Verfahrensgang
AG Altena (Entscheidung vom 09.02.2021; Aktenzeichen 4 Ls - 200 Js 1754/19 - 14/20) |
Tenor
Das angefochtene Urteil wird mit den zugrundeliegenden Feststellungen - auch hinsichtlich des Mitangeklagten A - aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an eine andere Schöffengerichtsabteilung des Amtsgerichts Altena zurückverwiesen.
Gründe
I.
Das Amtsgericht - Schöffengericht - Altena hat mit Urteil vom 09.02.2021 den Angeklagten A wegen gemeinschaftlicher unerlaubter Abgabe von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge im minderschweren Fall zu einer Geldstrafe i.H.v. 50 Tagessätzen zu je 110 € verurteilt. Der Angeklagte B ist mit vorgenanntem Urteil wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und zwei Monaten, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt worden ist, verurteilt worden.
Gegen dieses Urteil hat der Angeklagte B mit bei dem Amtsgericht Altena per Fax am 10.02.2021 eingegangenem Schriftsatz seines Verteidigers vom 09.02.2021 zunächst allgemein Rechtsmittel eingelegt. Nach Zustellung des Urteils an den Verteidiger am 25.03.2021 hat der Angeklagte mit Schriftsatz seines Verteidigers vom 30.03.2021, welcher per Fax am selben Tag beim Amtsgericht Altena eingegangen ist, sein Rechtsmittel als Revision bezeichnet und dieses mit der Verletzung materiellen Rechts begründet.
Die Generalstaatsanwaltschaft Hamm hat mit Zuschrift vom 21.12.2021 beantragt, wie erkannt.
II.
Die gemäß §§ 335 Abs.1, 312 StPO statthafte und auch im Übrigen zulässige (Sprung- ) Revision des Angeklagten B hat in der Sache einen - zumindest vorläufigen - Erfolg.
Die Feststellungen des Amtsgerichts tragen die Verurteilung des Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge gemäß § 29 a Abs. 1 Nr. 2 BtMG nicht.
Die Generalstaatsanwaltschaft hat hierzu in ihrer Antragsschrift vom 21.12.2021 folgendes ausgeführt:
"1.
Das Amtsgericht hat - soweit hier relevant - folgende Feststelllungen getroffen: Der Angeklagte bewahrte spätestens ab dem 13.05.2019 in seinem Zimmer in der Wohnung C-Straße 00 in D 300 Gramm Marihuana, 10 Ecstasy-Tabletten, 0,5 Gramm netto Haschisch sowie weitere 9,1 Gramm netto Marihuana auf. Von den zum Preis von 3.000 Euro auf Kommission erworbenen 300 Gramm Marihuana waren 250 Gramm zum gewinnbringenden Weiterverkauf durch den Angeklagten vorgesehen, um aus den Erlösen dessen Eigenkonsum zu finanzieren. Die weiteren aufbewahrten Betäubungsmittel - "mit Ausnahme der Ecstasy-Tabletten" - waren zum Eigenkonsum des Angeklagten bestimmt.
Zum Wirkstoffgehalt der Betäubungsmittel hat das Amtsgericht festgestellt, dass die 300 Gramm Marihuana "mindestens einen Wirkstoffanteil im Bereich oberhalb der nicht geringen Menge besaßen, bei 5% Wirkstoff 15 Gramm THC und bei 10% 30 Gramm THC".
2.
Die Feststellungen des Amtsgerichts tragen die Verurteilung des Angeklagten wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge nicht. Verfügt ein Angeklagter - wie vorliegend - über verschiedene Einzelmengen von Betäubungsmitteln, die teilweise dem Eigenverbrauch und teilweise dem gewinnbringenden Weiterverkauf zu dienen bestimmt sind, kommt eine Verurteilung wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge nur dann in Betracht, wenn die Handelsmenge den Grenzwert der nicht geringen Menge übersteigt (zu vgl. Patzak in: Körner/Patzak/Volkmer, BtMG, 8. Auflage, § 29a Rdnr. 159 ff.). Wird der Grenzwert der nicht geringen Menge erst durch die Gesamtmenge aus Handelsmenge und Eigenverbrauchsmenge erreicht, die ihrerseits jeweils unter dem Grenzwert liegen, liegt nur Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Handeltreiben gem. § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BtMG vor. Dass die vom Angeklagten allein für den Weiterverkauf vorgesehene Menge von 250 Gramm Marihuana - weitere 50 Gramm Marihuana sowie die Kleinmenge Haschisch dienten zum Eigenverbrauch, der Verwendungszweck der Ecstasy-Tabletten wurde nicht festgestellt - jedoch eine für die Annahme einer nicht geringen Menge bei Cannabisprodukten erforderliche Wirkstoffmenge von 7,5 Gramm THC enthielt, hat das Amtsgericht nicht rechtsfehlerfrei festgestellt. Zwar durfte das Amtsgericht den Wirkstoffgehalt des nach den weiteren Feststellungen später an den Verkäufer zurückgegebenen und daher für eine Untersuchung nicht mehr zur Verfügung stehenden Betäubungsmittels grundsätzlich durch Schätzung bestimmen und war dazu auch zur Bestimmung des Schuldgehalts der Tat rechtlich gehalten. Das Amtsgericht hat jedoch nicht in einer für das Revisionsgericht nachvollziehbaren Weise dargelegt, auf welcher tatsächlichen Grundlage seine Schätzung beruht. Insbesondere hat es keine weitergehenden Feststellungen zur Qualität des Betäubungsmittels - ggf. unter Berücksichtigung von Kaufpreis, Herkunft oder Beurteilung durch Tatbeteiligte - getroffen oder seine Annahme,...