Leitsatz (amtlich)
1. Ein Anspruch auf Nutzungsentgelt ergibt sich bei einer zum Gesamtgut gehörenden, von nur einem Ehegatten bewohnten Immobilie gem. § 1472 Abs. 3 Hs. 1 BGB aus der Verpflichtung zur Mitwirkung an Verwaltungsmaßnahmen der Gemeinschaft; es gelten die zur vergleichbaren Regelung des § 745 Abs. 2 BGB entwickelten Grundsätze.
2. Auch wenn der Anspruch auf das Nutzungsentgelt nach § 1473 Abs. 1 BGB zunächst der Gesamthand zusteht, kann unter den Umständen des Einzelfalls ein unmittelbarer Antrag auf Zahlung an sich durch den nicht die Immobilie nutzenden Ehegatten gestellt werden.
Normenkette
BGB § 745 Abs. 2, § 1472 Abs. 3 Hs. 1, § 1473 Abs. 1, § 1455 Nr. 6, §§ 1420, 1360-1361, 1476 Abs. 2, § 1467 Abs. 1, § 1468
Verfahrensgang
AG Ahaus (Beschluss vom 19.03.2015; Aktenzeichen 12 F 171/14) |
Tenor
Der Senat beabsichtigt, von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 68 Abs. 3 S. 2 FamFG abzusehen und auf die Beschwerde des Antragsgegners vom 17.4.2015 den Beschluss des AG - Familiengericht - Ahaus vom 19.3.2015 (12 F 171/14) abzuändern und den Antrag der Antragstellerin insgesamt zurückzuweisen.
Es besteht Gelegenheit zur abschließenden Stellungnahme binnen 3 Wochen nach Zugang dieser Entscheidung.
Gründe
A. Die Beschwerde des Antragsgegners vom 17.04.2015 gegen den Beschluss des AG - Familiengericht - Ahaus vom 19.03.2015 ist nach § 58 Abs. 1 FamFG statthaft und auch zulässig, sie ist insbesondere innerhalb der Beschwerdefrist gemäß § 63 Abs. 1 FamFG eingelegt und innerhalb der Frist des § 117 Abs. 1 FamFG begründet worden.
B. Auch in der Sache dürfte die Beschwerde nach vorläufiger Bewertung Erfolg haben. Das Familiengericht dürfte im Ergebnis zu Unrecht den Antragsgegner - derzeit - zur Zahlung eines Nutzungsentgeltes an die Antragstellerin für das gemeinsame Haus der Beteiligten verpflichtet haben.
I. Zutreffend geht die Beschwerde zunächst davon aus, dass sich ein Anspruch der Antragstellerin auf Zahlung einer Nutzungsvergütung nicht wie vom Familiengericht angenommen aus § 745 Abs. 2 BGB in entsprechender Anwendung ergibt, da die §§ 1472 ff. BGB eine abschließende Regelung enthalten (vgl. OLG Köln, FamRZ 1993, 713-714; OLG Koblenz, FamRZ 2006, 40-43; jeweils auch juris). Eine Verpflichtung des Antragsgegners zur Zahlung einer Nutzungsentschädigung für den ihm überlassenen Gebrauch des im gemeinschaftlichen Eigentum der Beteiligten stehenden Hausgrundstücks ergibt sich jedoch aus § 1472 Abs. 3 Hs. 1 BGB, aus seiner Verpflichtung zur Mitwirkung an Verwaltungsmaßnahmen der Gemeinschaft (vgl. BGH, NJW-RR 2008, 1674-1678, entgegen: OLG Düsseldorf, FamRZ 1984, 1098-199; offengelassen: OLG Koblenz, a.a.O.; jeweils auch juris). Nach § 1472 Abs. 3 BGB ist jeder Ehegatte dem anderen gegenüber verpflichtet, zu Maßregeln mitzuwirken, die zur ordnungsgemäßen Verwaltung des Gesamtgutes erforderlich sind. Auch im Rahmen der Verwaltung des Gesamtgutes gelten insofern die zur vergleichbaren Regelung des § 745 Abs. 2 BGB entwickelten Grundsätze (vgl. BGH, a.a.O.). Ein für die Frage eines Nutzungsentgeltes wesentlicher Unterschied zwischen der Bruchteilsgemeinschaft einerseits und der Gesamthandsgemeinschaft im Falle der Gütergemeinschaft andererseits besteht nicht. Zwar ist in der Gesamthandsgemeinschaft die selbständige Verfügung über den Anteil ausgeschlossen, die Regelung der Verwaltung kann durch einen Ehegatten allein oder beide gemeinsam ausgeübt werden und es gelten besondere güterrechtliche Bestimmungen über Auflösung, Auseinandersetzung, Ausgleichsansprüche; jedoch ist beiden Fallgestaltungen gemeinsam, dass die Nutzung des gemeinschaftlichen Eigentums zunächst - in der Regel aufgrund stillschweigender Vereinbarung - gemeinsam erfolgte, und dass sich die Nutzungsverhältnisse z.B. durch den Auszug eines Ehegatten aus der zum gemeinschaftlichen Eigentum gehörenden Wohnung und die endgültige Trennung der Eheleute grundlegend ändern (vgl. OLG Bamberg, FamRZ 1987, 703 ff, auch juris). Die in der Trennung der Ehegatten, die bisher ein in ihrem Miteigentum stehendes Haus gemeinschaftlich bewohnt hatten, liegende grundlegende Änderung der Verhältnisse führt dazu, dass jeder Ehegatte nach § 1472 Abs. 3 BGB eine Neuregelung der Verwaltung und Benutzung verlangen kann, die nach billigem Ermessen dem Interesse beider Ehegatten entspricht. Auch für den weichenden Ehegatten ergibt sich aus § 1472 Abs. 3 BGB insbesondere ein Recht auf Mitbenutzung (vgl. Palandt/Brudermüller, BGB, 74. Auflage, § 1472, Rn. 1). Eine Neuregelung der Verwaltung und Benutzung wird also, wenn der im Haus verbliebene Ehegatte dieses auch weiterhin bewohnen will und keine weiteren für die Hausfinanzierung aufgenommenen Kredite zu bedienen sind, wie bei einer Bruchteilsgemeinschaft regelmäßig darin liegen, dass der verbliebene Ehegatte eine Nutzungsentschädigung zahlt (vgl. BGH, a.a.O.; zur Bruchteilsgemeinschaft: FamRZ 1982, 355 f.; FamRZ 1986, 434, 435; FamRZ 1993, 676, 678).
II. Der sich danach aus § 1472 Abs. 3 BGB als Folge der Ne...