Entscheidungsstichwort (Thema)
Notwendige Urteilsfeststellungen, Rotlichtverstoß außerorts
Leitsatz (amtlich)
In entsprechender Anwendung der Grundsätze bei innerörtlichen Rotlichtverstößen bedarf es, wenn außerorts eine Beschränkung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit auf 60 oder 70 km/h sowie Gelblichtphasen von 4 Sekunden bzw. im zuletzt genannten Fall von 5 Sekunden feststehen, keiner weiteren Feststellungen dazu, in welcher Entfernung sich der Betroffene mit seinem Fahrzeug zu der Lichtzeichenanlage befunden hat, als diese von Gelb- auf Rotlicht umschaltete, sowie dazu, mit welcher tatsächlichen Geschwindigkeit der Betroffene gefahren ist, allerdings unter der Voraussetzung, dass das die zulässige Höchstgeschwindigkeit begrenzenden Verkehrszeichen in einer solchen Entfernung zu der Lichtzeichenanlage aufgestellt ist, dass - wovon in der Regel auszugehen sein wird - die betroffenen Fahrzeugführer tatsächlich ihre Fahrzeuge bei Einhaltung der zulässigen Geschwindigkeit noch gefahrlos vor Erreichen der Lichtzeichenanlage abbremsen können, ihnen also die volle Zeitdauer von 4 bzw. 5 Sekunden zur Verfügung steht.
Normenkette
OWiG § 46; StPO § 267
Verfahrensgang
AG Unna (Aktenzeichen 172 OWi - 924 Js 578/16 - 319/16) |
Tenor
Die Sache wird gemäß § 80 Abs. 3 S. 1 OWiG dem 1. Senat für Bußgeldsachen in der Besetzung mit drei Richtern übertragen.
(Entscheidung der zuständigen Einzelrichterin gemäß § 80a Abs. 1 OWiG.)
Die Rechtsbeschwerde wird als unbegründet verworfen.
Die Kosten der Rechtsbeschwerde trägt der Betroffene (§§ 473 Abs. 1 StPO, 46 Abs. 1 OWiG).
Gründe
Der Betroffene ist durch Urteil des Amtsgerichts Unna vom 21.04.2017 wegen fahrlässiger Nichtbefolgung eines Rotlichtzeichens, wodurch es zu einem Unfall kam, zu einer Geldbuße von 240 € verurteilt worden. Außerdem wurde gegen ihn ein einmonatiges Fahrverbot unter Gewährung von Vollstreckungsaufschub gemäß § 25
Abs. 2a StVG verhängt.
Nach den Urteilsfeststellungen befuhr der Betroffene am 19.10.2015 mit seinem Pkw der Marke Mercedes Benz, amtliches Kennzeichen ####, die linke Geradeausspur der Bundesstraße 1 (B1) in Unna im Bereich der Abfahrt der Bundesauto-
bahn 1 (BAB 1) in westlicher Fahrtrichtung. Die zulässige Höchstgeschwindigkeit ist für diese Fahrtrichtung auf 70 km/h begrenzt. Der Betroffene näherte sich der außerhalb geschlossener Ortschaften gelegenen und durch Lichtzeichenanlagen geregelten Kreuzung mit der Florianstraße und der Abfahrt der BAB 1, auf deren beiden
Linkabbiegerspuren die Zeugen F (rechte Linksabbiegespur) und der Zeuge U (linke Linksabbiegespur), die nach links auf die B1 einbiegen wollten, jeweils als erste Fahrzeuge vor der für sie maßgebenden Rotlicht anzeigenden Lichtzeichenanlage standen. Als die Lichtzeichenanlage auf Grünlicht wechselte, fuhren die beiden Zeugen in den zu diesen Zeitpunkt freien Kreuzungsbereich ein. Als sie ihre Fahrzeuge beschleunigt hatten, - der Zeuge U deutlich langsamer als der Zeuge F - passierte der Betroffene die für seine Fahrtrichtung Rotlicht anzeigende Lichtzeichenanlage und fuhr in den Kreuzungsbereich ein. Im Bereich der linken Geradeausspur der B1 kam es darauf zu einer Kollision zwischen dem PKW des Betroffenen und dem Fahrzeug des Zeugen F, das einen Totalschaden erlitt.
Die Gelbphase für die für den Betroffenen maßgebliche Lichtzeichenanlage beträgt nach dem Ampelphasenplan für die Kreuzung 5 Sekunden.
Das Amtsgericht hat weiterhin festgestellt, dass der Betroffene bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt den Rotlichtverstoß und insbesondere die Kollision mit dem Fahrzeug des Zeugen F hätte verhindern können und müssen.
Das Amtsgericht hat den Rotlichtverstoß des Betroffenen aufgrund der Aussagen der Zeugen U und F sowie unter Heranziehung des Ampelphasenplans, aus dem sich ergebe, dass die für den Betroffenen maßgebliche Lichtzeichenanlage und die für die beiden Zeugen maßgebliche Lichtzeichenanlage zu keinem Zeitpunkt gleichzeitig Grünlicht anzeigten, als bewiesen angesehen. Es ist zudem aufgrund einer entsprechenden Angabe in der polizeilichen Anzeige davon ausgegangen, dass die Lichtzeichenanlage zum Zeitpunkt des hier in Rede stehenden Vorfalls ordnungsgemäß in Betrieb war und hat außerdem ausgeführt, dass heutige Ampelanlagen bei Abweichungen von den vorgesehenen Programmablauf regelmäßig über eine Notabschaltung verfügten, die zu einem Erlöschen der Signalanlagen führe. Ein solches Erlöschen sei aber weder von dem Betroffenen noch von den Zeugen und auch nicht von dem Polizeibeamten in ihrer Anzeige erwähnt worden.
Gegen das vorgenannte Urteil richtet sich die Rechtsbeschwerde des Betroffenen, mit der eine Verletzung materiellen Rechts gerügt wird.
II.
Die zuständige Einzelrichterin hat die Sache gemäß § 80a Abs. 3 OWiG zur Fortbildung des Rechts hinsichtlich der Frage, welche Anforderungen an die Urteilsfeststellungen zu stellen sind, wenn dem Betroffenen vorgeworfen wird, einen Rotlichtverstoß außerhalb geschlossener Ortschaften auf einer Strecke mit einer Beschränkung der zul...