Entscheidungsstichwort (Thema)

Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Faxdefekt

 

Leitsatz (amtlich)

Wird ein Schriftsatz über die Einlegung eines Rechtsmittels aufgrund einer Löschung des Sendespeichers durch einen unvorhergesehenen Ausfalls der Telefonverbindung der Verteidigerin nicht von dem genutzten Telefaxgerät übermittelt und wird dies erst am nächsten Morgen nach Ablauf der Rechtsmitteleinlegungsfrist bemerkt, so ist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand geboten.

 

Normenkette

StPO §§ 44, 341, 46; OWiG § 379 Abs. 3 S. 1

 

Verfahrensgang

AG Unna (Entscheidung vom 09.08.2011; Aktenzeichen 611/11)

 

Tenor

Dem Betroffenen wird auf seine Kosten Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Frist zur Einlegung der Rechtsbeschwerde gewährt.

 

Gründe

Das Amtsgericht Unna hat den Betroffenen am 9. August 2011 wegen fahrlässiger Unterschreitung des erforderlichen Sicherheitsabstands zu einer Geldbuße von 300,- EUR und einem einmonatigen Fahrverbot verurteilt. Gegen dieses dem Betroffenen noch nicht zugestellte Urteil hat die Verteidigerin mit Schreiben vom 17. August 2011 - eingegangen per Telefax am selben Tage - Rechtsbeschwerde eingelegt und Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gestellt. Sie hat dabei einen Rechtsbeschwerdeschriftsatz vom 16. August 2011 beigefügt und zur Begründung ihres Wiedereinsetzungsantrags ausgeführt:

"Die Rechtsbeschwerde wurde am gestrigen Tage verfasst, und versucht am gestrigen Tage zur Fristwahrung per Fax an das Gericht zu senden.

Aufgrund einer unvorhergesehenen Ausfalls der Telefonverbindung wurden die Daten aus dem Sendespeicher gelöscht und das Fax konnte nicht übermittelt werden. Dies konnte erst am heutigen morgen festgestellt werden. Deshalb ist die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand geboten."

Die Generalstaatsanwaltschaft hat gleichfalls Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt.

Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist zulässig und begründet.

Die Generalstaatsanwaltschaft hat hierzu u.a. ausgeführt:

"Dem Betroffenen ist jedoch Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 44 Absatz 1 StPO zu gewähren, weil er ohne Verschulden an der Einhaltung der Frist zur Einlegung der Rechtsbeschwerde gehindert war.

Die Verteidigerin hat vorgetragen, sie habe am 16.08.2011 die Übersendung eines Schreibens mit der Einlegung der Rechtsbeschwerde per Telefax an das Amtsgericht Unna veranlasst. Aufgrund eines Ausfalls der Telefonverbindung seien die Daten aus dem Sendespeicher des Faxgerätes gelöscht worden, was sie erst am 17.08.2011 bemerkt habe. Zwar hat die Verteidigerin die Richtigkeit ihres Vortrags nicht - wie üblich - anwaltlich versichert, dies ist aber mit Rücksicht auf die Wahrheitspflicht der Rechtsanwältin unschädlich (zu vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 02.09.2005 - 2 Ss OWi 579/05). Das ausschließlich der Verteidigerin zuzurechnende Verschulden an der Fristversäumung ist dem Betroffenen nicht anzulasten (zu vgl. Meyer-Goßner, 53. Auflage, § 44 Rdn. 18 m.w.N.), so dass diesem Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren ist.

Eine weitergehende Entscheidung des Senats ist zurzeit noch nicht veranlasst, da das Urteil noch nicht zugestellt wurde."

Diesen zutreffenden Ausführungen schließt sich der Senat nach eigener Sachprüfung an.

 

Fundstellen

Haufe-Index 4469397

ZAP 2011, 1240

NZV 2011, 8

NZV 2012, 254

RENOpraxis 2012, 12

StRR 2011, 367

VRA 2011, 214

VRR 2011, 363

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?