Leitsatz (amtlich)
1. Im Verfahren über die Einbenennung nach § 1618 Abs. 4 BGB sind grundsätzlich beide Elternteile und auch das Kind persönlich anzuhören.
2) Es stellt einen Verfahrensfehler dar, wenn der Antrag auf Einbenennung ohne persönliche Anhörung mit dem Hinweis zurückgewiesen wird, die Antragsteller hätten nicht dargetan, dass die Einbenennung i.S.d. § 1618 BGB „erforderlich” sei.
Normenkette
BGB § 1618 Abs. 4
Verfahrensgang
AG Hamm (Beschluss vom 16.09.2002; Aktenzeichen 32 F 249/02) |
Tenor
Auf die Beschwerden der Antragsteller vom 9.10.2002 und 10.10.2002 wird der Beschluss des Rechtspflegers des AG Hamm vom 16.9.2002 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Entscheidung – auch über den Prozesskostenhilfeantrag der Antragsteller – an das AG zurückverwiesen.
Gründe
I. Die Antragstellerin zu 1) und der Antragsgegner sind durch Urteil des AG Hamm vom 26.1.1999 (32 F 187/97) geschiedene Eheleute. Aus ihrer Ehe sind die im Haushalt der Antragstellerin zu 1) lebenden Söhne P., geboren am 8.7.1993, und J., geboren am 30.11.1995, hervorgegangen. Die alleinige elterliche Sorge für die Söhne ist im Rahmen des Scheidungsverbundverfahrens der Antragstellerin zu 1) übertragen worden. Diese ist seit dem 21.9.2001 mit dem Antragsteller zu 2) verheiratet und hat im Zuge der Wiederverheiratung den Familiennamen des Antragstellers zu 2) angenommen.
Die Antragsteller beabsichtigen, auch den Kindern ihren Ehenamen zu erteilen. Sie verweisen zur Begründung darauf, dass beide sich fest in die neue Familie integriert fühlten und auch den Wunsch geäußert hätten, denselben Namen wie der Antragsteller zu 2) zu tragen. Diesen betrachteten beide Kinder als ihren wahren Vater und Erzieher. Zum Antragsgegner, der sich schon vor der Scheidung nicht mehr um die Kinder gekümmert habe, bestehe dagegen bereits seit längerer Zeit keine Kontakt mehr. Hinzu kommen, dass der Sohn P. wegen psychischer Auffälligkeiten, die auf das Verhalten des Antragsgegners zurückzuführen seien, bis November 2001 für ca. 2 Jahre in einer pädagogischen Einrichtung habe untergebracht werden müssen, inzwischen aber wieder im gemeinsamen Haushalt lebe, wo sich sein Zustand deutlich gebessert habe. Die Einbenennung sei für die Kinder von entscheidender Bedeutung, um sich vollständig als einheitliche Familie fühlen zu können.
Nachdem der Antragsgegner auf verschiedene vorgerichtliche Aufforderungen, seine Zustimmungen zur Einbenennung der Söhne zu erteilen, nicht reagiert hatte, haben die Antragsteller beantragt, die Einwilligung des Antragsgegners zu der beabsichtigten Einbenennung der Kinder zu ersetzen und ihnen – den Antragstellern – für das Einbenennungsverfahren Prozesskostenhilfe zu bewilligen.
Der Rechtspfleger des AG hat dem Antragsgegner Gelegenheit zur Stellungnahme zum Einbenennungsantrag der Antragsteller gegeben und sodann sowohl ihren Einbenennungs- als auch den Prozesskostenhilfeantrag durch den angefochtenen Beschluss ohne vorherige persönliche Anhörung der Beteiligten mit dem Hinweis zurückgewiesen, die Antragsteller hätten nicht dargetan, dass die Einbenennung i.S.d. § 1618 BGB „erforderlich” sei.
Hiergegen richten sich die Beschwerden der Antragsteller, denen der Rechtspfleger des AG nicht abgeholfen hat.
II. Die Beschwerden der Antragsteller gegen den Beschluss des Rechtspflegers des AG vom 16.9.2002 sind zulässig und haben auch in der Sache – vorläufig – Erfolg.
1. Soweit die Antragsteller sich mit ihrer Beschwerde vom 10.10.2002 gegen die Zurückweisung ihres Antrags auf Ersetzung der Zustimmung des Antragsgegners zur Einbenennung der Kinder nach § 1618 BGB wenden, handelt es sich bei ihrem Rechtsmittel um eine befristete Beschwerde nach §§ 11 Abs. 1, 3 Nr. 2a, 14 RPflG i.V.m. §§ 621 Abs. 1 Nr. 1, 621e Abs. 1 und 3 ZPO, die als solche sowohl zulässig als auch begründet ist.
a) Gegenstand des Verfahrens ist in der Hauptsache eine Familiensache, da das Recht der Eltern zur Bestimmung des Kindesnamens Ausfluss der elterlichen Sorge und damit auch die hier in Rede stehende Ersetzung der Zustimmung eines nicht sorgeberechtigten Elternteils zur Namensänderung seines Kindes ein die elterliche Sorge betreffendes Verfahren i.S.v. §§ 23b Abs. 1 S. 2 Nr. 2 GVG; 621 Abs. 1 Nr. 1 ZPO ist (BGH FamRZ 1999, 1648; OLG Stuttgart v. 26.3.1999 – 18 UF 39/99, OLGReport Stuttgart 1999, 297 [298]; OLG Bamberg v. 29.9.1999 – 2 UF 182/99, OLGReport Bamberg 2000, 51 = MDR 2000, 524; Zöller/Philippi, ZPO, 23. Aufl., § 621 Rz. 27). Aus diesem Grunde sind nach § 64 Abs. 3 S. 1 FGG die Vorschriften der §§ 621–621f ZPO anzuwenden. Gegen Endentscheidungen in Familiensachen gem. § 621 Abs. 1 Nr. 1 ZPO ist nach § 621e Abs. 1 ZPO die befristete Beschwerde statthaft. Die Ersetzung der Zustimmung des nichtsorgeberechtigten Elternteils wie auch deren Ablehnung ist eine solche Endentscheidung.
b) Das Verfahren erster Instanz leidet an einem gravierenden Verfahrensfehler, der zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und Zurückverweisung führt. Das AG hat bei seiner Entscheidung die ...