Leitsatz (amtlich)

1. An dem Verwahrungsverhältnis, das durch eine Kaufpreishinterlegung auf einem Notaranderkonto begründet wurde, ist materiell auch derjenige beteiligt, der bei Abschluß des notariellen Vertrages durch einen Bevollmächtigten vertreten wurde. Die Verwahrungsanweisung an den Notar, den hinterlegten Betrag bei Auszahlungsreife ausschließlich an den Bevollmächtigten auszuzahlen, betrifft lediglich die Empfangsberechtigung.

2. § 54 c Abs. 3 BeurkG bezieht sich nur auf das Rechtsverhältnis, zu dessen Durchführung die notarielle Verwahrung begründet wurde. Der aufgrund einer Vollmachtsurkunde vertretene Verkäufer eines notariellen Kaufvertrages kann deshalb die Verwahrungsanweisung an den Notar, den auf einem Anderkonto hinterlegten Kaufpreis allein an den Bevollmächtigten auszuzahlen, nicht wirksam mit der Begründung einseitig widerrufen, er habe die Vollmacht zwischenzeitlich widerrufen.

 

Normenkette

BNotO § 15 Abs. 2; BeurkG §§ 54c, 54d

 

Verfahrensgang

LG Dortmund (Aktenzeichen 9 T 883/99)

 

Tenor

Die weitere Beschwerde wird, soweit das Verfahren nicht in der Hauptsache erledigt ist, zurückgewiesen.

Die Beteiligte zu 1) hat die dem Beteiligten zu 2) im Verfahren der weiteren Beschwerde entstandenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Der Gegenstandswert des Verfahrens wird auf 355.000,00 DM, ab dem 04.10.1999 auf 45.000,00 DM festgesetzt.

 

Gründe

I.

Die Beteiligten sind getrennt lebende Eheleute und waren zu je 1/2 Anteil Miteigentümer u. a. des im Grundbuch von Dortmund Bl. … eingetragenen Grundstücks. Die Beteiligte zu 1) hat den Beteiligten zu 2) in notariell beglaubigter Erklärung vom 07.07.1999 bevollmächtigt, ihren 1/2 Miteigentumsanteil u. a. an dem genannten Objekt zu verkaufen und aufzulassen; sie hat dem Beteiligten zu 2) die Vollmachtsurkunde ausgehändigt. Mit anwaltlichem Schreiben vom 16.07.1999 hat sie gegenüber dem Beteiligten zu 2) die Vollmacht widerrufen. Dieser hat mit Schreiben vom 26.07.1999 die Rückgabe der Vollmachtsurkunde von Bedingungen abhängig gemacht.

Der Beteiligte zu 2) hat sodann in notarieller Urkunde vom 30.07.1999 (UR-Nr. 28/1999 Notar …) unter Vorlage der genannten Vollmachtsurkunde das im Grundbuch von Dortmund Bl. 10970 eingetragene Grundstück an die Eheleute Koudich verkauft und aufgelassen. In § 3 des Vertrages ist ein Kaufpreis von 710.000,00 DM mit der Maßgabe vereinbart, daß dieser bis zum 31.08.1999 auf ein Notaranderkonto einzuzahlen war. Ergänzend wird der Notar in Ziffer 3) dieser Regelung unwiderruflich angewiesen, aus dem Notaranderkonto den Kaufpreis auf ein näher bezeichnetes Konto des Beteiligten zu 2) auszuzahlen, wenn bestimmte näher geregelte Auszahlungsbedingungen erfüllt sind.

Die Beteiligte zu 1) hat mit einem an den Urkundsnotar gerichteten Anwaltsschreiben vom 04.08.1999 darauf hingewiesen, daß sie bereits vor Abschluß des notariellen Vertrages ihre Vollmacht widerrufen habe. Gleichwohl sei sie mit dem Verkauf des Grundstücks einverstanden, jedoch lediglich mit der Maßgabe, daß die Hälfte des Kaufpreises (355.000,00 DM) von dem Notaranderkonto unmittelbar auf ein eigenes Konto ausgezahlt werde. Der Urkundsnotar hat mit Anwortsschreiben vom 09.08.1999 die Auszahlung eines Kaufpreisteils an die Beteiligte zu 1) davon abhängig gemacht, daß ihm insoweit eine übereinstimmende Weisung der Beteiligten zu 1) und 2) vorgelegt werde. Solange dies nicht geschehe, sei er an die ihm in der notariellen Urkunde vom 30.07.1999 erteilte Weisung zur Auszahlung des gesamten Kaufpreises auf ein Konto des Beteiligten zu 2) gebunden.

Die Beteiligte zu 1) hat daraufhin mit Schriftsatz ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 11.08.1999 gem. § 15 Abs. 2 BNotO beantragt, über die Rechtmäßigkeit der Amtstätigkeit des Notars in Bezug auf die Führung des Notaranderkontos zu entscheiden. Zur Begründung hat sie im wesentlichen geltend gemacht, die in dem notariellen Vertrag vom 30.07.1999 erteilte Anweisung, den gesamten Kaufpreis an den Beteiligten zu 2) auszuzahlen, sei ihr gegenüber unwirksam, weil sie ihre Vollmacht bereits vor Abschluß des notariellen Kaufvertrages gegenüber dem Beteiligten zu 2) widerrufen habe.

Das Landgericht hat durch Beschluß vom 17.08.1999 die Beschwerde zurückgewiesen.

Gegen diese Entscheidung hat die Beteiligte zu 1) mit Schriftsatz ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 20.08.1999 weitere Beschwerde eingelegt.

Im weiteren Verlauf des Verfahrens ist bekannt geworden, daß die Beteiligte zu 1) gegen den Beteiligten zu 2) eine einstweilige Verfügung des Landgerichts Dortmund vom 24.08.1999 (12 U 373/99) erwirkt hat, durch die Notar … angewiesen worden ist, den hälftigen Kaufpreis von 355.000,00 DM aus dem genannten notariellen Vertrag nicht auszuzahlen, bis im Hauptsacheverfahren rechtskräftig darüber entschieden wird, ob die Auszahlung an die Beteiligte zu 1) zu erfolgen habe. Desweiteren nimmt die Beteiligte zu 1) den Beteiligten zu 2) im zivilprozessualen Hauptsacheverfahren auf Erteilung seiner Zustimmung zur Auszahlung des hinterlegten Betrages an si...

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