Leitsatz (amtlich)

Eine Beweisvereitelung ist nicht anzunehmen, wenn es der beweisbelasteten Partei möglich gewesen wäre, den Beweis - etwa im Wege eines selbstständigen Beweisverfahrens - zu sichern (Anschluss an BGH, U. v. 11.06.2015 - I ZR 226/13 -, Rn. 44, juris).

 

Normenkette

BGB § 823; ZPO §§ 427, 441 Abs. 3 S. 3, §§ 444, 446, 453 Abs. 2, § 454 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Münster (Aktenzeichen 02 O 374/14)

 

Tenor

Der Senat weist darauf hin, dass beabsichtigt ist, die Berufung nach § 522 Abs. 2 ZPO durch Beschluss zurückzuweisen.

Es besteht Gelegenheit, innerhalb von drei Wochen ab Zustellung Stellung zu nehmen.

 

Gründe

Die zulässige Berufung hat nach der einstimmigen Überzeugung des Senates offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg.

Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die Gründe des angefochtenen Urteils verwiesen, von denen abzuweichen das Berufungsvorbringen keinen Anlass gibt. Die Berufungsbegründung veranlasst lediglich zu den nachstehenden Ausführungen.

Die Klägerin selbst hat ihre Ansprüche nicht damit begründet, sie sei aufgrund eines Fahrfehlers des Beklagten zu 1) mitgerissen und zu Fall gekommen. Allein ausgewirkt habe sich, dass der Beklagte zu 1) mit nicht verkehrstüchtigen Inlinern gefahren sei, und ihm dies bei einer gehörigen Kontrolle hätte auffallen müssen.

Dass, und aufgrund welcher Tatsachen, die von dem Beklagten zu 1) benutzten Inliner nicht verkehrstüchtig gewesen seien, und dass dem Beklagten zu 1) als Laien dieser verkehrsuntüchtige Zustand bei einer Überprüfung hätte auffallen müssen, ist von der Klägerin darzulegen und zu beweisen. Die Klagebegründung kann die Klägerin mangels konkreter Tatsachenkenntnis nur auf die von ihr geäußerte Vermutung stützen, die Bremsklötze der von dem Beklagten zu 1) benutzten Inliner seien wegen Überalterung porös gewesen, so dass sie der mit der Bremsprobe einhergehenden Belastung nicht standgehalten und gebrochen seien. Den Beweis dieser Tatsachenbehauptung kann die Klägerin - mangels zur Verfügung stehender Zeugen - durch ein insoweit allein zur Beweisführung geeignetes Sachverständigengutachten nicht erbringen, weil der Beklagte zu 1) die Inliner ca. 5 bis 6 Wochen nach dem Unfall entsorgt hat und sie daher für eine Begutachtung nicht mehr zur Verfügung stehen.

Die der Klägerin obliegende Beweisführung ist weder nach einem ihr günstigeren Maßstab zu beurteilen, noch greift gar eine vollständige Beweislastumkehr ein mit der Folge, dass es dem Beklagten zu 1) obliegt, den verkehrstauglichen Zustand der Inliner oder die Nichterkennbarkeit eines den Betrieb ausschließenden Mangels zu beweisen.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs liegt in Anwendung des Rechtsgedankens aus §§ 427, 441 Abs. 3 Satz 3, 444, 446, 453 Abs. 2, 454 Abs. 1 ZPO und § 242 BGB eine Beweisvereitelung vor, wenn eine Partei ihrem beweispflichtigen Gegner die Beweisführung schuldhaft erschwert oder unmöglich macht. Dies kann vorprozessual oder während des Prozesses durch gezielte oder fahrlässige Handlungen geschehen, mit denen bereits vorhandene Beweismittel vernichtet oder vorenthalten werden. Das Verschulden muss sich dabei sowohl auf die Zerstörung oder Entziehung des Beweisobjekts als auch auf die Beseitigung seiner Beweisfunktion beziehen, also darauf, die Beweislage des Gegners in einem gegenwärtigen oder künftigen Prozess nachteilig zu beeinflussen. Als Folge der Beweisvereitelung kommen in solchen Fällen Beweiserleichterungen in Betracht, die unter Umständen bis zur Umkehr der Beweislast gehen können (vgl. BGH U. v. 23.11.2005, - VIII ZR 43/05 -, OLG Hamm, U. v. 26.01.2015, - 2 U 86/14 -, juris).

Das Vorliegen dieser Voraussetzungen, die zur Annahme einer Beweisvereitelung berechtigten, hat das LG mit sorgfältiger Begründung verneint. Es fehlt in jedem Fall daran, dass sich nicht feststellen lässt, dass der Beklagte zu 1) die Inliner zumindest fahrlässig in Verkennung ihrer Eigenschaft als der Klägerin günstiges Beweismittel im Sinne eines Augenscheinsobjekts ca. 5 bis 6 Wochen nach dem Unfall entsorgt hat.

Für die Beurteilung dieser Frage kommt es nicht darauf an, zu welchem Zeitpunkt der Beklagte zu 1) von der Klägerin selbst bzw. deren Ehemann darauf angesprochen worden ist, dass dieser seinen Haftpflichtversicherer informieren solle, ob dies also, wie die Klägerin behauptet, noch in derselben Woche durch deren Ehemann anlässlich eines Handballspiels erfolgt ist, oder ob, wie es der Beklagte zu 1) vorträgt, die Klägerin den Beklagten zu 1) erst Ende September/Anfang Oktober telefonisch nach Empfehlung ihres Versicherers um Einschaltung des Haftpflichtversicherers gebeten hat. Ob zu diesem letztgenannten Zeitpunkt der Beklagte zu 1) die Inliner bereits in den Müll gegeben hatte, lässt sich dem Akteninhalt nicht entnehmen. In diesem Zusammenhang ergibt sich jedenfalls aus den Akten, dass der hinter dem Beklagten zu 1) stehende Haftpflichtversicherer mit Schreiben v. 04.10.2013 bereits Ansprüche der Klägerin zurückgewiesen hat.

Von einer Beweisvereitelung kann ...

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