Leitsatz (amtlich)

Zu den Anforderungen an den Widerruf von Strafaussetzung zur Bewährung.

 

Tenor

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.

Der Antrag der Staatsanwaltschaft auf Widerruf der Strafaussetzung zur Bewährung wird zurückgewiesen.

Die Landeskasse trägt die Kosten des Verfahrens und die dem Verurteilten entstandenen notwendigen Auslagen.

 

Gründe

I.

Der Verurteilte ist durch Urteil der auswärtigen Strafkammer des Landgerichts Bochum vom 17. Mai 1999 wegen Bestechlichkeit zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten unter Strafaussetzung zur Bewährung verurteilt worden. Die Strafkammer hat im angefochtenen Beschluss die Bewährung widerrufen. Dagegen wendet sich der Verurteilte mit seinem Rechtsmittel. Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und den Widerrufsantrag zurückzuweisen.

II.

Die zulässige sofortige Beschwerde hat in der Sache Erfolg. Die Generalstaatsanwaltschaft hat ihren Aufhebungsantrag wie folgt begründet:

"Mit der am 10.10.2003 bei der Auswärtigen Strafkammer Recklinghausen des Landgerichts Bochum eingegangenen sofortigen Beschwerde vom 09.10.2003 (BI. 132 ff Bew.H.) wendet sich der Beschwerdeführer gegen den ihm am 04.10.2003 zugestellten (BI. 128 Bew.H.) Beschluss der Auswärtigen Strafkammer Recklinghausen des Landgerichts Bochum vom 15.09.2003 (BI. 120 ff Bew.H.), durch den die ihm durch Urteil derselben Strafkammer vom 17.05.1999 (BI. 1 ff Bew.H.) bewilligte Strafaussetzung zur Bewährung auf Antrag der Staatsanwaltschaft (BI. 103, 108 R Bew.H.) widerrufen worden ist.

Die gem. § 453 Abs. 2 StPO, § 56 f StGB statthafte und fristgemäß (§ 311 Abs. 2 StPO) eingelegte sofortige Beschwerde ist begründet.

Es kann hier offen bleiben, ob die gem. § 453 Abs. 1 Satz 3 StPO zwingend vorgeschriebene mündliche Anhörung (zu vgl. Meyer-Goßner, StPO, 46. Aufl., § 453 Rdnr. 7) ordnungsgemäß durchgeführt worden ist, weil der Verurteilte den Anhörungstermin vom 15.09.2003 - möglicherweise im Hinblick auf den Antrag seines Verteidigers auf Terminsverlegung (BI. 119 Bew.H.) - nicht wahrgenommen hat.

Die Strafvollstreckungskammer hat die Strafaussetzung zu Unrecht widerrufen.

Zwar muss das Gericht gem. § 56 f Abs. 1 Nr. 3 StGB die Strafaussetzung widerrufen, wenn der Verurteilte gegen Auflagen gröblich oder beharrlich verstößt.

Soweit die Kammer den Widerruf der Strafaussetzung damit begründet hat, der Verurteilte habe die ihm auferlegte Geldbuße nicht vollständig gezahlt, fehlt es jedoch bereits an einem Auflagenverstoß, da diese Auflage unter Berücksichtigung dessen, dass die Kammer die dem Verurteilten auferlegte Geldbuße in Höhe von 6.000,00 DM durch Beschluss vom 03.07.2000 in eine Arbeitsauflage in Höhe von 500 Stunden gemeinnütziger Arbeit umgewandelt hatte (zu vgl. BI. 35 f Bew.H.), gar nicht mehr bestand. Zwar hatte der Verurteilte mit Schreiben vom 07.07.2001 (BI. 63 Bew.H.) beantragt, die restliche Geldbuße ab Januar 2002 in drei Monatsraten zahlen zu dürfen. Eine erneute Umwandlung, die gem. § 453 Abs. 1 StPO eines Gerichtsbeschlusses bedurft hätte, ist aber unterblieben (zu vgl. auch BI. 93 ff Bew.H.).

Ungeachtet dessen hat die Kammer auch ausreichende Feststellungen zur Frage der Leistungsfähigkeit des Verurteilten nicht getroffen. Bei einem Widerruf der Strafaussetzung wegen Verstoßes gegen die Auflage, eine Geldbuße zu zahlen, bedarf es nicht nur der Feststellung, dass die Geldauflage nicht oder nicht vollständig gezahlt worden ist; das Gericht muss auch positiv feststellen, dass der Verurteilte leistungsfähig war und muss dieses in den Entscheidungsgründen darlegen (OLG Hamm, StV 93, 259; OLG Düsseldorf, NStZ-RR 97, 323).

Die Kammer hat zwar dargelegt, dass der Verurteilte wegen des zeitweisen Bezuges von Übergangsgeld leistungsfähig war; der Zeitraum, in dem der Verurteilte Übergangsgeld bezogen hat, ergibt sich aus den Feststellungen des Landgerichts hingegen nicht.

Der Umstand, dass der Verurteilte die ihm auferlegten Sozialstunden nicht vollständig abgeleistet hat, rechtfertigt ebenfalls den Widerruf nicht, da es bereits an der Bestimmtheit der Auflage fehlt. Eine Auflage nach § 56 StGB hat das Gericht so bestimmt zu formulieren, dass Verstöße dagegen einwandfrei festgestellt werden können und auch der Verurteilte unmissverständlich weiß, wann er einen Widerruf der Strafaussetzung nach § 56 f Abs. 1 Nr. 3 StGB zu erwarten hat. An dieser Voraussetzung fehlt es, wenn das Gericht sich darauf beschränkt, lediglich die Zahl der zu leistenden gemeinnützigen Arbeitsstunden festzulegen und deren nähere Ausgestaltung dem Bewährungshelfer überträgt. Da die Auflage der Genugtuung für das begangene Unrecht zu dienen hat, ist es vielmehr notwendig, die gemeinnützige Leistung so auszuwählen, dass sie in einem sinnvollen Zusammenhang mit dem von dem Verurteilten begangenen Unrecht steht. Das ist nur dadurch möglich, dass das Gericht auch die Art der gemeinnützigen Leistung und nach Möglichkeit den Ort ihrer Ausführung bestimmt (SchIHA 1990,109; OLG Frankfurt NSt...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?