Entscheidungsstichwort (Thema)
Ausnahmsweise Anfechtung der Aufhebung der Verfahrenspflegschaft; Sorgerecht trotz mangelnder Erziehungsfähigkeit
Leitsatz (redaktionell)
Dient die Aufhebung der Verfahrenspflegschaft vor allem der Verhinderung eines Rechtsmittels in der Hauptsache, so kann der Verfahrenspfleger ausnahmsweise seine Entlassung mit der Beschwerde anfechten.
Normenkette
FGG § 50; BGB §§ 1666, 1666a, 1671
Gründe
... Die Beschwerde des Verfahrenspflegers ist zulässig und teilweise begründet.
1. Das Rechtsmittel ist zulässig.
a) Allerdings stellen Entscheidungen über die Bestellung, die Auswahl und Entlassung eines Verfahrenspflegers nach inzwischen ganz überwiegender Ansicht sog. verfahrensleitende Zwischenverfugungen dar (vgl. etwa KG, FamRZ 2004, 1592, 1593; Bumiller/Winkler, FGG, § 19 Rz. 6, m.w.N.; Keidel/Engelhardt, FGG, § 50 Rz. 48, jeweils m.w.N.), die grundsätzlich jederzeit abänderbar und nicht selbständig anfechtbar sind. Sie können mit der Beschwerde nur ausnahmsweise angefochten werden, wenn sie in so einschneidender Weise in Rechte des Betroffenen eingreifen, dass ihre selbständige Anfechtbarkeit unbedingt geboten ist {BGH, FamRZ 2003, 1275 = NJW-RR 2003, 1369, 1370, m.w.N.).
b) Ein solcher Ausnahmefall liegt hier vor. Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Bestellung eines Verfahrenspflegers gem. § 50 FGG liegen weiterhin vor. Da ein sachlicher Grund für die Aufhebung der Verfahrenspflegschaft nicht erkennbar ist, dient diese Maßnahme offenbar vor allem der Verhinderung eines Rechtsmittels gegen die in der Hauptsache getroffene Entscheidung. Nach Auffassung des Senats werden die Rechte der Kinder in einem solchen Fall durch die Entlassung des Verfahrenspflegers ungeachtet der Ausführungen zu 2. erheblich beeinträchtigt.
Ein sachlicher Grund für die Aufhebung der Verfahrenspflegschaft kann insb. nicht darin gesehen werden, dass das erstinstanzliche Verfahren durch den angefochtenen Beschluss insgesamt beendet worden ist, denn der Verfahrenspfleger kann selbst Rechtsmittel einlegen und ist im Übrigen auch in einem von anderen Verfahrensbeteiligten eingeleiteten Rechtsmittelverfahren zu beteiligen.
Auch das im angefochtenen Beschluss zum Ausdruck gekommene Bestreben des AmtsG, bei der Aufhebung der Verfahrenspflegschaft dem gemeinsamen Wunsch der Eltern Rechnung zu tragen, rechtfertigt die Entscheidung nicht; gerade das auch in der Sorgerechts- und Umgangsfrage erzielte Einvernehmen der Eltern konnte die Beibehaltung der Verfahrenspflegschaft zur Wahrnehmung der kindlichen Interessen erfordern.
Schließlich vermag auch die - den übrigen Verfahrensbeteiligten möglicherweise übertrieben engagiert erscheinende - Amtsführung des Verfahrenspflegers seine Entlassung nicht zu rechtfertigen. Der Verfahrenspfleger ist einseitig nur den Interessen und dem zu ermittelnden Willen des Kindes verpflichtet; müsste er im Falle einer engagierten Ausübung seines Amtes mit seiner Entlassung rechnen, könnte er sich an der gebotenen unabhängigen Wahrnehmung seiner Aufgaben gehindert sehen.
2. Das Rechtsmittel ist allerdings nur teilweise begründet.
a) Die Beschwerde hat aus den oben dargelegten Gründen Erfolg, soweit sie sich gegen die Aufhebung der Verfahrenspflegschaft sowie die Entlassung des Bet. zu 5 richtet.
b) In Bezug auf die Hauptsacheentscheidung ist die Beschwerde dagegen unbegründet, denn das AG hat zu Recht eine Entziehung der elterliche Sorge abgelehnt und das Verfahren beendet.
aa) Die in §§ 1666, 1666a BGB normierten Voraussetzungen für eine (ggf. auch teilweise) Entziehung der elterl. Sorge sowie eine Herausnahme der Kinder aus dem Haushalt der Mutter liegen nicht vor. Zwar bestehen nach den bisherigen Feststellungen Einschränkungen in der Erziehungsfähigkeit der Mutter, die sich insb. in einer bisher wohl unzureichenden schulischen und sprachlichen Förderung sowie in der von der Mutter übernommenen durchgehend ablehnenden Haltung der Kinder gegenüber Umgangskontakten mit ihrem Vater manifestiert haben; eine daraus resultierende Gefährdung des Kindeswohls liegt daher zumindest nahe.
Allerdings hat die Sachverständige im Termin v. 5.12.2006 ausgeführt, dass die Einschränkungen in der Erziehungsfähigkeit nicht so massiv seien, dass sie eine Herausnahme der Kinder begründen könnten, dieser Auffassung hat sich das AG angeschlossen, was letztlich nicht zu beanstanden ist. Denn aus dem im Rahmen von §§ 1666, 1666a BGB stets zu beachtenden Grundsatz der Verhältnismäßigkeit folgt, dass die anzuordnende Maßnahme geeignet sein muss, um die Situation des Kindes zu verbessern (vgl. etwa Palandt/Diederichsen, BGB, 66. Aufl., § 1666 Rz. 52, m.w.N.). Eine echte Alternative zum Aufenthalt der Kinder bei ihrer Mutter steht indessen nicht zur Verfügung, für die jetzt 15 Jahre alten Jungen, die seit ihrer Geburt bei der Mutter leben und dort bleiben wollen, könnte eine ggf. zwangsweise durchzuführende Wegnahme von der Mutter zu einer schwerwiegenden Traumatisierung fuhren; die damit einhergehende Beeinträchtigung des Kindes...