Verfahrensgang
AG Schwelm (Aktenzeichen 90 Lw 35/06) |
Tenor
Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.
Das Amtsgericht - Landwirtschaftsgericht - Schwelm wird angewiesen, bei seiner Entscheidung über die Erteilung des Hoffolgezeugnisses von seinen Bedenken hinsichtlich der Wirtschaftsfähigkeit des Beteiligten zu 1) Abstand zu nehmen.
Die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens werden dem Beteiligten zu 2) auferlegt. Eine Erstattung der außergerichtlichen Kosten der Beteiligten im Beschwerdeverfahren findet nicht statt.
Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 93.055,12 EUR festgesetzt.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Die Beteiligten zu 1) und 2) streiten um die Erteilung eines Hoffolgezeugnisses für den im Grundbuch von F2 Blatt, Amtsgericht Schwelm, eingetragenen Hof im Sinne der Höfeordnung "Zipp Nr. 135" in F2.
Die Beteiligten sind Abkömmlinge des letzten Volleigentümers des Hofes X, geboren am 19.9.1882. Dieser errichtete am 8.3. 1955 gemeinsam mit seiner Ehefrau X2 ein privatschriftliches Testament, in dem der Sohn X3, geboren am 2.2.1912, zum Vorerben und dessen Sohn L, geboren am 9.2.1941, zum Nacherben eingesetzt wurde. L ist der Vater der Beteiligten zu 1), 3) und 4). Die Beteiligten zu 2), 5), 6) und 7) sind weitere Kinder des X3 und Geschwister des L.
X verstarb am 27.2.1960. Entsprechend dem Testament vom 8.3.1955 wurde seinem Sohn X3 am 23.7.1960 ein Hoffolgezeugnis erteilt, das jedoch unbeschränkt war und keinen Vermerk wegen der angeordneten Vor- und Nacherbschaft enthielt. Dieses Hoffolgezeugnis ist durch den Beschluss des Amtsgerichts - Landwirtschaftsgericht - Schwelm vom 20.12.1996 in dem Verfahren 90 Lw 18/95 wegen Unrichtigkeit eingezogen worden.
Der Hof hat eine Größe von ca. 26 ha, wobei etwa 20 ha als Ackerfläche genutzt werden können. Der Rest ist im wesentlichen Ödland. Neben der Bewirtschaftung der Ackerflächen wurde Milchvieh gehalten. Grundschulden oder Hypotheken, durch die Verbindlichkeiten abgesichert werden, sind in Abteilung III des Grundbuchs nicht eingetragen. Die letzte Grundschuld über 14.000,00 DM ist am 22.3.1991 gelöscht worden. Mit Vertrag vom 9.9.1976 wurde der Betrieb von X3 geschlossen an seinem Sohn L, den im Testament vom 8.3.1995 vorgesehenen Nacherben, verpachtet. Dieser lebte mit seiner Ehefrau und in der Folgezeit mit den drei Söhnen, den Beteiligten zu 1), 3) und 4) auf dem Hof. Die Familie wohnt auch heute noch dort.
Nachdem es zu Differenzen zwischen X3 und seinem Sohn L gekommen war, wollte X3 mit notariellem Vertrag vom 7.3.1995 den Hof auf seinen Enkel C, den ältesten Sohn des Beteiligten zu 2), übertragen. Der Vertrag ist vom Landwirtschaftsgericht und auch im Beschwerdeverfahren vom Oberlandesgericht Hamm nicht genehmigt worden, weil Walter Werthmann als Vorerbe nicht über den Hof verfügen konnte (Aktenzeichen 90 Lw 13/95 AG Schwelm = 10 W 8/97 OLG Hamm). In diesem Verfahren wurde bereits über die Wirtschaftsfähigkeit des testamentarisch vorgesehen Nacherben L gestritten.
In der Folgezeit gab L die Bewirtschaftung des Hofes auf und beantragte für sich die Betriebsaufgaberente. Die landwirtschaftlichen Nutzflächen wurden etwa 1998/1999 an einen Dritten verpachtet. Das vorhandene Vieh ist etwa im gleichen Zeitraum abgeschafft worden.
X3 verstarb am 30.4.2004. Damit ist der Nacherbfall eingetreten. Der Nacherbe L leidet an einem hirnorganischen Psychosyndrom. Für ihn wurde eine Betreuung eingerichtet und mit Beschluss des Amtsgerichts Schwelm (Aktenzeichen 82 XVII W 359) vom 15.10.2004 Frau V als Betreuerin für Vermögensangelegenheiten bestellt. Den Antrag auf Erteilung des Hoffolgezeugnisses für L hat das Amtsgericht - Landwirtschaftsgericht - Schwelm mit Beschluss vom 15.6.2005 (Aktenzeichen 90 Lw 1/05) wegen fehlender Wirtschaftsfähigkeit des Nacherben zurückgewiesen.
Am 21.12.2006 beantragte der Beteiligte zu 1) als ältester Sohn des im Testament vom 8.3.1955 vorgesehenen Nacherben die Erteilung des Hoffolgezeugnisses für sich. Der Beteiligte zu 1) ist am 12.8.1986 geboren. Er hat einen Hauptschulabschluss erreicht und befindet sich beim F gGmbH - ... - in I seit dem 26.9.2006 bis zum 25.9.2009 in einer dreijährigen Ausbildung zum Gärtner im Bereich Garten- und Landschaftsbau. Ausbildungsstätte ist die M3 & M2 GbR in F2, Zipp 134.
Der Beteiligte zu 1) hat vorgetragen, dass er auf dem elterlichen Hof aufgewachsen sei und - auch durch regelmäßige Mithilfe in Betrieben in der Nachbarschaft - mit den auf dem Hof anfallenden Arbeiten vertraut sei.
Der Beteiligte zu 2) hält den Beteiligten zu 1) und auch seine jüngeren Brüder, die Beteiligten zu 3) und 4), nicht für wirtschaftsfähig. Er hat am 9.5.2007 beantragt, ihm das Hoffolgezeugnis zu erteilen. Der Beteiligte zu 2) ist am 22.6.1947 geboren. Er ist Landwirt im Nebenerwerb und bewirtschaftet einen seiner Ehefrau gehörenden Milchviehbetrieb in Y.
Das Amtsgericht - Landwirtschaftsgericht - hat die Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen, Kreisstelle N angehört. Auf die Stellungna...