Leitsatz (amtlich)
Zur Bemessung des Zuständigkeitsstreitwerts einer unbezifferten Klage auf Schmerzensgeld und zur fehlenden Bindungswirkung eines Verweisungsbeschlusses, der auf einem zu niedrig bemessenen Streitwert für den Schmerzensgeldantrag beruht.
Normenkette
ZPO § 36 Abs. 1 Nr. 6, § 281
Verfahrensgang
Tenor
Sachlich zuständig ist das LG T.
Gründe
I. Die Klägerin hat vor dem LG T Klage erhoben, mit der sie Schmerzensgeld und Heilbehandlungs- und Fahrtkosten in Höhe von 413,88 Euro geltend macht.
Sie trägt mit der Klageschrift vor, sie sei im Ausgangsbereich einer J-Filiale in T über eine aufgrund der Farbgebung des Untergrunds nicht erkennbare Teppichwelle gestolpert, die sich auf einer Schmutzfangmatte gebildet hatte. Sie habe sich dabei eine Ruptur der Supraspinatussehne mit Grad Bateman 3 bei Impringementsyndrom Grad 3 nach Neer, eine Tendopathie der langen Bizepssehne zugezogen, die operativ bei einem Krankenhausaufenthalt vom 19. bis zum 21.08.2015 behandelt worden seien. Festgestellt worden seien ferner eine aktive AGG-Degeneration, eine Synovitis des Schultergelenks links und eine begeitende Bursitis. Angeschlossen an den Krankenhausaufenthalt hätten sich über einen Zeitraum von 16 Wochen Nachsorgemaßnahmen sowie physiotherapeutische Maßnahmen bis zum 27.01.2016.
In der Klageschrift gibt die Klägerin einen vorläufigen Streitwert von 8.413,88 Euro an. Sie hat den Antrag angekündigt, die Beklagte zu verurteilen, an sie ein angemessenes Schmerzensgeld sowie Heilungs- und Fahrtkosten in Höhe von 413,88 Euro - jeweils nebst Nebenforderungen - zu zahlen. Sie hat ferner unter Hinweis auf eine Entscheidung des OLG Naumburg darauf hingewiesen, dass die Rechtsprechung in vergleichbaren Fällen ein Schmerzensgeld in Höhe von (inflationsbereinigt) 8.000 Euro zugesprochen habe, die exakte Bestimmung jedoch dem Ermessen des Gerichts überlassen.
Das LG T hat durch Beschluss vom 18.03.2016 den Wert für die Zuständigkeit auf 4.413,88 Euro festgesetzt und in den Gründen des Beschlusses ausgeführt, die offensichtlich übertriebene Einschätzung der Klägerin habe mit der Rechtsprechung des BGH bei der Festsetzung des Streitwerts außer Betracht zu bleiben. Angemessen sei, wozu das LG auf eine Entscheidung des LG Bonn und eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Brandenburg hingewiesen hat, ein Schmerzensgeld in der Größenordnung von 4.000 Euro. Es hat die Klägerin mit Übersendung des Streitwertbeschlusses auf die fehlende Zuständigkeit des LG T hingewiesen und angefragt, ob Verweisung beantragt werde. Gleichzeitig hat es die Klage der Beklagten zugestellt und den Streitwertbeschluss sowie den Hinweis der Beklagtenseite übersandt und mitgeteilt, dass auf einen Verweisungsantrag zu verweisen beabsichtigt sei.
Mit Schriftsatz vom 05.04.2016 hat die Klägerin darauf hingewiesen, dass nach ihrer Ansicht auch nach den Ausführungen des Gerichts das LG erstinstanzlich zuständig sei, da ein Schmerzensgeld von mehr als 5.000 Euro im Raum stehe. In dem von dem LG zitierten Urteil des Oberlandesgerichts Brandenburg sei tatsächlich ein Schmerzensgeld von 4.500 Euro ausgelobt worden, wobei eine Vorschädigung der verletzten Schulter berücksichtigt worden sei, die hier fehle. Das Urteil des Oberlandesgerichts Naumburg komme durchaus, gegebenenfalls mit geringen Abschlägen, als Richtwert in Betracht. Daher sei vorliegend das LG T sachlich nicht zuständig.
Das LG hat daraufhin die Klägerseite darauf hingewiesen, dass der Schriftsatz keine Veranlassung gebe, den festgesetzten Streitwert für die Zuständigkeit abzuändern. Insofern müsse im Rahmen einer etwaigen Schmerzensgeldzumessung aller Voraussicht nach ein Mitverschulden der Klägerin mindernd berücksichtigt werden mit der Folge, dass ein Schmerzensgeld über dem Streitwertbeschluss angenommenen Größenordnung mehr als unwahrscheinlich sei. Es hat erneut angefragt, ob Verweisung beantragt werde.
Mit Schriftsatz vom 28.04.2016 hat die Klägerin "nach den erneuten Ausführungen des Gerichts vom 06.04.2016 und der offensichtlich bereits vorab erfolgten Festlegung auf ein Schmerzensgeld unterhalb von 5.000 Euro" Verweisung des Rechtsstreits an das AG T beantragt.
Das LG T hat sich durch Beschluss vom 23.05.2016 für sachlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das AG T verwiesen. In den Gründen des Beschlusses ist ausgeführt, das LG sei sachlich unzuständig, weil der festgesetzte Zuständigkeitsstreitwert die Schwelle von 5.000 Euro nicht übersteige.
Das AG T hat durch Beschluss vom 14.06.2016 die Übernahme des Rechtsstreits abgelehnt. Die Verweisung sei nicht bindend, weil die Festsetzung des Zuständigkeitsstreitwerts auf 4.413,88 Euro, die Grundlage der Verweisung bilde, willkürlich erfolgt sei und der Verweisungsbeschluss sich daher auch als willkürlich darstellte.
II.1. Die Voraussetzungen für eine Zuständigkeitsbestimmung gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO liegen vor.
a) Sowohl das LG T als auch das AG T haben sich rechtskräftig für sachlich unzuständig erklärt.
b) Das Oberlandesgericht Hamm is...