Verfahrensgang

LG Münster (Aktenzeichen 16 O 270/07)

 

Tenor

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.

Die Kosten des Rechtsstreits und die Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen jeweils die Klägerin zu 15% und der Beklagte zu 85%.

 

Gründe

Mit Antrag vom 25.05.2007 beantragte die Klägerin die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für eine Klage auf Rückzahlung eines Betrages iHv 6.007,68 EUR gegen den Beklagten mit der Begründung, es sei im Jahre 1998 vereinbart worden, dass der Beklagte ihm einen zunächst für 3 Monate darlehensweise überlassenen Betrag iHv 10.000 DM ab 01.04.1998 treuhänderisch für die Klägerin habe anlegen sollen. Hilfsweise war beabsichtigt, die Rückzahlung lediglich des Darlehensbetrages iHv 5.112,92 EUR zu beantragen. Anlass für das Prozesskostenhilfegesuch war, dass der Beklagte trotz anwaltlichen Aufforderungsschreibens vom 26.04.2007 weder Auskunft über die Anlage des Betrages und deren Entwicklung erteilt noch den Betrag zurückgezahlt hatte.

Im Rahmen des Prozesskostenhilfeverfahrens ließ er mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 15.06.2007 mitteilen, inzwischen einen Betrag iHv 5.126,04 EUR auf das Konto der klägerischen Bevollmächtigten überwiesen zu haben. Tatsächlich wurde der Betrag dem Konto des Beklagten jedoch erst unter dem 26.06.2007 belastet, so dass der klägerische Bevollmächtigte am 25.05.2007 eine Anfrage des Landgerichts dahingehend beantwortete, dass bislang ein Geldeingang nicht festzustellen sei. Daher wurde der Klägerin mit Beschluss des LG Münster vom 02.07.2007 antragsgemäß Prozesskostenhilfe bewilligt. Die Klage wurde dem Beklagten über seine Bevollmächtigten am 06.07.2007 zugestellt. Nach Feststellung des Geldeingangs nahm die Klägerin die Klage zurück. Die Parteien stellten wechselseitige Kostenanträge.

Mit angefochtenem Beschluss vom 17.10.2007 hat das Landgericht die Kosten des Rechtsstreits dem Beklagten gemäß § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO auferlegt, der auch bei einer Erledigung vor Anhängigkeit anwendbar sei; durch seine Nichtreaktion auf das vorprozessuale Schreiben vom 26.04.2007 habe der Beklagte Anlass zur Einreichung des Prozesskostenhilfegesuchs gegeben.

Hiergegen wendet sich der Beklagte mit der Beschwerde mit dem Begehren, der Klägerin unter Aufhebung des Beschlusses vom 17.10.2007 die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen. Er ist der Ansicht, keinen Anlass zur Erhebung einer Zahlungsklage, sondern allenfalls zu der einer Auskunftsklage gegeben zu haben.

Insbesondere habe er noch innerhalb der ihm im Rahmen des Prozesskostenhilfeverfahrens eingeräumten Stellungnahmefrist die Zahlung veranlasst.

Die Klägerin schließt sich mit dem Antrag, die Beschwerde zurückzuweisen, der Rechtsansicht des angegriffenen Beschlusses an.

Die erstinstanzlich erkennende Einzelrichterin hat der Beschwerde mit Beschluss vom 14.12.2007 unter Vertiefung der Gründe des angegriffenen Beschlusses nicht abgeholfen.

Wegen des weiteren Vortrags der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.

II.

Die gemäß den §§ 269 Abs. 5, 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO zulässige sofortige Beschwerde hat in der Sache nur teilweise Erfolg.

1.

Gemäß § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO bestimmt sich die Kostentragungslast dann unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstand nach billigem Ermessen, wenn der Anlass zur Einreichung der Klage vor Rechtshängigkeit weggefallen ist und die Klage daraufhin zurückgenommen wird.

Diese Vorschrift ist auch dann anwendbar, wenn die Klagerücknahme nach Eintritt der Rechtshängigkeit erfolgt ist. Nach ihrem Wortlaut ist nämlich alleine ausschlaggebend, ob der Klageanlass vor Rechtshängigkeit weggefallen ist; dass auch die Klagerücknahme vor Rechtshängigkeit erfolgen müsste, kann ihm nicht entnommen werden. Auch dem Gesetzeszweck lässt sich eine derartige Beschränkung nicht entnehmen. Die Regelung sollte es aus Gründen der Prozessökonomie ermöglichen, in den Fällen des Wegfalls des Klagegrunds vor Rechtshängigkeit einem materiellrechtlichen Kostenerstattungsanspruch Rechnung zu tragen, ohne dass ein neues Verfahren erforderlich wird; eine Unterscheidung danach, ob die Klagerücknahmeerklärung vor oder nach Eintritt der Rechtshängigkeit erfolgte, war vom Gesetzgeber nicht ins Auge gefasst worden (vgl. hierzu BT-Drs. 14/4722, S. 81). Das Bedürfnis nach einer prozessökonomischen Lösung der Kostenfrage besteht in allen Fällen des Wegfalls des Klageanlasses vor Eintritt der Rechtshängigkeit, ohne dass es dabei darauf ankäme, ob der Kläger vor oder nach Eintritt der Rechtshängigkeit mit der Klagerücknahme auf den Wegfall reagiert hat, weil in allen diesen Fällen ohne die Regelung des § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO eine Berücksichtigung eines materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruches im Ausgangsverfahren nicht möglich wäre. Im Übrigen zeigt der durch das 1. JuMoG eingeführte letzte Halbsatz des § 269 Abs. 3 ZPO, wonach § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO auch auf die Fälle anwendbar ist, in denen die Klagerücknahme vor Eintritt der Rechtshängigkeit erklärt worden ist, dass die Anwendbarkeit dieser...

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