Libanon, wobei streitig ist, ob die Kindesmutter freiwillig im Libanon blieb. Vor der Geburt von X2 kehrten die Kindeseltern nach Deutschland zurück. Der Kindesvater wurde wegen Verstoßes gegen das BtmG nach eigenen Angaben zu einer Freiheitsstrafe von 2 Jahren und 6 Monaten verurteilt, von denen er einen Teil im offenen Vollzug verbüsste.
Der Kindesvater besuchte noch während des erstinstanzlichen Verfahrens einen Integrationskurs und beabsichtigte, eine "Security-Schule" zu besuchen.
X hat ein Herzproblem, welches alle zwei Jahre kontrolliert werden muss, sowie Probleme in der Sprachentwicklung und bei der Konzentration. Sie besuchte den heilpädagogischen Kindergarten und die Sprachschule. Zum Schuljahr 2011/2012 wechselte sie zur Hauptschule. X2 und X3 besuchen die Grundschule in der 3. bzw. 1. Klasse.
Zwischen den Kindeseltern war ein Umgangsverfahren anhängig (59 F 253/09 AG Bochum).
Die Kindesmutter lehnte ein gemeinsames Gespräch mit dem Kindesvater im Jugendamt wegen dessen Aggressivität ab. Der Kindesvater wurde gegenüber der zuständigen Mitarbeiterin des Jugendamtes verbal aggressiv und bekam "annähernd einen Wutausbruch". Gegenüber dem Jugendamt und auch dem Verfahrensbeistand berichteten X und X2 von gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen den Eltern und Drohungen des Kindesvaters, er wolle "alle nach und nach abschlachten". Die Kinder lehnten Kontakte zum Vater zunächst ab.
Im Termin am 22.3.2011 einigten sich die Kindeseltern im Umgangsverfahren auf zunächst mindestens sechs vollständig begleitete Umgangskontakte des Kindesvaters mit den Kindern einmal monatlich für ein bis zwei Stunden in den Räumlichkeiten des Kinderschutzbundes C. Die Kindeseltern waren sich ferner darüber einig, dass - sofern die Umgänge positiv verliefen - dann die Möglichkeit zur Lockerung der Umgänge bestehe.
Die Kindesmutter hat erstinstanzlich die Übertragung der alleinigen elterlichen Sorge auf sich beantragt und zur Begründung auf jahrelange Misshandlung und Bedrohung durch den Kindesvater abgestellt. Sie wolle keinerlei Kontakt mehr zum Kindesvater. Eine tragfähige soziale Basis bestehe schon seit Jahren nicht mehr. Psychoterror und Körperverletzungen seitens des Kindesvaters hätten die Beziehung der Eltern geprägt. Am 11.7.2009 habe der Kindesvater sie in Anwesenheit der Kinder beleidigt, geschlagen und gewürgt. Am 3.8.2009 habe er ihr vor einer Arztpraxis aufgelauert, ihr mit der Faust auf die Brust geschlagen, sie beschimpft und mit dem Tode bedroht, wenn sie es wage, die Polizei einzuschalten. Am 23.8.2009 habe er mehrere Stunden vor dem Haus ihrer Mutter...