Leitsatz (amtlich)

Für eine Schadensschätzung nach § 287 ZPO sind greifbare Tatsachen erforderlich, die der Kläger darlegen und beweisen muss (Anschluss BGH, Beschluss v. 15.10.2019, VI ZR 377/18)

Eine Beweiserhebung zur Frage der Reparatur von Vorschäden eines Fahrzeugs hat nicht zu erfolgen, wenn der Vortrag des Klägers sich als willkürlich und als Angabe "ins Blaue hinein" darstellt.

Dies ist der Fall, wenn keinerlei valide Indizien für eine sach- und fachgerechte Reparatur des Vorschadens vorgetragen werden.

 

Normenkette

BGB § 249; ZPO § 287

 

Verfahrensgang

LG Bielefeld (Aktenzeichen 2 O 40/18)

 

Tenor

Der Senat beabsichtigt, die Berufung des Klägers gemäß § 522 Abs. 2 ZPO durch einstimmig gefassten Beschluss zurückzuweisen, da sie nach einstimmiger Ansicht im Senat offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist, der Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung zukommt und eine Entscheidung des Berufungsgerichts auch nicht der Fortbildung des Rechts oder der Einheitlichkeit der Rechtsprechung dient.

Der Kläger erhält Gelegenheit, innerhalb von zwei Wochen ab Zustellung Stellung zu nehmen.

 

Gründe

I. Der Kläger begehrt Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall vom ....07.2017, bei dem sein Fahrzeug Pkw Mercedes Benz S 500 L beschädigt worden ist. Die Haftung der Beklagten, der Haftpflichtversicherin des Unfallgegners, ist dem Grunde nach unstreitig. Der Kläger macht den Wiederbeschaffungsaufwand i.H.v. 4.510,00 Euro, eine Kostenpauschale i.H.v. 30,00 Euro sowie Freistellung von ihm entstandenen Sachverständigenkosten i.H.v. 766,12 Euro geltend. Das Fahrzeug hatte zuvor im Jahr 2014 einen Totalschaden mit teilweise übereinstimmenden Schadensbereichen erlitten.

Mit dem angefochtenen Urteil, auf dessen Tatbestand wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes einschließlich der Anträge bis zum Abschluss der ersten Instanz gemäß § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen wird, hat das Landgericht Bielefeld die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass dem Kläger der Beweis eines konkreten Schadens nicht gelungen sei. Im Hinblick auf den Wiederbeschaffungsaufwand könnten weder der behauptete Wiederbeschaffungswert noch der Restwert festgestellt werden, da dem Gutachter bei seiner diesbezüglichen Kalkulation Vorschäden des Fahrzeugs nicht bekannt gewesen seien. Der Kläger habe auch nicht dargelegt, wann und durch welche Maßnahmen der Vorschaden beseitigt worden sei. Weil der Kläger das Fahrzeug inzwischen veräußert habe, könnten auch durch einen gerichtlich bestellten Sachverständigen keine Feststellungen mehr getroffen werden. Ein Anspruch auf Freistellung von Sachverständigenkosten bestehe nicht, weil das Gutachten deshalb unbrauchbar gewesen sei, weil der Kläger die ihm bekannten Vorschäden verschwiegen habe. Seine Angabe, das Fahrzeug ohne Kenntnis von den Vorschäden gekauft zu haben, sei nicht glaubhaft. Seine Angaben zum nach seinen Angaben erst zwei Monate vor dem Unfall erfolgten Kauf sowie einer angeblichen Inspektion bei der DEKRA, zu dessen näheren Umständen - bspw. Name und Wohnort des Verkäufers, Kaufpreis, Kaufdatum; Ort der DEKRA Niederlassung - der Kläger keinerlei Erinnerung gehabt haben wolle, seien völlig vage und insgesamt unglaubhaft. Eine Kostenpauschale könne der Kläger nicht verlangen, weil ihm kein bezifferbarer Schaden entstanden sei, aufgrund dessen ihm weitere Kosten hätten entstehen können.

Mit der Berufung begehrt der Kläger die Abänderung des angefochtenen Urteils im Sinne seiner erstinstanzlich gestellten Anträge. Zur Begründung trägt er vor, das Landgericht sei zu Unrecht dem angebotenen Beweisantritt nicht nachgegangen. Er habe den Schadengutachter als sachverständigen Zeugen für die Richtigkeit des Gutachtens benannt. Dieser habe eine eigene Wahrnehmung des Fahrzeugs gehabt und könne Ausführungen dazu tätigen, ob noch ein Restschaden vorhanden und ein etwaiger Vorschaden sach- und fachgerecht instandgesetzt worden sei, zudem inwiefern der Unfallcharakter des Fahrzeugs Einfluss auf seine Kalkulation gehabt habe.

II. Die zulässige Berufung hat nach der einstimmigen Überzeugung des Senats keine Aussicht auf Erfolg. Die Angriffe der Berufung rechtfertigen keine Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung. Nach § 513 ZPO kann die Berufung nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO) beruht oder nach § 529 ZPO zugrunde zu legende Tatsachen eine andere - für den Berufungskläger günstigere - Entscheidung rechtfertigen. Beides zeigt die Berufungsbegründung nicht auf.

Das Landgericht hat von einer Vernehmung des durch den Kläger benannten Herrn B als sachverständigen Zeugen im Ergebnis zu Recht abgesehen. Die Nichterhebung dieses Zeugenbeweiseses stellt keinen Verstoß gegen den aus Art. 103 Abs. 1 GG folgenden Anspruch des Klägers auf Gewährung rechtlichen Gehörs wegen unzulässiger Übergehung eines Beweisantritts dar. Eine Vernehmung des Zeugen B hatte weder zu der Frage, ob noch ein Restschaden v...

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