Verfahrensgang

LG Bielefeld (Aktenzeichen 6 O 545/12)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde des Beklagten zu 4. vom 10.03.2016 wird der Kostenfestsetzungsbeschluss I der Rechtspflegerin der 6. Zivilkammer des Landgerichts Bielefeld vom 05.02.2016 dahingehend abgeändert, dass

auf Grund des Urteils des Oberlandesgerichts Hamm vom 16.07.2015 (I-10 U 38/14) und auf Grund des Urteils des Landgerichts Bielefeld vom 27.03.2014

von dem Kläger 152.967,31 EUR EUR

- einhundertzweiundfünfzigtausendneunhundertsiebenundsechzig Euro und einunddreißig Cent -

nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit dem 17.09.2015

an den Beklagten zu 4. zu erstatten sind.

Die weitergehende sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen der Kläger zu 2/3 und der Beklagte zu 4. zu 1/3.

Es wird angeordnet, dass die Gebühr KV 1812 auf die Hälfte ermäßigt wird.

 

Gründe

Auf die sofortige Beschwerde war der angefochtene Kostenfestsetzungsbeschluss wie aus dem Tenor ersichtlich teilweise abzuändern.

I. Die sofortige Beschwerde ist zulässig, insbesondere ist sie fristgerecht eingelegt worden. Der Kostenfestsetzungsbeschluss I vom 05.02.2016 ist dem Beklagten zu 4. ausweislich Empfangsbekenntnis (Bl. 1631) am 07.03.2016 zugestellt worden, und die sofortige Beschwerde ist am 11.03.2016 beim Landgericht eingegangen (Bl. 1632).

II. Das Rechtsmittel erweist sich auch als teilweise begründet.

1. An außergerichtlichen Kosten erster Instanz kann der Beklagte zu 4. die Fahrt eines Anwalts zum Gerichtstermin am 12.12.2013 in vollem Umfang beanspruchen und nicht nur in Höhe der fiktiven Fahrtkosten eines an seinem Wohnort ansässigen Rechtsanwalts zum Gerichtsort. Des Weiteren kann der Beklagte zu 4. die Kosten für vier Fahrten zu Besprechungsterminen mit den weiteren Beklagten und Prozessbevollmächtigten in dem Umfang ersetzt verlangen, wie sie für Informationsreisen des Beklagten zu 4. zu seinem eigenen Prozessbevollmächtigten entstanden wären. Die Kosten einer Reise für die Besprechung mit dem eigenen Haftpflichtversicherer sind hingegen nicht erstattungsfähig.

a) Fahrtkosten seines Anwalts zum Gerichtstermin in C am 12.12.2013 kann der Beklagte zu 4. im angemeldeten und nachgewiesenen Umfang von 127,31 EUR statt der vom Landgericht zugebilligten 31,03 EUR - jeweils nebst Umsatzsteuer - verlangen.

aa) Die Erstattungsfähigkeit der Reisekosten als Auslagen des Rechtsanwalts richtet sich nach § 91 Abs. 2 S. 1 ZPO. Danach sind Reisekosten eingeschränkt erstattungsfähig für den Rechtsanwalt, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt. Die Kosten eines solchen Rechtsanwalts kann die obsiegende Partei nur insoweit erstattet verlangen, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war.

Beauftragt wie im vorliegenden Fall eine Partei, die im eigenen Gerichtsstand klagt oder verklagt wird, mit ihrer Vertretung einen auswärtigen Rechtsanwalt, der beim Prozessgericht zwar postulationsfähig war, aber nicht zugelassen ist, handelt es sich bei dem dadurch anfallenden Mehraufwand nach der Rechtsprechung des BGH regelmäßig nicht um Kosten, die für eine zweckentsprechende Rechtsverfolgung oder

-verteidigung notwendig sind (BGH, NJW 2003, 901, 902). Denn maßgeblich für die Frage der Notwendigkeit einer bestimmten Rechtsverfolgungs- oder Rechtsverteidigungsmaßnahme ist im Rahmen einer typisierenden Betrachtungsweise die Sicht einer vernünftigen, kostenbewussten Partei (BGH am angegebenen Ort). Diese wird in aller Regel wegen der geringeren Kosten und auch wegen der einfacheren Möglichkeiten der persönlichen Unterrichtung und Beratung einen beim Prozessgericht zugelassenen Rechtsanwalt beauftragen (BGH am angegebenen Ort). In Ausnahme von diesem Grundsatz wird die Beauftragung eines spezialisierten auswärtigen Rechtsanwalts als notwendig angesehen, wenn ein vergleichbarer ortsansässiger Rechtsanwalt nicht beauftragt werden kann (BGH am angegebenen Ort mit weiteren Nachweisen sowie BGH, Beschluss vom 20.12.2011, XI ZB 13/11, juris Rn. 9 mit weiteren Nachweisen).

Ob ein vergleichbarer ortsansässiger Rechtsanwalt zur Verfügung steht, ist ebenfalls aus der Sicht eines verständigen, nicht notwendigerweise rechtskundigen Beteiligten zu beurteilen (Finanzgericht Hamburg, Beschluss vom 20.12.2012, 3 KO 209/11, juris Rn. 46 m. w. N.). Die Vergleichbarkeit richtet sich danach, ob der auswärtige Anwalt gegenüber anderen ortsansässigen Rechtsanwälten besondere Fachkenntnisse in einer den konkreten Fall betreffenden rechtlichen Spezialmaterie hat und/oder besondere zur Fallbearbeitung notwendige Kenntnisse auf tatsächlichem Gebiet (Finanzgericht Hamburg am angegebenen Ort juris Rn. 48; ebenso Sozialgericht Schwerin, Beschluss vom 17.04.2015, S 23 SF 42/12 E juris Rn. 14; Mayer, Erstattungsfähige Reisekosten des Spezialanwalts, NJW 2014, 2913, 2914). Dabei ist nicht allein maßgeblich, ob am Ort des Prozessgerichts bz...

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