Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Mutwilligkeit bei Verlangen eines dynamischen Unterhaltstitels
Leitsatz (redaktionell)
Hat der Unterhaltspflichtige einen statischen Titel errichtet, so ist es nicht mutwillig, den Antrag auf Verurteilung zur Leistung dynamischen Unterhalts weiter zu verfolgen.
Normenkette
FamFG § 76 Abs. 1; ZPO § 114 S. 1
Verfahrensgang
AG Essen (Beschluss vom 06.08.2010; Aktenzeichen 105 F 187/10) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Antragstellerin vom 11.8.2010 wird der Beschluss des AG - Familiengericht - Essen vom 6.8.2010 dahingehend abgeändert, dass der Antragstellerin über die erfolgte Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe hinaus auch für den Antrag zu 2.) aus dem Schriftsatz vom 11.8.2010 Verfahrenskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwältin H in F bewilligt wird.
Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.
Von der Erhebung von Gerichtskosten wird abgesehen. Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.
Gründe
A. Die Antragstellerin begehrt die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für einen Antrag auf Geltendmachung von Mindestunterhalt und einen Unterhaltsrückstand. Mit Antragsschrift vom 4.5.2010 (Bl. 1 ff. GA) hat die Antragstellerin zunächst dynamischen Mindestunterhalt für das gemeinsame Kind ab Juni 2010 (Antrag zu 2.) sowie einen Unterhaltsrückstand von 1.002 EUR (334 EUR Zahlbetrag × 3 Monate) für März bis Mai 2010 geltend gemacht (Antrag zu 3.).
Mit Schriftsatz vom 19.5.2010 (Bl. 23 GA) hat der Antragsgegner einen Restunterhalt für Mai 2010 i.H.v. 253 EUR anerkannt. Hinsichtlich des Differenzbetrags von 749 EUR hat er auf die von der Antragstellerin zu Unrecht veranlasste Auszahlung eines Betrags in dieser Höhe mittels Dauerauftrag verwiesen. Mit Schriftsatz vom 29.5.2010 (Bl. 32 GA) hat der Antragsgegner dann unter Vorlage einer Quittung vom 26.5.2010 die Zahlung der 253 EUR dargelegt. Die Antragstellerin hat diese Zahlung mit Schriftsatz vom 8.6.2010 (Bl. 34 GA) eingeräumt und auf den verbleibenden Rückstand von 749 EUR verwiesen, da die Überweisung zum oben genannten Dauerauftrag storniert worden ist.
Das AG hat durch Verfügung vom 1.6.2010 (Bl. 31 GA) zur Vermeidung unnötiger Kosten dem Antragsgegner noch Gelegenheit gegeben bis zum 30.6.2010 eine Jugendamtsurkunde vorzulegen. Daraufhin hat der Antragsgegner am 23.6.2010 (Bl. 43) vor dem Jugendamt der Stadt F - Beurkundungs-Register-Nummer *#*#*/...- eine Urkunde über eine monatliche Verpflichtung zur Zahlung von 334 EUR seit dem 1.7.2010 errichten lassen und dem AG in Kopie vorgelegt.
Die Antragstellerin ist der Ansicht, dass weiterhin ein Anspruch auf Errichtung eines dynamischen Titels bestehen würde. Hinsichtlich des unstreitigen Rückstands von 749 EUR hat der Antragsgegner im weiteren Verlauf die Bewilligung einer Ratenzahlung von monatlich 50 EUR begehrt.
Durch den angefochtenen Beschluss vom 6.8.2010 (Bl. 52 GA) hat das AG der Antragstellerin zur Geltendmachung rückständigen Kindesunterhalt von 749 EUR Verfahrenskostenhilfe bewilligt. Den weitergehenden Antrag hat das AG mit der Begründung zurückgewiesen, dass sich das Verfahren erledigt habe.
Hiergegen wendet sich die Antragstellerin mit der sofortigen Beschwerde vom 11.8.2010 (Bl. 57 ff. GA). Sie hält weiterhin an ihrem Antrag fest. In der Sache begehrt die Antragstellerin nunmehr die Abänderung der Jugendamtsurkunde in einen auf Zahlung eines dynamischen Mindestunterhalts für das gemeinsame Kind ab Juni 2010 (neuer Antrag zu 2.) gerichteten Titel. Ferner macht sie einen Unterhaltsrückstand von 1.002 EUR für März bis Mai 2010 geltend (Antrag zu 3.).
Das AG hat der sofortigen Beschwerde unter dem 13.8.2010 (Bl. 59 GA) mit der Begründung nicht abgeholfen, dass sich die Rechtsverfolgung hinsichtlich des laufenden Unterhalts als mutwillig darstellen würde, da eine wirtschaftlich denkende Partei keinen Vorschuss zahlen würde, um die Dynamisierung zu erreichen.
B. Das Rechtsmittel der Antragstellerin ist zulässig, insbesondere fristgerecht nach §§ 111 Nr. 8, 113 FamFG i.V.m. § 127 Abs. 2 S. 3 ZPO eingelegt worden. Die sofortige Beschwerde ist auch weitgehend begründet.
I.) Hinsichtlich des Antrags zu 2.) der auf die die Errichtung eines dynamischen Unterhaltstitels gerichtet ist, weist die beabsichtigte Rechtsverfolgung die hinreichende Erfolgsaussicht auf.
Die Geringfügigkeitssperre des § 238 Abs. 1 S. 2 FamFG gilt für die Jugendamtsurkunde nicht. Eine Abänderung ist vielmehr nach § 239 Abs. 1 S. 2 beim Vortrag von Tatsachen gerechtfertigt, die eine Abänderung rechtfertigen. Derartige Tatsachen liegen vor:
1.) Dies gilt ohnehin für den Monat Juni 2010, da die Jugendamtsurkunde lediglich Unterhaltsansprüche ab Juli 2010 erfasst.
2.) Aber auch für die Zeit ab Juli 2010 ergibt sich ein Anspruch auf eine Abänderung. § 1612a Abs. 1 BGB bestimmt ausdrücklich, dass ein minderjähriges Kind vom barunterhaltspflichtigen Elternteil den Unterhalt als Prozentsatz des jeweiligen Mindestunterhalts verlangen kann. Dem ist der Antragsgegner durch die Errichtung ei...