Leitsatz (amtlich)
Im Rahmen des Abhilfeverfahrens muss das Amtsgericht dem Beschwerdeführer Gelegenheit geben, ein inhaltlich unzureichendes Vorbringen (hier: zur Testierunfähigkeit des Erblassers) zu konkretisieren.
Normenkette
FamFG §§ 28, 68 Abs. 1
Verfahrensgang
AG Marl (Aktenzeichen 5a VI 319/10) |
Tenor
Die Nichtabhilfeverfügung des Amtsgerichts vom 05.08.2010 wird aufgehoben und die Sache zur Durchführung des Abhilfeverfahrens an das Amtsgericht zurückverwiesen.
Gründe
Die Beschwerde ist gemäß § 58 FamFG statthaft. Die Beschwerdebefugnis (§ 59 FamFG) ergibt sich aus der Stellung des Beteiligten als gesetzlichem Erben, welcher er wäre, wenn die von ihm geäußerten Wirksamkeitsbedenken zum Tragen kämen. Die Beschwerdefrist (§ 63 Abs.1 FamFG) ist gewahrt, der Beschwerdewert (§ 61 Abs.1 FamFG) ist erreicht.
In der Sache hat die Beschwerde jedenfalls einen vorläufigen Erfolg, da die Nichtabhilfeentscheidung des Amtsgerichts an einem schwerwiegenden Mangel leidet. Gemäß § 68 Abs.1 FamFG ist die Durchführung eines Abhilfeverfahrens nunmehr ausdrücklich vorgeschrieben. Dabei muss die Abhilfe- oder Nichtabhilfeentscheidung grundsätzlich durch Beschluss ergehen und begründet werden (Keidel/Sternal, FamFG, 16. Aufl., § 68 Rdn. 12). Dabei ist eine Bezugnahme auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung nur insoweit ausreichend, als die Beschwerde keine neuen, in der angefochtenen Entscheidung nicht abgehandelten Gesichtspunkte aufzeigt. Leidet die Nichtabhilfeentscheidung an einem schwerwiegenden Mangel, so wird das Beschwerdegericht entsprechend § 69 Abs.3 S.2 FamFG für befugt gehalten, die Sache unter Aufhebung der Nichtabhilfeentscheidung an das Amtsgericht zurückzuverweisen (Sternal, aaORdn.34).
Der Senat vertritt dabei den Standpunkt, dass die Anforderungen an das Abhilfeverfahren im Interesse der Verfahrensbeteiligten nicht überspannt werden dürfen, also nicht vorschnell von einem schwerwiegenden Mangel des Abhilfeverfahrens ausgegangen werden darf. So sind formelle Fehler, wie hier die Entscheidung durch bloße Verfügung, grundsätzlich unschädlich. Auch an die Begründung der Entscheidung stellt der Senat keine besonderen Anforderungen. Es ist grundsätzlich ausreichend, wenn nach dem Inhalt der Beschwerde und dem sonstigen Akteninhalt nachvollziehbar ist, dass das Amtsgericht die Begründung der Beschwerde zumindest in seine Erwägungen hinsichtlich der Nichtabhilfeentscheidung miteinbezogen hat. Ist dies allerdings nicht mehr feststellbar, so muss von einem schwerwiegenden Mangel ausgegangen werden.
Letzteres ist hier der Fall. Der Beteiligte zu 2) hat mit der Beschwerde erstmals tatsächliche Bedenken gegen die Wirksamkeit des Testaments seines Vaters geäußert, nachdem er die ihm zuvor eingeräumte Möglichkeit hierzu ungenutzt hatte verstreichen lassen. Der Nichtabhilfevermerk des Amtsgerichts lässt auch nicht ansatzweise erkennen, ob das Gericht diesen Vortrag überhaupt gewürdigt hat.
Dieser erhebliche Mangel des Abhilfeverfahrens kann auch nicht deshalb dahinstehen, weil die Beschwerde offenkundig unbegründet wäre. Allerdings ist das bisherige Vorbringen des Beteiligten zu 2) zu wenig substantiiert, als dass sich hieraus auch nur Ansätze für eine weitere Aufklärung im Hinblick auf eine etwaige Testierunfähigkeit des Erblassers gewinnen ließen. Im Verfahren nach dem FamFG kann eine die Beschwerde zurückweisende Entscheidung mit Rücksicht auf die §§ 26, 27 FamFG hierauf aber nicht gestützt werden, ohne den Beteiligten zuvor auf die Unzulänglichkeit seines Vortrages hinzuweisen und ihm Gelegenheit zur Nachbesserung zu geben. War der entsprechende Vortrag nicht bereits Teil der Erörterungen in der ersten Instanz, so gilt dies auch für das Abhilfeverfahren.
Fundstellen
Haufe-Index 2382927 |
FGPrax 2011, 323 |
ErbR 2010, 396 |