Leitsatz (amtlich)
Für die Begründung der örtlichen Zuständigkeit für eine Ehesache nach § 122 Nr. 1 FamFG kommt es auf den gewöhnlichen Aufenthalt des Ehegatten, nicht der gemeinsam mit ihm zusammen lebenden gemeinschaftlichen Kindern an.
Normenkette
FamFG § 122 Nr. 1
Verfahrensgang
AG Warstein (Aktenzeichen 3a F 244/11) |
Tenor
Der Senat lehnt eine Entscheidung ab.
Gründe
I. Der Antragsteller begehrt die Scheidung der am 25.8.2000 zwischen den Beteiligten geschlossenen Ehe.
Die Eheleute haben sich am 1.10.2011 voneinander getrennt. An diesem Tag ist die Ehefrau mit den drei gemeinsamen Kindern D (geb. am 1.4.2002), S (geb. am 24.6.2003) und G (geb. am 9.9.2007) aus der gemeinsamen Ehewohnung in X ausgezogen und - nach einem vorübergehenden Aufenthalt bei ihren Eltern in C - in eine eigene Mietwohnung nach C verzogen, wo die beiden älteren Kinder inzwischen die Grundschule besuchen.
Nach Erteilung eines rechtlichen Hinweises auf die vom AG angenommene örtliche Unzuständigkeit an die Beteiligten hat das Familiengericht in Warstein das Verfahren durch Verfügung vom 14.10.2011 formlos an das von ihm für zuständig gehaltene AG - Familiengericht - Brilon mit der Bitte um Übernahme übersandt. Das AG - Familiengericht - Brilon hat die Übernahme durch förmlichen, den Beteiligten bekannt gegebenen Beschluss vom 19.10.2011 abgelehnt und die Akten dem AG Warstein zurückgesandt. Mit den Beteiligten nicht bekannt gegebener Verfügung hat das AG - Familiengericht - Warstein die Akten dem Senat vorgelegt mit der Bitte um Zuständigkeitsbestimmung.
In vergleichbarer Weise ist von den beteiligten AG mit einem vom Ehemann am 10.10.2011 anhängig gemachten Verfahren auf Übertragung der alleinigen elterlichen Sorge betreffend die gemeinsamen Kinder (3a F 243/11 AG Warstein) und mit seinem Antrag auf Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts für die Kinder im Wege der einstweiligen Anordnung im Verfahren 3a F 242/11 vor dem AG Warstein verfahren worden, die bereits Gegenstand von Entscheidungen des Senats über die gerichtliche Zuständigkeit in den Verfahren 2 SAF 19/11 und 2 SAF 20/11 waren.
II.1) Die Voraussetzungen nach § 5 I FamFG, unter denen der Senat in einem Streit zwischen zwei Familiengerichten zur Entscheidung über die örtliche Zuständigkeit berufen ist, liegen nicht vor.
In Betracht kommt nur eine Zuständigkeitsbestimmung nach § 5 I Zi. 4 FamFG. Danach hat der Senat das zuständige Gericht zu bestimmen, wenn sich verschiedene Gerichte, von denen eines für das Verfahren zuständig ist, rechtskräftig für unzuständig erklärt haben. Eine bloße Übersendung der Akten an ein anderes Gericht reicht nicht aus (vgl. Keidel-Sternal, FamFG, 17. Aufl., § 5 Rz. 25 m.w.N.).
Diesen Anforderungen wird die Verfügung des AG - Familiengericht - Warstein vom 14.10.2011 nicht gerecht, denn sie enthält lediglich die Anordnung der Übersendung der Akten an das AG Brilon und den Hinweis an die Beteiligten auf die zuvor bereits mitgeteilte Annahme der örtlichen Unzuständigkeit des AG Warstein. Eine - über die bloße Stellungnahme zur Frage der örtlichen Zuständigkeit hinausgehende - rechtskräftige Erklärung der Unzuständigkeit kann daraus nicht zweifelsfrei entnommen werden.
Auch die Verfügung, mit der das AG Warstein die Akten zur Entscheidung über die örtliche Zuständigkeit an den Senat versandt hat, stellt keine rechtskräftige Unzuständigkeitserklärung dar, denn sie ist den Beteiligten nicht bekannt gemacht worden (vgl. OLG Hamm FamRZ 2008, 2040 f.).
2) Für das weitere Verfahren weist der Senat darauf hin, dass die örtliche Zuständigkeit des AG - Familiengericht - Brilon gegeben sein dürfte.
Gemäß den §§ 121 Nr. 1, 122 Nr. 1 FamFG ist für die Durchführung des Scheidungsverfahrens in erster Linie dasjenige Gericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk einer der Ehegatten mit den gemeinschaftlichen minderjährigen Kindern seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Erst, wenn die Voraussetzungen für eine örtliche Zuständigkeit nach dieser Vorschrift oder nach der Regelung in § 122 Nr. 2 FamFG nicht festgestellt werden können, ist gem. § 122 Nr. 3 FamFG dasjenige Gericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk die Ehegatten ihren letzten gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt gehabt haben, wenn einer von ihnen bei Eintritt der Rechtshängigkeit im Bezirk dieses Gerichts noch seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat.
Vorliegend scheinen die Voraussetzungen des § 121 Nr. 1 FamFG erfüllt.
Die Ehefrau hat durch ihren Auszug mit den drei gemeinsamen Kindern aus der Ehewohnung und durch ihren Umzug nach C am 1.10.2011 ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Bezirk des AG Brilon begründet. Gewöhnlicher Aufenthalt ist der Ort des tatsächlichen Lebensmittelpunktes einer Person, d.h. der Ort, der faktisch (nicht rechtlich) Schwerpunkt seiner sozialen und wirtschaftlichen Beziehungen darstellt und auf Dauer angelegt ist (vgl. Keidel-Sternal, FamFG, a.a.O., § 3 Rz. 8 m.w.N.; Zöller/Philippi, ZPO, 28. Aufl., § 122 FamFG, Rz. 3 f. m.w.N.). Die Voraussetzungen für die Begründung eines gewöhnlichen Aufentha...