Leitsatz (amtlich)
Ein Ordnungsgeld wegen Verstoßes gegen eine gerichtlich gebilligte Umgangsvereinbarung kann auch dann festgesetzt werden, wenn die vorherige Androhung nur im Hinblick auf das Ordnungsgeld vollständig ist, hinsichtlich der Ordnungshaft dagegen der Hinweis auf die maximale Dauer fehlt (wie OLG Frankfurt, FamRZ 2021, 218). Auch ein Hinweis auf die Exkulpationsmöglichkeit (§ 89 Abs. 4 FamFG) ist nicht erforderlich.
Verfahrensgang
AG Bochum (Aktenzeichen 69 F 83/16) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Kindesmutter wird der am 23.11.2021 erlassene Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Bochum teilweise abgeändert.
Gegen die Kindesmutter bleibt ein Ordnungsgeld von 500,00 EUR festgesetzt.
Im Übrigen wird der angefochtene Beschluss aufgehoben und der Antrag des Kindesvaters auf Festsetzung von Ordnungsmitteln zurückgewiesen.
Die weitergehende Beschwerde der Kindesmutter wird zurückgewiesen.
Die Kosten des erstinstanzlichen Vollstreckungsverfahrens und des Beschwerdeverfahrens tragen die Kindesmutter zu 2/3, der Kindesvater zu 1/3.Der Wert für das Beschwerdeverfahren wird auf 500,00 EUR festgesetzt.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I. Das betroffene Kind stammt aus der nichtehelichen Beziehung der beteiligten Kindeseltern. Der Kindesvater beantragte im Jahr 2016 die gerichtliche Regelung der Umgangskontakte mit dem betroffenen Kind. Die Kindeseltern schlossen am 09.12.2016 vor dem Senat zu Az. 13 UF 146/16 eine Umgangsvereinbarung. Hinsichtlich der Sommerferien trafen die Kindeseltern unter Ziff. II. b) des Vergleichs die Regelung, dass der Umgang für die Dauer von zwei Wochen, und zwar in den geraden Kalenderjahren in den ersten zwei Ferienwochen und in ungeraden Kalenderjahren in den zwei letzten vollen Ferienwochen der Sommerferien, von Samstag 10.00 Uhr bis zum Samstag 14 Tage später, 18.00 Uhr, stattfindet. Durch Beschluss vom 09.12.2016 billigte der Senat die Umgangsvereinbarung. Unter Ziff. 2 des Beschlusses wurden die Kindeseltern darauf hingewiesen, dass bei einer Zuwiderhandlung gegen die Vereinbarung ein Ordnungsgeld bis zur Höhe von 25.000,00 EUR sowie für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft angeordnet werden kann und für den Fall, dass die Androhung eines Ordnungsgeldes keinen Erfolg verspricht, Ordnungshaft angeordnet werden kann. Wegen der Einzelheiten und des Wortlauts der Umgangsvereinbarung und des Senatsbeschlusses wird auf das Protokoll zu dem Anhörungstermin vom 09.12.2016 (Bl. 187 ff d.A.) verwiesen.
Im Jahr 2021 kam es zwischen den Kindeseltern wegen der Sommerferienregelung zum Streit. Nach der Umgangsvereinbarung vom 09.12.2016 stand dem Kindesvater das Umgangsrecht in der Zeit von Samstag, den 31.07.2021, 10.00 Uhr, bis Samstag, den 14.08.2021, 18.00 Uhr zu. Der Kindesvater buchte für diesen Zeitraum eine am 01.08.2021 gegen 6.00 Uhr ab Düsseldorf anzutretende Flugreise nach Fuerteventura. Die Kindesmutter hatte ihrerseits mit dem Kind eine bis zum 01.08.2021 dauernde Donau-Flusskreuzfahrt gebucht. Die Kindesmutter bat darum, das Kind später übergeben zu dürfen. Hiermit war der Kindesvater mit Blick auf die gebuchte Flugreise nicht einverstanden. Die Kindesmutter brachte das Kind am 31.07.2021 gegen 20.00 Uhr zum Kindesvater. Die beabsichtigte Flugreise hatte der Kindesvater zuvor storniert.
Mit Antrag vom 07.09.2021 hat der Kindesvater die Festsetzung eines Ordnungsgeldes gegen die Kindesmutter wegen einer Zuwiderhandlung gegen die getroffene Vereinbarung zum Umgang während der Sommerferien beantragt. Die Kindesmutter ist dem entgegen getreten.
Sie hat vorgetragen, an der pünktlichen Übergabe des Kindes aus Gründen höherer Gewalt gehindert gewesen zu sein. Sie habe eine vorzeitige Rückreise für den 30.07.2021 von Wien aus geplant. Aufgrund der Überschwemmungskatastrophe in NRW habe sich dann aber bereits der Reiseantritt um zwei Tage verzögert. Außerdem habe der Veranstalter den Reiseablauf geändert, weshalb sie den gebuchten Flug von Wien nach Düsseldorf am 30.07.2021 nicht habe erreichen können. Von der Änderung des Reiseverlaufs habe sie erst nach dem Einchecken auf dem Schiff erfahren. Statt am 30.07.2021 habe sie erst am 31.07.2021 abreisen und deswegen das Kind erst am Abend des Tages übergeben können. Die Flugreise habe der Kindesvater nicht wegen der verspäteten Übergabe sondern ausschließlich wegen der Corona-Situation storniert; Spanien sei am 27.07.2021 als Hochrisiko-Gebiet ausgewiesen worden. Im Übrigen hätte der Kindesvater mit dem Kind ohne ihre Zustimmung ohnehin nicht in ein Corona-Hochrisiko-Gebiet reisen dürfen.
Das Familiengericht hat gegen die Kindesmutter ein Ordnungsgeld von 500,00 EUR, und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, für je 250,00 EUR Ordnungshaft von einem Tag festgesetzt. Zur Begründung hat das Familiengericht ausgeführt, das Ordnungsgeld sei gem. § 89 FamFG festzusetzen gewesen. Die Kindesmutter habe das Kind schuldhaft verspätet zu dem Kindesvater gebracht. Sie habe seit ...