Entscheidungsstichwort (Thema)
Kein erhöhter Verzug im vereinfachten Anpassungsverfahren
Normenkette
ZPO § 648 Abs. 1 S. 3, § 655
Verfahrensgang
AG Essen (Aktenzeichen 105 FH 165/01) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des AG – FamG – Essen vom 8.11.2001 teilweise abgeändert.
Die Urkunde des Jugendamtes Essen vom 21.8.2000 – Beurkundungs-Nr. : … – wird gem. Art. 4 § 2 des Gesetzes zur Ächtung der Gewalt in der Erziehung und zur Änderung des Kindesunterhaltsrechtes i.V.m. § 655 ZPO wie folgt abgeändert:
Ab dem 1.9.2001 beträgt der von dem Antragsgegner zu zahlende Unterhalt 114 % des Regelbetrages der dritten Altersstufe. Von dem jeweiligen Unterhaltsbetrag ist das hälftige Kindergeld für ein 1./2. gemeinsames Kind abzuziehen, soweit hierdurch nicht 135 % des Regelbetrages abzgl. hälftiges Kindergeld für ein 1./2. gemeinsames Kind unterschritten werden. Der weitergehende Antrag wird abgewiesen.
Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens einschließlich der Beschwerdeinstanz hat die Antragstellerin zu tragen.
Der Beschwerdewert beträgt 450 EUR.
Gründe
Das FamG hat die Unterhaltsverpflichtung des Antragsgegners ggü. der Antragstellerin aus der im Rubrum näher bezeichneten Urkunde des Jugendamtes E. gem. Art. 4 § 2 des Gesetzes zur Ächtung der Gewalt in der Erziehung und zur Änderung des Kindesunterhaltsrechtes i.V.m. § 655 ZPO an die nach § 1612b Abs. 5 BGB seit dem 1.1.2001 geltende Kindergeldanrechnung in Fällen, in denen der titulierte Unterhalt das Existenzminimum des Kindes unterschreitet, mit Wirkung ab dem 1.1.2001 angepasst. Der Antragsgegner wendet sich nicht gegen die Anpassung als solche, lediglich gegen den Zeitpunkt, ab dem diese erfolgt ist. Er macht hierzu geltend, dass er von dem Anpassungsbegehren der Antragstellerin erstmals mit Zustellung des Antrags im vorliegenden Verfahren Kenntnis erhalten habe. Die Zustellung des Antrags ist am 11.9.2001 erfolgt. Der Antragsgegner hat daraufhin mit Schreiben vom 4.10.2001 den Anspruch für die Zeit ab dem 1.10.2001 anerkannt und zugleich geltend gemacht, dass er vorher weder zur Zahlung aufgefordert noch über die neue Rechtslage informiert worden sei. Die Antragstellerin hat hierzu vorgetragen, dass der Antragsgegner mit Schreiben vom 20.11.2000 auf die geänderte Kindergeldanrechnung hingewiesen worden sei. Das FamG hat in der angefochtenen Entscheidung den Einwand des Antragsgegners, er habe dieses Schreiben nicht erhalten, mit der Erwägung zurückgewiesen, dass ein eventueller Verlust dieses Schreibens auf dem Postweg nicht zu Lasten der Antragstellerin zu berücksichtigen sei. Es hat ihm außerdem die Kosten des Verfahrens auferlegt.
Mit seiner Beschwerde wendet sich der Antragsgegner gegen die Abänderung des Unterhaltstitels aufgrund der Anpassung an die geänderte Kindergeldanrechnung gem. § 1612b Abs. 5 BGB für die Zeit vom 1.1. bis zum 30.9.2001. Außerdem wendet er sich gegen die Auferlegung der Kosten, da er durch sein Verhalten keine Veranlassung zur Einleitung des Abänderungsverfahrens nach § 655 ZPO gegeben habe.
Das gem. § 655 Abs. 5 ZPO zulässige Rechtsmittel ist begründet. Insbesondere macht der Antragsgegner mit seiner Beschwerde Einwendungen geltend, die nach dieser Vorschrift berücksichtigt werden können. Da das Abänderungsbegehren der Antragstellerin für die Zeit vor Rechtshängigkeit ihres Antrages, d.h. vom 1.1. bis zum 31.8.2001 auf die Zahlung bisher nicht titulierten rückständigen Unterhalts gerichtet ist, kann ihrem Antrag insoweit nur unter den Voraussetzungen des § 1613 BGB entsprochen werden. In Betracht kommt hier allein ein Verzug des Antragsgegners. Hierzu hat die darlegungs- und beweispflichtige Antragstellerin zwar vorgetragen, dass das Benachrichtigungsschreiben vom 20.11.2000 am gleichen Tage abgeschickt worden sei. Dies reicht jedoch angesichts des Bestreitens des Antragsgegners nicht aus. Die Argumentation des FamG, ein eventueller Verlust des Schreibens auf dem Postweg könne nicht zu Lasten des Antragstellerin gehen, verkennt die Rechtslage. Die Mahnung wird in entsprechender Anwendung des § 130 BGB erst mit ihrem Zugang an den Empfänger wirksam. Das Risiko des Verlustes trägt hierbei allein der Erklärende. Die Sonderregelung des § 648 Abs. 1 S. 3 ZPO, nach welcher bei der Schaffung eines Unterhaltstitels im vereinfachten Verfahren über den Einwand des Nichtzuganges des Mahnschreibens bzw. der Aufforderung zur Auskunftserteilung unter geringeren verfahrensrechtlichen Anforderungen als in sonstigen Verfahren entschieden werden kann, d.h. eine Zurückweisung des Einwandes auch ohne eine ansonsten notwendige Beweisaufnahme möglich ist (vgl. hierzu die Gesetzesbegründung zu § 648 Abs. 1 S. 3 ZPO in BT-Drucks. 13/7338 S. 58), findet hier keine Anwendung. Dies folgt daraus, dass in § 655 Abs. 6 ZPO ausdrücklich auf die entsprechende Anwendung bestimmter Vorschriften des vereinfachten Verfahrens nach § 645 ff. ZPO verwiesen wird, während § 648 Abs. 1 S. 3 ZPO nicht genannt wird. Dies...