Entscheidungsstichwort (Thema)

Erledigung der Hauptsache bei Anfechtung einer Verwalterbestellung; Kausalität eines Einberufungsmangels; Verfallregelung bei Verzug mit Wohngeldvorauszahlungen. Wohnungseigentumssache

 

Leitsatz (amtlich)

1) Das Verfahren über die Anfechtung eines Beschlusses, durch den ein Verwalter bestellt worden ist, erledigt sich in der Hauptsache, wenn der Zeitraum, für den die Verwalterbestellung erfolgt ist, abgelaufen ist. Ein danach eingelegtes Rechtsmittel ist unzulässig.

2) An die Feststellung, die Beschlüsse einer Eigentümerversammlung beruhten nicht auf einem Einberufungsmangel, sind strenge Anforderungen zu stellen. Für eine solche Feststellung reicht nicht bereits der Umstand aus, daß die Beschlüsse von einer bestimmten Mehrheit der Wohnungseigentümer getragen worden sind und dieselbe Mehrheit die Beschlüsse in einer Wiederholungsversammlung erneut gefaßt hat.

3) Eine Verfallregelung, durch die bei Eintritt des Verzuges mit der Wohngeldvorauszahlung für 2 Monate der Gesamtbetrag der Vorauszahlungen des betreffenden Wohnungseigentümers aus dem Wirtschaftsplan für das laufende Jahr fällig gestellt wird, kann nicht durch Mehrheitsbeschluß getroffen werden; ein solcher Beschluß ist auf rechtzeitige Anfechtung für ungültig zu erklären.

 

Normenkette

WEG § 10 Abs. 2, § 21 Abs. 3, § 24 Abs. 2, § 26

 

Beteiligte

Rechtsanwälte G und P

 

Tenor

Die sofortige weitere Beschwerde wird als unzulässig verworfen, soweit das Rechtsmittel die Anfechtung der Verwalterwahl (Tagesordnungspunkt 3) der Eigentümerversammlung 21.07.1993 sowie Tagesordnungspunkt 1) der Eigentümerversammlung 07.10.1993) betrifft.

Auf das weitergehende Rechtsmittel wird der angefochtene Beschluß teilweise aufgehoben.

Auf die sofortige Erstbeschwerde der Beteiligten zu 1) wird der Beschluß des Amtsgerichts Essen vom 16.03.1994 teilweise abgeändert.

Die Beschlüsse der Eigentümerversammlung vom 21.07.1993 werden insgesamt für ungültig erklärt.

Die Beschlüsse der Eigentümerversammlung vom 07.10.1993 zu den Tagesordnungspunkten 6) (Genehmigung des Wirtschaftsplans 1993) und 7) (Verfallregelung bei Verzug eines Wohnungseigentümers mit Wohngeldvorauszahlungen) werden für ungültig erklärt.

Hinsichtlich der weitergehenden Beschlußanfechtungsanträge der Beteiligten zu 1) in bezug auf die Beschlüsse der Eigentümerversammlung vom 07.10.1993 wird die Sache zur erneuten Behandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen.

Im übrigen wird die sofortige weitere Beschwerde zurückgewiesen. Damit bleiben die Anträge der Beteiligten zu 1) zurückgewiesen, soweit sie die Tagesordnungspunkte 6) und 9) sowie 13) bis 22) der Eigentümerversammlung vom 21.07.1993 betreffen.

Mit der erneuten Sachentscheidung wird dem Landgericht die Entscheidung über die Gerichts kosten und die Anordnung der Erstattung außergerichtlicher Kosten des Verfahrens der sofortigen weiteren Beschwerde übertragen.

Der Gegenstandswert für das Verfahren der sofortigen weiteren Beschwerde wird auf 103.210,00 DM und – unter gleichzeitiger Abänderung der Wertfestsetzung der angefochtenen Entscheidung – für das Verfahren der sofortigen Erstbeschwerde auf 125.210,00 DM festgesetzt. Die Wertfestsetzung des Landgerichts für das Verfahren erster Instanz wird aufgehoben.

 

Gründe

I.

Die Beteiligten zu 1) bis 3) sind die Miteigentümer der vorbezeichneten Wohnungseigentumsanlage; die Beteiligte zu 14) ist die Verwalterin.

Die Beteiligte zu 14) berief mit Schreiben vom 07.07.1993 eine Eigentümerversammlung auf den 21.07.1993 ein. Zum Zeitpunkt dieser Einberufung war die Beteiligte zu 14), die für einen zurückliegenden Zeitraum als Verwalterin tätig war, nicht als solche bestellt. Wegen des Inhalts des Einberufungsschreibens im einzelnen wird auf die Wiedergabe in der angefochtenen Entscheidung des Landgerichts Bezug genommen.

In der Eigentümerversammlung vom 21.07.1993, an der die Beteiligten zu 1) nach ihrer Darstellung im Verfahren der weiteren Beschwerde nicht teilgenommen haben, wurde eine Vielzahl von Beschlüssen gefaßt. Die von der Beteiligten zu 14) gefertigte Versammlungsniederschrift ergibt folgenden Ablauf der Eigentümerversammlung:

„Tagesordnung:

  1. Wohngeldabrechnung 1992
  2. Wirtschaftsplan 1993
  3. Verwalterbestellung
  4. Balkonsanierung
  5. Reparatur bzw. Erneuerung des Plattenbelages vor dem Giebel am Haus Nr. 6
  6. Gartenpflege
  7. Nutzung der Garten- und Rasenfläche
  8. Nutzung der Grundstücksfläche vor den Garagen und neben dem Giebel des Hauses Nr. 8
  9. Kabelanschluß
  10. Neuabschluß von Versicherungsverträgen
  11. Neuabschluß eines Wartungsvertrages für die Heizungsanlage
  12. Verschiedenes
  13. Reparatur der Antennenanlage
  14. Reparatur der Heizung im Bad der Dachgeschoßwohnung der Eheleute K…
  15. Erneuerung der Veluxfenster in der Dachgeschoßwohnung der Eheleute K…
  16. Abdichtung des Daches und der Kaminköpfe am Haus Nr. 6
  17. Dämmung/Isolierung der Giebelwand Haus Nr. 6
  18. Neuversiegelung der Fensterscheiben in der Wohnung der Eheleute K…
  19. Beseitigung der Setzrisse in der Wohnung der Eheleute K…
  20. Beseitigung der Mängel im Zusammenhang mit der Reparatur der Wa...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?