Leitsatz (amtlich)
Die Einwilligung zur Adoption ist zu ersetzen, wenn das anzunehmende Kind besonderer Fürsorge bedarf und der leibliche Vater selbstverschuldet seit Jahren keinerlei Kontakt zu seinem Kind hat.
Verfahrensgang
AG Schwerte (Beschluss vom 04.06.2014) |
Tenor
Die Beschwerde des Kindesvaters gegen den Beschluss des AG - Familiengericht - Schwerte vom 4.6.2014 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden dem Kindesvater auferlegt.
Der Wert für das Beschwerdeverfahren wird auf 3.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Das anzunehmende Kind O, geboren am ...2003, stammt aus der nichtehelichen Verbindung der Kindesmutter mit dem leiblichen Vater P T. Das Sorgerecht übt die Kindesmutter gem. § 1626a Abs. 3 BGB allein aus. Seit Mitte 2004 besteht zwischen O und seinem Vater kein Kontakt; Unterhalt wurde zu keiner Zeit gezahlt.
Die Kindesmutter ist weiter Mutter der volljährigen Kinder Q (geboren 1992) sowie Q1 (geboren 1995), die aus ihrer ersten Ehe von 1991 bis 2002 stammen. Seit dem 4.2.2005 ist sie mit dem Annehmenden S T verheiratet, mit dem sie und O seit April 2004 in einem gemeinsamen Haushalt leben. Aus dieser Ehe ist das Kind T1 T, geboren am ...2007, hervorgegangen.
Der Annehmende S T hat keine weiteren Kinder.
Alle Beteiligte besitzen die deutsche Staatsangehörigkeit.
Der Annehmende hat die Annahme des Kindes O durch ihn beantragt; das Kind soll den Geburtsnamen "T" erhalten. Die Kindesmutter hat als Ehefrau und gesetzliche Vertreterin eingewilligt.
Der leibliche Vater von O widerspricht der beantragten Adoption.
Er möchte leiblicher Vater bleiben und wünscht sich die behutsame Aufnahme von Besuchskontakten.
Das Jugendamt befürwortet die Adoption, da der Kindesvater sich teils gleichgültig verhalten und auf Einladungen nicht reagiert habe. Zwischen dem Annehmenden und dem Kind bestünde eine tragfähige Vater-Sohn-Beziehung - bei Einleitung des Adoptionsverfahrens hatte O keine Kenntnis von der anderweitigen leiblichen Vaterschaft und kennt nur den Annehmenden als Vater. Für O sei wichtig, dass sich durch die Adoption seine tatsächliche Situation nicht verändere.
Im vorliegenden Verfahren hat erstinstanzlich die Kindesmutter als Ehefrau und als gesetzliche Vertreterin des Kindes beantragt, die Zustimmung des leiblichen Vaters zur Adoption zu ersetzen.
Dem ist der leibliche Vater entgegengetreten.
Das AG hat nach einer mündlichen Verhandlung die Einwilligung des leiblichen Vaters in die Adoption des Kindes durch den Annehmenden ersetzt.
Zur Begründung hat es ausgeführt, dass das Unterbleiben der Adoption dem Kind zu unverhältnismäßigem Nachteil gereiche, da es ohne die Adoption nicht rechtlich abgesichert sei.
Hiergegen wendet sich der leibliche Vater mit der Beschwerde.
Er trägt seine Befürchtung vor, dass er nach einer Adoption seinen Sohn gar nicht mehr sehen könne. Er behauptet, die Kindesmutter habe den Kontakt ohnehin stark eingeschränkt. Er habe bislang den Umgang nicht eingefordert, da er habe abwarten wollen, bis O größer sei. Daneben habe er Angst gehabt, dass die Kindesmutter ihm etwas wie Kindesmissbrauch oder Vergewaltigung anhänge; sie sei gewalttätig, wenn sie nicht mehr nüchtern sei.
Der Annehmende und die Kindesmutter verteidigen den erstinstanzlichen Beschluss. Sie behaupten, dass sich ohne die Adoption die grundsätzliche Situation von O nicht verbessere. Seine materielle Zukunft sei ohne rechtlichen Vater ungewiss (als sozialer Vater werde sich der Annehmende aber stets um ihn kümmern). Die Fairness gebiete es, O rechtlich gegenüber seinem Bruder T1 gleich zu stellen. O leide unter einer leichten Form des Autismus und bedürfe besonderer Zuwendung.
II.1. Die Beschwerde des leiblichen Vaters ist zulässig, da sie form- und fristgerecht eingelegt wurde.
Der leibliche Vater ist gem. § 59 Abs. 1 FamFG beschwerdeberechtigt und die Vertretung durch einen Rechtsanwalt ist nicht erforderlich.
2. Die Beschwerde des leiblichen Vaters gegen die Ersetzung seiner Einwilligung in die Adoption ist unbegründet.
Die Voraussetzungen der Ersetzung gem. § 1748 BGB sind erfüllt.
Nach § 1748 Abs. 4 BGB hat das Familiengericht in den Fällen des alleinigen Sorgerechts nach § 1626a Abs. 3 BGB die Einwilligung des Vaters in die Adoption zu ersetzen, wenn das Unterbleiben der Annahme dem Kind zu unverhältnismäßigem Nachteil gereichen würde.
Das anzunehmende Kind ist aus der nichtehelichen Beziehung der Kindeseltern hervorgegangen. Da die Kindesmutter die elterliche Sorge gem. § 1626a Abs. 3 BGB allein ausübt, ist die Einwilligung des Kindesvaters in die Adoption zu ersetzen, wenn das Unterbleiben der Annahme für O zu einem unverhältnismäßigen Nachteil führen würde. Jedoch ist selbst beim Fehlen eines gelebten Vater-Kind-Verhältnisses die Ersetzung der Einwilligung nach § 1748 Abs. 4 BGB regelmäßig nur dann vorzunehmen, wenn der Vater selbst durch sein Verhalten das Scheitern eines solchen Verhältnisses zu verantworten hat (BVerfG, Beschl. v. 27.4.2006 - 1 BvR 2866/04, FamRZ 2006, 1355; BVerfG, Beschl. v. 29.11.2005 - ...