Leitsatz (amtlich)
1) Die Begründung des Beschlusses muss erkennen lassen, dass das AG die Begründung der Beschwerde zumindest in seine Erwägungen hinsichtlich der Nichtabhilfeentscheidung miteinbezogen hat.
2) Bei Fehlen einer solchen Begründung liegt ein schwerwiegender Mangel vor, der zur Aufhebung der Nichtabhilfeentscheidung und Zurückverweisung der Sache an das AG führt.
Normenkette
FamFG § 68 Abs. 1
Verfahrensgang
AG Paderborn (Beschluss vom 21.01.2010; Aktenzeichen 32 VI 772/09) |
Tenor
Die Nichtabhilfeverfügung des AG vom 12.3.2010 wird aufgehoben und die Sache zur Durchführung des Abhilfeverfahrens an das AG zurückverwiesen.
Gründe
Die Beschwerde ist gem. § 58 FamFG statthaft. Die Beschwerdebefugnis (§ 59 FamFG) ergibt sich aus der sie sachlich belastenden Zurückweisung ihres Antrags. Die Beschwerdefrist (§ 63 Abs. 1 FamFG) ist gewahrt, der Beschwerdewert (§ 61 Abs. 1 FamFG) ist erreicht.
In der Sache hat die Beschwerde jedenfalls einen vorläufigen Erfolg, da die Nichtabhilfeentscheidung des AG an einem schwerwiegenden Mangel leidet. Gemäß § 68 Abs. 1 FamFG ist die Durchführung eines Abhilfeverfahrens nunmehr ausdrücklich vorgeschrieben. Dabei muss die Abhilfe- oder Nichtabhilfeentscheidung grundsätzlich durch Beschluss ergehen und begründet werden (Keidel/Sternal, FamFG, 16. Aufl., § 68 Rz. 12). Dabei ist eine Bezugnahme auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung nur insoweit ausreichend, als die Beschwerde keine neuen, in der angefochtenen Entscheidung nicht abgehandelten Gesichtspunkte aufzeigt. Leidet die Nichtabhilfeentscheidung an einem schwerwiegenden Mangel, so wird das Beschwerdegericht entsprechend § 69 Abs. 3 S. 2 FamFG für befugt gehalten, die Sache unter Aufhebung der Nichtabhilfeentscheidung an das AG zurückzuverweisen (Sternal, a.a.O., Rz. 34).
Der Senat vertritt dabei den Standpunkt, dass die Anforderungen an das Abhilfeverfahren im Interesse der Verfahrensbeteiligten nicht überspannt werden dürfen, also nicht vorschnell von einem schwerwiegenden Mangel des Abhilfeverfahrens ausgegangen werden darf. So sind formelle Fehler, wie hier die Entscheidung durch bloße Verfügung, grundsätzlich unschädlich. Auch an die Begründung der Entscheidung stellt der Senat keine besonderen Anforderungen. Es ist grundsätzlich ausreichend, wenn nach dem Inhalt der Beschwerde und dem sonstigen Akteninhalt nachvollziehbar ist, dass das AG die Begründung der Beschwerde zumindest in seine Erwägungen hinsichtlich der Nichtabhilfeentscheidung miteinbezogen hat. Ist dies allerdings nicht mehr feststellbar, so muss von einem schwerwiegenden Mangel ausgegangen werden.
Letzteres ist hier der Fall. Die Beteiligte hat mit der Beschwerde die Frage angeschnitten, ob ihre Ausschlagungserklärung, auf die die amtsgerichtliche Entscheidung wesentlich aufbaut, gem. § 1943, 1. Alt. BGB ohne Wirkung geblieben ist, weil in ihrem
Erbscheinsantrag eine konkludente Annahmeerklärung zu sehen sei. Das AG hatte in der angefochtenen Entscheidung hingegen alleine darauf abgestellt, dass die Auschlagung frist- und formgerecht erklärt worden sei. Die Beschwerdebegründung beschränkt sich danach nicht darauf, den Rechtsstandpunkt des AG in Frage zu stellen, sondern sie greift einen tatsächlichen Gesichtspunkt auf, den das AG zwar erwähnt, rechtlich aber nicht erörtert hatte. Weder dem Nichtabhilfevermerk noch dem sonstigen Akteninhalt lässt sich entnehmen, dass das AG dieses vor seiner Nichtabhilfeentscheidung zur Kenntnis genommen und berücksichtigt hat.
Dieser erhebliche Mangel des Abhilfeverfahrens kann auch nicht deshalb dahinstehen, weil die Beschwerde offenkundig unbegründet wäre. Es ist im Grundsatz zutreffend, dass ein Erbscheinsantrag in aller Regel als Annahmeerklärung zu werten ist (Staudinger/Otte, Bearb. 2008, § 1943 Rz. 10 m.w.N.). Die Wirkung der konkludenten Annahmeerklärung wird durch die Rücknahme des Erbscheinsantrages auch nicht beseitigt, da dies auf eine Umgehung der besonderen Regeln über die Anfechtung einer Annahmeerklärung hinausliefe. Die Ausschlagungserklärung der Beteiligten kann auch nicht als Anfechtungserklärung hinsichtlich der konkludenten Annahme ausgelegt werden, da in ihr jeder Hinweis auf einen relevanten Willensmangel bei Stellung des Erbscheinsantrages fehlt. Nach alledem spricht auf der Grundlage des bisher erkennbaren Sachverhalts alles dafür, dass die Ausschlagungserklärung gem. § 1943, 1. Alt. BGB ohne Wirkung geblieben ist. Das AG hätte -vorbehaltlich weiterer Erkenntnisse- daher im Abhilfeverfahren seinen Rechtsstandpunkt ernstlich überprüfen und die weiteren Voraussetzungen für die Anordnung einer Nachlassverwaltung in Erwägung ziehen müssen.
Fundstellen
Haufe-Index 2368841 |
FGPrax 2010, 266 |