Leitsatz (amtlich)
Unter dem Begriff "Verfahrensabschnitt" i.S.d. § 58 Abs. 3 RVG ist der Instanzenzug zu verstehen, wobei das Ermittlungsverfahren und das Verfahren des ersten Rechtszuges als Einheit gelten.
Verfahrensgang
LG Essen (Entscheidung vom 24.04.2007) |
Tenor
1.
Die sofortige Beschwerde wird als unbegründet verworfen.
Auf die Anschlussbeschwerde der Landeskasse wird der Beschluss der III. Strafkammer vom 24.04.2007 insoweit abgeändert, als die Pflichtverteidigervergütung auf 967,42 EUR festgesetzt wird.
2.
Die weitergehende Anschlussbeschwerde wird verworfen.
3.
Das Beschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I.
Die Beschwerdeführerin hat die Verurteilte im Ermittlungsverfahren zunächst aufgrund eines Mandats vom 15.07.2005 als Wahlverteidigerin vertreten, bis sie durch Beschluss des Landgerichts Essen vom 05.12.2005 zur Pflichtverteidigerin bestellt und der Verurteilten beigeordnet worden ist. Sie hat die Verurteilte im weiteren Verfahren durchgehend vertreten. Nach Erlass des Urteils des Landgerichts Essen vom 14.12.2005 gegen die Angeklagte (rechtskräftig geworden am selben Tage) hat die Verteidigerin mit Schreiben vom 20.12.2005 die Festsetzung ihrer Pflichtverteidigergebühren und Auslagen in Höhe von insgesamt 1.496,38 EUR geltend gemacht und mitgeteilt, dass sie einen Vorschuss in Höhe von 661,20 EUR erhalten habe, und zwar - aufgrund einer Gebührenrechnung vom 21.07.2005 - in Höhe von 300,- EUR auf die Grundgebühr Nr. 4101 VV RVG (Zuschlag), 250,- EUR auf die Verfahrensgebühr Nr. 4105 VV RVG (Zuschlag), 20,- EUR auf die Pauschale für Post- und Telekommunikationsdienste Nr. 7002 VV RVG sowie 16 % Mehrwertsteuer auf diese Positionen. Mit Schreiben vom 28.02.2006 teilte die Verteidigerin weiter mit, dass sie für das vorgerichtliche Verfahren gemäß Nr. 4105 VV RVG 1.350,- EUR inklusive 16 % Mehrwertsteuer erhalten habe; auf eine ergänzende Nachfrage des Senats vom 06.08.2007 legte die Verteidigerin hinsichtlich der Zahlung in Höhe von 1.350,- EUR eine - undatierte - Vergütungsvereinbarung aus November/Dezember 2005 vor, nach der die Mandantin sich verpflichtet hatte, 2.000,- EUR für das Vorverfahren zu zahlen und erklärte hierzu, dass der Differenzbetrag für das Vorverfahren gemäß der Vereinbarung von der Mandantin erst nach ihrer Haftentlassung habe beglichen werden können. Mit Schreiben vom 13. November 2007 hat die Verteidigerin ergänzend klargestellt, dass der Gesamtbetrag der erhaltenen Zahlungen sich auf (661,20 EUR + 1.350,00 EUR =) 2.011,20 EUR belaufe.
Mit Beschluss der Rechtspflegerin des Landgerichts Essen vom 10.01.2006 sind die Pflichtverteidigergebühren und Auslagen antragsgemäß auf 1.496,38 EUR festgesetzt worden.
Hiergegen hat der Bezirksrevisor bei dem Landgericht Essen unter dem 06.07.2006 Erinnerung der Landeskasse insoweit eingelegt, als er - unter näheren Ausführungen - beantragt hat, die Festsetzung von 1.496,38 EUR im Hinblick auf die gemäß § 58 Abs. 3 RVG erforderliche Anrechnung der erhaltenen Zahlungen um 477,92 EUR zu reduzieren. Die Rechtspflegerin des Landgerichts Essen hat durch Beschluss vom 04.01.2007 im Wege der Abhilfe auf die Erinnerung des Bezirksrevisors den Beschluss vom 10.01.2006 - entsprechend dem Erinnerungsvorbringen - dahingehend abgeändert, dass die der Verteidigerin zustehende Pflichtverteidigervergütung anderweitig auf 1.018,46 EUR festgesetzt wird.
Gegen diesen ihr am 12.01.2007 zugestellten Beschluss hat die Verteidigerin unter dem 16.01.2007 bei dem Landgericht Essen am selben Tage eingehend Rechtsmittel eingelegt und dieses mit Schriftsatz vom 13.02.2007 unter Bezugnahme auf ihr bisheriges Vorbringen, nachdem eine Anrechnung nicht zu erfolgen habe, begründet.
Die Rechtspflegerin des Landgerichts Essen hat der Erinnerung der Verteidigerin durch Beschluss vom 20.02.2007 nicht abgeholfen und sie der zuständigen III. Strafkammer des Landgerichts Essen zur Entscheidung vorgelegt.
Durch Beschluss vom 24.04.2007 hat die III. Strafkammer des Landgerichts Essen die Erinnerung der Verteidigerin zurückgewiesen und die vorgenommene Anrechnung bestätigt. Gegen diesen Beschluss wendet sich die Verteidigerin mit ihrer Beschwerde vom 08.05.2007, der die Strafkammer durch Beschluss vom 14.05.2007 nicht abgeholfen hat.
Der Leiter des Dezernats 10 der Verwaltungsabteilung des hiesigen Oberlandesgerichts hat mit Schreiben vom 19.07.2007 Stellung genommen und für die Landeskasse unselbständige Anschlussbeschwerde mit dem Antrag erhoben, die der Rechtsanwältin aus der Landeskasse zustehende Vergütung anderweitig lediglich auf 967,42 EUR festzusetzen.
II.
Die Beschwerde ist nach §§ 56 Abs. 2, 33 Abs. 3 RVG zulässig, bleibt aber in der Sache ohne Erfolg. Die Anschlussbeschwerde der Landeskasse ist zulässig und in dem im Tenor genannten Umfang begründet, im Übrigen unbegründet.
Die von der Verteidigerin angemeldete Vergütung ist zunächst antragsgemäß zutreffend festgesetzt worden, im Einzelnen also wie folgt entstanden:
lfd. Nr. |
VV RVG Nr. |
Wert |
... |