Leitsatz (amtlich)
Ist der mit der sofortigen Beschwerde angefochtene Beschluss vom Einzelrichter gefasst worden, der Nichtabhilfebeschluss indes vom Kollegialspruchkörpern, so ist beim Beschwerdegericht gem. § 568 ZPO der Einzelrichter zur Entscheidung berufen.
Normenkette
ZPO §§ 568, 572, 485 Abs. 2
Verfahrensgang
LG Siegen (Beschluss vom 31.05.2010; Aktenzeichen 8 OH 3/09) |
Tenor
Der Beschluss der 8. Zivilkammer des LG Siegen vom 31.5.2010 wird aufgehoben.
Gründe
I. Mit Beschluss vom 12.3.2009 hat das LG die Beweiserhebung gem. § 385 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 ZPO bezüglich von den Antragstellern behaupteter, durch Bauarbeiten der Antragsgegnerin zur Errichtung des E Marktes in T2 hervorgerufene Schäden am Gebäude der Antragsteller angeordnet. Ziff I. 4. des Beweisbeschlusses lautet:
"Sind diese unter 1. aufgeführten und festgestellten Schäden durch die Erd- und Bodenarbeiten der Antragsgegnerin bei und zur Errichtung des E -Marktes, gelegen in T2, T-Straße/Ecke H-Straße im Frühjahr 2008 verursacht worden?"
Nachdem von Seite des beauftragten Sachverständigen die nähere Bezeichnung der eingesetzten Baumaschinen abgefragt worden war, teilte die Antragsgegnerin mit, dass dort allein eine Raupe Caterpillar D4 und ein Walzenzug Ammann AC90 eingesetzt worden seien. Die Antragsgegner behaupten, es sei auch ein Minibagger mit Boschhammer zum Aufreißen der Straße sowie mit Baggerlöffel und eine Rüttelmaschine zum Einsatz gebracht worden.
Mit dem angefochtenen Beschluss hat das LG den Beweisbeschluss zu Ziff. I. 4. daraufhin aufgehoben, da von der Beantwortung dieser Frage nicht erwarten sei, dass dies der Vermeidung eines Hauptsacheprozesses dienen werde, da die zugrunde liegenden Anknüpfungstatsachen streitig seien.
Der hiergegen eingelegten sofortigen Beschwerde der Antragsteller hat das LG nicht abgeholfen und die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.
II.1. Die sofortige Beschwerde ist statthaft (§§ 490 Abs. 2; 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO, vgl. Zöller/Herget § 487 Rz. 4) und zulässig. Sie wurde frist- und formgerecht (§ 569 ZPO) eingelegt.
Zur Entscheidung ist der Einzelrichter des Senats berufen (§ 568 Abs. 1 ZPO). Die angefochtene Entscheidung hat der Einzelrichter erlassen. Dass der Nichtabhilfebeschluss durch die Zivilkammer in der Besetzung mit drei Richtern gefasst wurde, begründet nicht die Zuständigkeit des Senats in der Besetzung mit drei Richtern (OLG München Beschl. v. 31.1.2007 - 19 W 729/07 - juris; OLG Frankfurt Beschl. v. 29.10.2003 - 1 W 70/03 - juris; OLG Düsseldorf Beschl. v. 25.9.2002 - 24 W 29/02 - juris; Zöller/Heßler § 568 Rz. 2). Das ergibt sich schon aus dem Wortlaut des § 568 ZPO, der auf die "angefochtene Entscheidung" und nicht auf die Nichtabhilfeentscheidung abstellt (OLG München, a.a.O.). Das Beschwerderecht der Zivilprozessordnung setzt beide Entscheidungen auch nicht etwa gleich, sondern differenziert, wie der Vergleich zwischen § 568 ZPO und § 572 ZPO, wo die Abhilfe- bzw. Nichtabhilfeentscheidung geregelt ist, zeigt. Die abweichende Auffassung des OLG Saarbrücken (Beschl. v. 18.1.2007 - 4 W 10/07 - juris), die u.a. damit begründet wird, dass der Gegenstand der angefochtenen Entscheidung nicht mehr allein der Beschluss in seiner ursprünglichen Fassung, sondern in der Gestalt, wie er sich dem Beschwerdegericht nach der Nichtabhilfe durch das Kollegialorgan darstellt, sei, vermag angesichts dieser ausdrücklichen gesetzlichen Differenzierung zwischen angefochtenem Beschluss und Nichtabhilfeentscheidung nicht zu überzeugen. Die bloße Nichtabhilfeentscheidung (welche hier auch nur unter Bezugnahme auf die Gründe des angefochtenen Beschlusses begründet wurde), schafft keine neue selbständige Beschwer der Verfahrensbeteiligten, sondern ist bloße Verfahrensvoraussetzung dafür, dass das Beschwerdegericht sich mit der Erstentscheidung, durch welche sich ein Verfahrensbeteiligter beschwert sieht, befasst (OLG Düsseldorf, a.a.O.; OLG Frankfurt, a.a.O.).
2. Das Rechtsmittel ist auch begründet. Das LG hat den Beweisbeschluss zu Unrecht teilweise (Punkt I. 4.) aufgehoben. Trotz des Umstandes, dass (teilweise) streitig ist, welche Baumaschinen eingesetzt wurden, besteht ein rechtliches Interesse der Antragsteller an der begehrten Feststellung (§ 485 Abs. 2 ZPO). Auch bei einer Beantwortung der Beweisfrage I. 4. auf der Grundlage des gegenwärtigen Sach- und Streitstandes kann die Feststellung der Vermeidung eines Rechtsstreits dienen. Unstreitig wurden jedenfalls die o.g. Raupe und der o.g. Walzenzug eingesetzt. Käme der Sachverständige zu dem Ergebnis, dass allein durch deren Einsatz Erschütterungen o. Ä. ausgelöst wurden, welche die Schäden am Gebäude der Antragsteller verursacht hätten, so könnte aufgrund dessen zweifelsohne ein Rechtsstreit vermieden werden. Dann wäre die Verursachung geklärt und die Antragsgegnerin und ihr Versicherer hätten Anlass die Sache außergerichtlich zu regeln.
Rein ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass auch die Möglichkeit besteht, die Frage durch den Sachverständigen alternativ bean...