Entscheidungsstichwort (Thema)
Verjährungseintritt durch belastenden Steuerbescheid auch bei späterer Pflichtverletzung durch Versäumen der Einspruchsfrist
Leitsatz (amtlich)
1. Die Verjährung beginnt auch dann mit Eingang des belastenden (Änderungs-) Steuerbescheids, wenn der Steuerberater es als weitere Pflichtverletzung versäumt, gegen diesen Bescheid Einspruch einzulegen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn der durch die Steuerbescheide entstandene Nachteil durch die Nichteinlegung des Einspruches nicht beseitigt, sondern lediglich vertieft wird.
2. Bis zum 15.12.2004 ist für den Beginn der Verjährungsfrist gem. Art. 229 EGBGB auf die frühere Gesetzeslage nach § 68 StBerG abzustellen.
3. Eine Sekundärverjährung, wonach der beklagte Steuerberater den Anspruchsteller auf einen Fehler hinzuweisen hat, besteht dann nicht, wenn der Anspruchsteller bei Beginn der eventuellen Sekundärverjährung schon anderweitig anwaltlich in der Regressfrage vertreten wird.
4. Dagegen kann der Steuerberater ausstehendes Honorar aus diesem Sachverhalt verlangen; der Anspruchsteller kann die Unbrauchbarkeit der vertraglichen Leistung des Steuerberaters nicht einwenden, da er damit kumulativ einerseits die Bezahlung der Leistung verweigern und andererseits die Verurteilung zu Schadensersatz fordern würde. Sonst würde er im Ergebnis eine ordnungsgemäße Leistung des Steuerberaters erhalten, ohne dafür bezahlen zu müssen.
Gründe
Die beabsichtigte Rechtsverfolgung hat keine Aussicht auf Erfolg im Sinne des § 114 ZPO.
Das Landgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen.
Soweit sich der Kläger auf Pflichtverletzungen des Beklagten vor Erlass der aufgrund der Betriebsprüfung ergangenen belastenden Steuerbescheide stützt und ihm ein Fehlverhalten bei der Erstellung der Einnahme-Überschussrechnungen sowie das ohne Rücksprache mit ihm erklärte Einverständnis mit den von dem Finanzamt vorgenommenen Hinzuschätzungen vorwirft, kann er einen Anspruch aus pVV des Steuerberatervertrages bzw. § 280 Abs. 1 BGB nicht durchsetzen, weil der Beklagte insoweit nach § 214 BGB zu Recht die Leistung wegen zwischenzeitlich eingetretener Verjährung verweigert.
Entgegen der Ansicht des Klägers ist für den Beginn der Verjährungsfrist gemäß Art. 229 § 12 Abs. 1 S. 1, 6 Abs. 1 S. 2 EGBGB auf die bis zum 15.12.2004 geltende Gesetzeslage, d.h. § 68 StBerG abzustellen. Danach begann der Lauf der Verjährungsfrist mit der Entstehung des Schadens, d.h. nach gefestigter Rechtsprechung des BGH mit der Bekanntgabe des belastenden Steuerbescheides. Soweit der Kläger damit argumentiert, dass nach der Rechtsprechung zum Teil darauf abgestellt worden sei, dass der Lauf der Verjährungsfrist spätestens mit der Bestandskraft des Steuerbescheides beginne, verkennt er die Entwicklung der Rechtsprechung des BGH. Dieser hatte zunächst lediglich die Entscheidung darüber, ob die Bekanntgabe oder die Bestandskraft des Steuerbescheides für die Schadensentstehung und damit den Verjährungsbeginn entscheidend ist, dahinstehen lassen, weil sich schon bei Abstellen auf die Bestandskraft ein eindeutiges Ergebnis erzielen ließ, sich dann aber auf den Zeitpunkt der Bekanntgabe des belastenden Steuerbescheides festgelegt.
Soweit der Kläger weiterhin damit argumentiert, dass er selbst die Steuerbescheide erst kurz vor Eintritt der Bestandskraft erhalten habe und aus diesem Grund die Möglichkeit eines Regresses gegen den Beklagten nicht habe prüfen können, berührt dies lediglich die – zu verneinende – Frage, ob darin eine weitere zu einem Schadensersatzanspruch führende Pflichtverletzung. zu sehen ist, für die dann eine andere Verjährungsfrist laufen würde, zwingt aber nicht zu einer abweichenden Beurteilung des für den Verjährungsbeginn bezüglich der davor liegenden Pflichtverletzungen maßgebenden Zeitpunkts.
Da die dreijährige Primärverjährungsfrist aus den genannten Gründen nicht erst am Schluss des Jahres 2002 begann, sondern bereits mit der Bekanntgabe der belastenden Steuerbescheide, d.h. am 28.8.2002, war sie bereits im Zeitpunkt der Einreichung der Klageschrift per Telefax am 22.9.2005 abgelaufen, so dass die Zustellung selbst unter Zugrundelegung der Rückwirkung des § 167 ZPO den Lauf der Verjährungsfrist nicht mehr rechtzeitig gehemmt hätte.
Der Beklagte ist auch nicht gehalten, den Kläger so zu stellen, als sei der Anspruch nicht verjährt. Angesichts dessen, dass dieser bereits am 12.11.2002 in der Regressfrage anwaltlich vertreten war, bedurfte er keiner Aufklärung seitens des Beklagten über das Bestehen eines Regressanspruchs und die hierfür geltende Verjährungsfrist. Vor diesem Hintergrund kann dahinstehen, ob für Fallgestaltungen wie die vorliegende, bei der die Gesetzesänderung zum 15.12.2004 in den Lauf der Primärverjährungsfrist fällt, eine Sekundärverjährung noch in Betracht kommt.
Der Kläger kann einen Schadensersatzanspruch aus § 280 Abs. 1 BGB auch nicht daraus herleiten, dass der Beklagte ihm die belastenden Steuerbescheide erst unmittelbar vor Ablauf der Einspruchsfrist über...