Leitsatz (amtlich)
1. Nehmen die Beteiligten zunächst nur isoliert eine notarielle Beratung in Anspruch, so wird die dadurch gem. § 147 Abs. 2 KostO angefallene Gebühr nicht dadurch berührt, dass sie anschließend einen Auftrag zur Beurkundung des Rechtsgeschäfts erteilen, den sie später wieder zurücknehmen.
2. Erteilt der Notar einen Rat über die Errichtung eines Testaments, bestimmt sich entsprechend § 46 Abs. 4 KostO der Geschäftswert nach dem Wert des Vermögens nach Abzug der Verbindlichkeiten.
3. Der Geschäftswert für die notarielle Beratung im Zusammenhang mit einer umfassenden Vorsorgevollmacht ist nach einem Bruchteil des Gesamtvermögens ohne Abzug von Verbindlichkeiten zu berechnen. Die Höhe des Bruchteils richtet sich nach dem Interesse des Auftraggebers und dem Umfang, der Verantwortung und der Schwierigkeit der notariellen Tätigkeit.
Normenkette
KostO § 46 Abs. 4, § 130 Abs. 2, § 147 Abs. 2-3
Verfahrensgang
LG Münster (Beschluss vom 14.03.2008; Aktenzeichen 5 T 534/07, 5 T 575/07) |
Tenor
Der angefochtene Beschluss wird mit Ausnahme der Wertfestsetzung aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung auch über die Anordnung der Erstattung außergerichtlicher Kosten für das Rechtsbeschwerdeverfahren an das LG zurückverwiesen.
Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 894,88 EUR festgesetzt.
Gründe
I. In der Vergangenheit beauftragte die Familie der Beteiligten zu 2) und 3) den Beteiligten zu 1) zu diversen notariellen Tätigkeiten.
Am 5.4.2007 ließen sich die Beteiligten zu 2) und 3) bezüglich der Errichtung eines Testaments sowie einer Vorsorgevollmacht von dem Beteiligten zu 1) beraten. Gegenstand des erbrechtlichen Teils der Beratung waren verschiedene Einzelfragen, wie die Einsetzung eines Testamentsvollstreckers, eine Teilungsanordnung und die Bestellung eines Pflegers für den minderjährigen Sohn.
Am Ende des Gesprächs baten die Beteiligten zu 1) um die Übersendung eines Entwurfs für ein gemeinschaftliches Testament.
Inwieweit inhaltlich über die Vorsorgevollmacht gesprochen wurde, ist unter den Beteiligten im Streit. Nach Darstellung des Beteiligten zu 1) erläuterte er die Bestandteile einer umfassenden Vorsorgevollmacht sowie die möglicherweise bei einer notariellen Beukundung entstehenden Kosten. Demgegenüber behaupten die Beteiligten zu 2) und 3), eine eigentliche Beratung habe gar nicht stattgefunden. Vielmehr habe der Beteiligte zu 1) lediglich angekündigt, die im Computer abgespeicherte Vorsorgevollmacht auszudrucken und zur Durchsicht an sie zu übersenden. Diesen Ausdruck hätten sie durch Streichung überflüssiger Passagen bearbeiten und zur Vorbereitung der Beurkundung zurücksenden sollen.
Am 10.4.2007 teilte der Beteiligte zu 2) dem Beteiligten zu 1) telefonisch mit, dass die Beurkundung des Testaments und der Vorsorgevollmacht vorerst nicht erfolgen solle. Die bisherige Tätigkeit könne als Beratung abgerechnet werden.
Mit Datum vom 11.4.2007 erstellte der Beteiligte zu 1) zwei inhaltlich übereinstimmende Kostenrechnungen für die Beratung hinsichtlich des Testaments und der Vorsorgevollmacht, die die Beteiligten zu 2) und 3) als gesamtschuldnerische Kostenschuldner ausweisen:
"Geschäftswert gem. § 18 Abs. 1 KostO 480.800 EUR
Beratungsgebühr gem. § 147 KostO 396 EUR
19 % Umsatzsteuer gem. § 151a KostO 75,24 EUR
Endsumme: 471,24 EUR"
Dem ausgewiesenen Geschäftswert lag das erfragte Vermögen ohne Abzug bestehender Belastungen zugrunde.
In der Folgezeit weigerten sich die Beteiligten zu 2) und 3), den Rechnungsbetrag auszugleichen. Hierzu machten sie geltend, dass die Tätigkeit als anwaltliche Beratung nach dem RVG abzurechnen sei. Auch auf der Grundlage der KostO seien die Abrechnungen nicht ordnungsgemäß. Der Geschäftswert sei zu hoch festgesetzt worden, weil der Beteilgte zu 1) bestehende Verbindlichkeiten nicht berücksichtigt habe.
Infolge der erfolgten Beanstandungen hat der Beteiligte zu 1) mit Schreiben vom 31.5.2007 die Entscheidung des LG beantragt.
Der Präsident des LG Münster hat in seiner Stellungnahme vom 2.1.2008 im landgerichtlichen Verfahren darauf hingewiesen, dass die Abrechnungen schon den formalen Anforderungen nicht genügten, da nicht angegeben sei, welcher der mehreren Gebührentatbestände des § 147 KostO angewandt worden sei. Daraufhin hat der Beteiligte zu 1) mit Datum vom 22.2.2008 zwei neue Kostenrechnungen erstellt. Diese stimmen mit den zuvor erstellten überein mit der Änderung, dass nunmehr die §§ 32, 147 Abs. 2 KostO als Gebührentatbestand genannt sind.
Mit Beschluss vom 14.3.2008 hat das LG die Kostenrechnungen dahin abgeändert, dass der Beteiligte zu 1) jeweils nur 23,80 EUR geltend machen könne. Die Gebühren des Beteiligten zu 1) bestimmten sich nach der Rücknahme des Beurkundungsauftrages ausschließlich nach §§ 147 Abs. 3, 130 Abs. 2 KostO, so dass maximal 20 EUR zzgl. Umsatzsteuer angefallen seien.
Gegen diese Entscheidung hat sich der Beteiligte zu 1) mit der vom LG zugelassenen weiteren Beschwerde vom 9.4.2008 gewandt.
II. Die weitere Besch...