Leitsatz (amtlich)
Zur Zulässigkeit der sofortigen Beschwerde des Nebenklägers gegen die unterlassene Kosten- und Auslagenentscheidung des Berufungsurteils (Abweichung von 2 Strafsenat des OLG Hamm NStZ-RR 2001, 288, NStZ-RR 1999, 54)
Verfahrensgang
Tenor
Die Kosten- und Auslagenentscheidung des Urteils der 3 a. kleinen Strafkammer - Jugendkammer - des Landgerichts Bielefeld vom 10. 08. 1999 wird dahin ergänzt, dass der Angeklagte die notwendigen Auslagen des Nebenklägers trägt.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der dem Nebenkläger erwachsenen notwendigen Auslagen trägt der Verurteilte.
Gründe
I.
Das Amtsgericht - Jugendrichter - Rahden hatte den Angeklagten am 09. 02. 1999 wegen Körperverletzung zu einer Geldstrafe von 50 Tagessätzen zu je 60, - DM verurteilt.
Gegen dieses Urteil hatte der Angeklagte Berufung eingelegt. Zum auf den 10. 08. 1999 anberaumten Termin zur Berufungshauptverhandlung waren auch der Nebenkläger sowie sein anwaltlicher Vertreter geladen worden. Vor dem Termin hatte der Angeklagte mit Telefax seines Verteidigers vom 05. 08. 1999 die Berufung auf das Strafmaß beschränkt. Mit Urteil vom 10. 08. 1999 hat die Berufungskammer sodann die Berufung des Angeklagten auf seine Kosten mit der Maßgabe verworfen, dass die Tagessatzhöhe auf 40, - DM festgesetzt wird. Eine Entscheidung über die notwendigen Auslagen des Nebenklägers im Berufungsrechtszug ist erkennbar versehentlich unterblieben. Mit Antrag vom 28. 11. 2000 hat der anwaltliche Vertreter des Nebenklägers die Festsetzung u. a. der notwendigen Auslagen für das Berufungsverfahren gem. § 85 Abs. 3 BRAGO gegen den Angeklagten beantragt. Mit Verfügung des Rechtspflegers vom 29. 06. 2001 ist der Vertreter des Nebenklägers sodann darüber unterrichtet worden, dass eine Festsetzung der notwendigen Auslagen des Berufungsverfahrens gegen den Angeklagten mangels eines entsprechenden Kostenausspruchs im Berufungsurteil nicht möglich sei. Letzterer hat daraufhin mit Schriftsatz vom 18. 07. 2001 "Entscheidung über die Kosten des Nebenklägers in der II. Instanz" begehrt. Die Akten sind daraufhin der Berufungskammer erneut vorgelegt worden, die sie wiederum mit dem Vermerk, dass der Kostenfestsetzungsantrag des Nebenklägervertreters vom 28. 11. 2000 als - mangels Zustellung des Berufungsurteils rechtzeitige - sofortige Beschwerde gegen die unvollständige Kosten- und Auslagenentscheidung in dem Urteil des Landgerichts vom 10. 08. 1999 auszulegen sei, dem Senat vorgelegt hat.
II.
1. Der Senat legt mit dem Landgericht den Kostenfestsetzungsantrag vom 28. 11. 2000, jedenfalls aber das Schreiben des Nebenklägervertreters vom 18. 07. 2001 als sofortige Beschwerde gegen die Kosten- und Auslagenentscheidung des Berufungsurteils vom 10. 08. 1999 (§ 464 Abs. 3 StPO) aus. Der Nebenkläger begehrt die nachträgliche Abänderung der aus seiner Sicht unvollständigen Kosten- und Auslagenentscheidung des vorgenannten Berufungsurteils. Hierfür steht ihm als Weg nur die sofortige Beschwerde nach § 464 Abs. 3 StPO zur Verfügung. Insbesondere scheidet hier - anders als bei einer unvollständigen Kostenentscheidung im Beschlussverfahren - die Anwendung des § 33 a StPO aus, da die angegriffene Kostenentscheidung in einem rechtskräftigen Berufungsurteil getroffen wurde. Die Anwendbarkeit des § 33 a StPO ist aber auf das Beschlussverfahren beschränkt (BGH NStZ 1992, 27; Stuttgart MDR 1990, 271; Kleinknecht/Meyer-Goßner, StPO, 45. Aufl. , § 33 a Rdnr. 1 m. w. N. ).
2. Die sofortige Beschwerde ist auch rechtzeitig eingelegt worden. Der Nebenkläger war nämlich weder in der Hauptverhandlung vor der Berufungskammer anwesend noch ist ihm das Berufungsurteil förmlich zugestellt worden, ebensowenig erfolgte eine förmliche Zustellung an seinen anwaltlichen Vertreter. Die Beschwerdefrist aus §§ 464 Abs. 3 S. 1, 311 Abs. 2 StPO war daher vor Einlegung der sofortigen Beschwerde mit dem Kostenfestsetzungsantrag vom 28. 11. 2000 bzw. mit dem Schreiben des Vertreters des Nebenklägers vom 18. 07. 2001 noch nicht in Lauf gesetzt worden.
3. Die Zulässigkeit der sofortigen Beschwerde scheitert hier auch nicht an der Vorschrift des § 464 Abs. 3 S. 1, 2. Halbsatz StPO. Nach dieser Bestimmung ist die sofortige Beschwerde gegen eine Entscheidung über die Kosten und notwendigen Auslagen unzulässig, wenn eine Anfechtung der in Absatz 1 des § 464 StPO genannten Hauptentscheidung durch den Beschwerdeführer nicht statthaft ist. Diese Bestimmung wird in der Rechtsprechung (OLG Frankfurt, NStZ-RR 1996, 128 m. w. N. ) sowie in der Kommentarliteratur (vgl. nur KK-Franke, StPO, 4. Aufl. , § 464 Rdnr. 8) teilweise dahin ausgelegt, dass in den Fällen, in denen infolge wirksamer Berufungsbeschränkung auf den Rechtsfolgenausspruch der Schuldspruch rechtskräftig geworden ist, der Nebenkläger wegen der Rechtsmittelbeschränkung des § 400 Abs. 1 StPO nicht mehr die Möglichkeit haben soll, das Fehlen einer ihn begünstigenden Auslagenentscheidung im Berufungsurteil mit der sofortigen Beschwerde anzufe...