Verfahrensgang
LG Bochum (Aktenzeichen 21 KLs I 5/07) |
Tenor
Der Antrag wird abgelehnt.
Gründe
Der Antragsteller begehrt für seine Tätigkeit als Pflichtverteidiger des ehemaligen Angeklagten X gemäß § 51 RVG eine über die gesetzlichen Gebühren und auch über die Wahlverteidigerhöchstgebühr hinausgehende Pauschgebühr in Höhe von 14.700,00 €. Wegen der Einzelheiten des Vorbringens wird auf den Antrag vom 28. Dezember 2011 Bezug genommen.
Zu diesem Antrag hat der Vertreter der Staatskasse unter dem 26. April 2012 dem Grunde nach befürwortend Stellung genommen, den Tätigkeitsumfang des Antragstellers zutreffend dargestellt, das Verfahren in der Gesamtschau für schon besonders schwierig in tatsächlicher Hinsicht erachtet und den besonderen Umfang des Verfahrens vor der Strafkammer für den Antragsteller im Sinne des § 51 Abs. 1 S. 1 RVG als bereits gegeben angesehen. Wegen der Ausführungen im Einzelnen wird auf den Inhalt der vorgenannten Stellungnahme verwiesen, auf welche der Antragsteller unter dem 21. Mai 2012 erwidert hat.
Der Antrag auf Festsetzung einer Pauschgebühr war abzulehnen:
Nach § 51 Abs. 1 Satz 1 RVG ist auf Antrag eine über die Gebühren nach dem Vergütungsverzeichnis hinausgehende Pauschgebühr für das gesamte Verfahren oder von Teilen davon zu gewähren, wenn die gesetzlichen Gebühren wegen des besonderen Umfangs oder der besonderen Schwierigkeit als nicht zumutbar anzusehen sind. Die Pauschgebühr soll jedoch nach dem Willen des Gesetzgebers, der die Rechtsanwaltsvergütung insbesondere für den Bereich der Pflichtverteidigung erheblich verbessert hat, Ausnahmecharakter haben (BTDrucks. 15/1971, S. 201, 202; Burhoff, RVG, 3. Aufl., § 51, Rn. 1, 10). Sie soll lediglich eine unzumutbare Benachteiligung - die neben den besonderen Umfang und/oder die besondere Schwierigkeit der Sache treten muss - des Verteidigers, der als Pflichtverteidiger tätig geworden ist, verhindern (vgl. Senatsbeschlüsse vom 19. Juli 2011 - III-5 RVGs 45/11 - und 2. Dezember 2011 - III-5 RVGs 84/11 - jeweils m.w.N.; Hartmann, Kostengesetze, 42. Aufl., RVG, § 51 Rdnr. 2).
Hinsichtlich des Ausmaßes der entfalteten Tätigkeit und der dazu korrespondierenden Frage einer etwaigen Unzumutbarkeit der gesetzlichen Gebühren ist zusätzlich zu beachten, dass es zwar einerseits dem bestellten Rechtsanwalt grundsätzlich selbst obliegt, in eigener Verantwortung über die Art der Verteidigungsstrategie und den daraus resultierenden Umfang der eigenen Tätigkeit zu entscheiden. Andererseits darf jedoch gleichzeitig nicht außer Acht gelassen werden, dass es sich bei der Bestellung zum Pflichtverteidiger um eine eine besondere Form der Indienstnahme Privater zu öffentlichen Zwecken handelt, deren Sinn nicht darin besteht, dem Anwalt zu seinem eigenen Nutzen und Vorteil eine zusätzliche Gelegenheit beruflicher Betätigung zu verschaffen. Zweck ist vielmehr allein, im öffentlichen Interesse dafür zu sorgen, dass der Angeklagte in schwerwiegenden Fällen rechtskundigen Beistand erhält und ein ordnungsgemäßer Verfahrensablauf gewährleistet wird (vgl. BVerfG, Beschluss vom 20. März 2007, 2 BvR 51/07, NStZ-RR 2007, 359 f.).
Demensprechend kann auch im Rahmen der Entscheidung über die Zubilligung einer Pauschgebühr nicht außer Betracht bleiben, ob die jeweils entfaltete anwaltliche Tätigkeit bei objektiver Betrachtung zur ordnungsgemäßen Verteidigung des Angeklagten tatsächlich geboten bzw. bei Zubilligung eines entsprechenden Ermessensspielraums zumindest noch als objektiv sinnvoll anzusehende Handlung zur Wahrung der Interessen des Angeklagten anzusehen war.
Demzufolge hat die anwaltliche Tätigkeit, die nicht zu einer sachgerechten Verteidigung, sondern im Rahmen bloßer Konfliktverteidigung entfaltet wird, bei der Entscheidung über die Bewilligung einer Pauschgebühr unberücksichtigt zu bleiben (vgl. OLG Köln, Beschluss vom 02. Dezember 2005, 2 ARs 223/05, zitiert nach [...]).
Ebenso verhält es sich bei Tätigkeiten des Verteidigers, deren Umfang in keinem vernünftigen Verhältnis zum denkbaren Erfolg steht. Eine anwaltliche Tätigkeit, welche von einem verständig denkenden Angeklagten angesichts eines ersichtlichen Missverhältnisses des möglichen Erfolges zum wirtschaftlichen Aufwand im Rahmen eines Wahlmandates nicht in Auftrag gegeben würde, kann dementsprechend auch im Rahmen der Zubilligung einer Pauschgebühr keine Berücksichtigung finden. Eine andere Betrachtung würde dazu führen, Angeklagte zu benachteiligen, die sich durch einen Wahlverteidiger vertreten lassen. Denn dem von einem Pflichtverteidiger vertretenen Angeklagten stünde es frei, zumindest zunächst ohne eigenes finanzielles Risiko auch objektiv sachfremden und aussichtslos erscheinenden Verteidigungsaufwand zu betreiben.
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze kommt vorliegend die Festsetzung einer Pauschgebühr nicht in Betracht. Es ist bereits zweifelhaft, ob die Sache gemessen an sonstigen vor der großen Strafkammer anhängigen Verfahren tatsächlich bereits als besonders umfangreich anzusehen ist. Bei ...