Leitsatz

In dem Verfahren ging es um die Herausnahme von zwei 15-jährigen Jungen aus dem Haushalt ihrer allein erziehenden Mutter. Hintergrund dessen waren Zweifel an ihrer Erziehungsfähigkeit in Bezug auf die schulische und sprachliche Förderung der Kinder sowie ihre ablehnende Haltung gegenüber Umgangskontakten mit dem Vater. Der Mutter wurde durch einstweilige Anordnung die elterliche Sorge für den Teilbereich Regelung des Umgangs mit dem Vater entzogen. Gleichzeitig bestellte das AG eine Umgangspflegerin. Nachdem deren Versuch, Kontakte zwischen Kindern und Vater anzubahnen, scheiterte, ließ der Vater seine Forderung nach Umgang fallen. Die Eltern einigten sich, dass die Kinder im Haushalt der Mutter bleiben sollten. Nach Einholung eines Sachverständigengutachtens wurde der vom AG bestellte Verfahrenspfleger der Kinder vom Gericht entlassen und das Verfahren durch Beschluss insgesamt beendet.

Der Verfahrenspfleger wehrte sich mit der Beschwerde gegen seine Entlassung.

Das Rechtsmittel hatte Erfolg.

 

Sachverhalt

siehe Kurzzusammenfassung

 

Entscheidung

Das OLG wies zunächst darauf hin, dass Entscheidungen über die Bestellung, die Auswahl und Entlassung eines Verfahrenspflegers nach inzwischen ganz überwiegender Ansicht sog. verfahrensleitende Zwischenverfügungen darstellten, die grundsätzlich jederzeit abänderbar und nicht selbständig anfechtbar seien. Mit der Beschwerde könnten sie ausnahmsweise nur dann angefochten werden, wenn sie in so einschneidender Weise in Rechte des Betroffenen eingriffen, dass ihre selbständige Anfechtbarkeit unbedingt geboten sei (BGH, FamRZ 2003, 1275 = NJW-RR 2003, 1369, 1370, m.w.N.).

Nach Auffassung des OLG lag ein solcher Ausnahmefall vor. Die Voraussetzungen für die Bestellung eines Verfahrenspflegers seien weiterhin gegeben. Ein sachlicher Grund für die Aufhebung der Verfahrenspflegschaft sei nicht erkennbar. Daher diene diese Maßnahme offensichtlich der Verhinderung eines Rechtsmittels gegen die in der Hauptsache getroffene Entscheidung. Dass das Verfahren durch den angefochtenen Beschluss insgesamt beendet worden sei, rechtfertige die Entlassung nicht, weil der Verfahrenspfleger selbst Rechtsmittel einlegen könne. Das Bestreben des AG, bei der Aufhebung der Verfahrenspflegschaft dem gemeinsamen Wunsch der Eltern Rechnung zu tragen, trage die Entlassung ebenfalls nicht. Vielmehr könne gerade das erzielte Einvernehmen der Eltern die Beibehaltung der Verfahrenspflegschaft zur Wahrnehmung der kindlichen Interessen erforderlich machen. Auch die den übrigen Verfahrensbeteiligten möglicherweise übertrieben engagiert erscheinende Amtsführung des Verfahrenspflegers rechtfertige seine Entlassung nicht. Er sei einseitig nur den Interessen und dem zu ermittelnden Willen des Kindes verpflichtet. Müsste er im Fall einer engagierten Ausübung seines Amtes mit seiner Entlassung rechnen, könne er sich an der gebotenen unabhängigen Wahrnehmung seiner Aufgaben gehindert sehen.

 

Hinweis

Mit der in Aussicht genommenen Reform des familiengerichtlichen Verfahrens soll die Anfechtbarkeit der Verfahrenspflegerbestellung ausdrücklich geregelt werden. Danach wird auch gesetzlich normiert sein, dass die Bestellung eines Verfahrensbeistands oder deren Aufhebung sowie die Ablehnung einer derartigen Maßnahme nicht selbständig anfechtbar sind. Der Begründung zufolge ist ein umfassender Ausschluss der Anfechtbarkeit gewollt.

 

Link zur Entscheidung

OLG Hamm, Beschluss vom 16.07.2007, 4 UF 9/07

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