Entscheidungsstichwort (Thema)
Härteausgleich. Gesamtstrafe. nachträgliche Gesamtstrafe. Tagessatzhöhe
Leitsatz (amtlich)
1. In einer Konstellation, in der eine nachträgliche Gesamtstrafenbildung wegen vollständiger Vollstreckung einer früher verhängten Strafe ausscheidet, ist ein Härteausgleich vorzunehmen ist.
2. Zur Bewertung der Härte und des vorzunehmenden Ausgleichs ist zu betrachten, wie eine nachträgliche Gesamtstrafenbildung, wäre sie in dem jetztigen Urteil möglich gewesen, ausgesehen hätte.
3. Zur eigenen Entscheidung des Revisionsgerichts analog § 354 Abs. 1 StPO.
4. Zu den Grenzen der Vornahme eines Härteausgleichs im Wege des sog. "Vollstreckungsmodells".
Normenkette
StGB § 55; StPO § 354 Abs. 1; StGB § 54
Verfahrensgang
LG Dortmund (Aktenzeichen 42 Ns 145/13) |
Tenor
Die Revision wird mit der Maßgabe verworfen, dass die Höhe des einzelnen Tagessatzes (bzgl. Einzelstrafen und Gesamtstrafe) auf 14 Euro festgesetzt wird.
Die Kosten des Rechtsmittels trägt die Angeklagte.
Gründe
I.
Das Amtsgericht hat die Angeklagte wegen Betruges in drei Fällen zu einer Gesamtgeldstrafe von 180 Tagessätzen zu je 15 Euro verurteilt. Die zu Grunde gelegten Einzelstrafen beliefen sich auf 120 sowie 90 und 90 Tagessätze. Auf die Berufung der Angeklagten, die wirksam auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt worden war, hat das Landgericht die Strafverfolgung bzgl. einer der Taten, die mit 90 Tagessätzen Einzelstrafe bedacht worden war, vorläufig nach § 154 StPO eingestellt und die Angeklagte im Übrigen unter Aufhebung des amtsgerichtlichen Urteils wegen Betruges zu einer Gesamtgeldstrafe von 110 Tagessätzen zu je 15 Euro verurteilt, wobei es Einzelstrafen von 90 und 80 Tagessätzen festgesetzt hat.
In der Strafzumessung des angefochtenen Urteils führt die Strafkammer aus, dass eine nachträgliche Gesamtstrafenbildung mit den Strafen aus dem Urteil des Amtsgerichts Dortmund vom 16.01.2012 (25 Tagessätze zu je 10 Euro) und dem Urteil des Amtsgerichts Herne vom 08.08.2012 (90 Tagessätze zu je 5 Euro), die ihrerseits in einem Gesamtstrafenbeschluss des Amtsgerichts Herne vom 12.11.2012 zu einer Gesamtgeldstrafe von 110 Euro zu je 5 Euro zusammengefasst worden waren, ausscheide. Deswegen habe das Landgericht bei der Gesamtstrafenbildung einen Härteausgleich vorgenommen. Statt der an sich für angemessen erachteten 140 Tagessätze habe es nur auf 110 Tagesätze erkannt. Wäre eine Gesamtstrafenbildung möglich gewesen, so wäre sie nicht auf die Tagessatzhöhe aus den früheren Erkenntnissen beschränkt gewesen. Der Nachteil, der durch die fehlende Möglichkeit der Gesamtstrafenbildung entstanden sei, würde durch die nunmehr vorgenommene Reduzierung merklich, wenn auch nicht gänzlich, aufgewogen.
Gegen das Urteil wendet sich die Angeklagte mit der Revision, mit der sie eine Verletzung materiellen Rechts rügt. Sie meint, die Urteilsfeststellungen erster Instanz in Verbindung mit den ergänzenden Feststellungen des Landgerichts ergäben nicht die Voraussetzungen des Betruges. Sie hält eines Tagessatzzahl von 80 für die zweite Tat für überhöht und meint, der Härteausgleich sei unzutreffend vorgenommen worden. Die Tagessatzhöhe für die nicht einbezogenen Strafen sei in den früheren Entscheidungen rechtskräftig festgelegt worden. Außerdem seien diese zu 110 Tagessätzen zusammengezogen worden. Nunmehr weitere 110 Tagessätze Gesamtgeldstrafe zu verhängen, führe zu einer derartigen Erhöhung der höchsten Geldstrafe, die einer besonderen Begründung bedürfe.
Die Generalstaatsanwaltschaft Hamm hat beantragt, die Revision gem. § 349 Abs. 2 StPO zu verwerfen.
II.
Die zulässige Revision hat nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen - geringfügigen - Umfang Erfolg. Im Übrigen ist sie offensichtlich unbegründet i.S.d. § 349 Abs. 2 StPO.
1.
Der vom Landgericht vorgenommene Härteausgleich weist einen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten auf.
a) Zutreffend geht das Berufungsgericht noch davon aus, dass eine nachträgliche Gesamtstrafenbildung mit den Einzelstrafen, die dem Gesamtstrafenbeschluss des Amtsgerichts Herne zu Grunde lagen, zwar an sich geboten gewesen wäre, hier aber ausschied, da die in dem genannten Beschluss verhängte Gesamtstrafe bereits vollständig bezahlt war. Eine nachträgliche Gesamtstrafenbildung ist aber nur möglich, bevor die früher erkannten Strafen vollständig vollstreckt sind (§ 55 Abs. 1 S. 1 StGB). Zutreffend geht das Berufungsgericht auch davon aus, dass in einer solchen Konstellation, in der eine nachträgliche Gesamtstrafenbildung ausscheidet, ein Härteausgleich vorzunehmen ist. Scheitert eine nach § 55 StGB an sich mögliche nachträgliche Gesamtstrafenbildung, so erfordert die darin liegende Härte, nämlich dass nun an sich zwei isolierte (Gesamt-)Strafen, die nicht nach den §§ 54, 55 StGB in einer den Täter begünstigenden Weise auf eine einheitliche Gesamtstrafe zurückgeführt werden konnten, einen angemessenen Ausgleich (BGH NJW 2011, 868 m.w.N.). Dieser Ausgleich ist - in den Urteilsgründen erkennbar - grds. bei der Bildung der (neuen) Gesamtstr...