Entscheidungsstichwort (Thema)
Vergütung und Aufwendungsersatz eines zum Berufsbetreuer bestellten Rechtsanwalts
Leitsatz (amtlich)
1. Bei der Entscheidung des Rechtsanwalts, ob er seine Aufwendungen für die Tätigkeit als Berufsbetreuer nach § 1835 Abs. 3 BGB in Verbindung mit Vorschriften des RVG geltend macht oder ob er eine Vergütung nach § 1836 BGB i.V.m. dem VBVG verlangt, handelt es sich weder um ein Wahlrecht i.S.d. § 262 BGB noch um eine Leistungsbestimmung i.S.d. § 315 BGB.
2. Jedenfalls bis zum Eintritt der Rechtskraft einer Entscheidung im Verfahren nach § 56g FGG verliert der Rechtsanwalt, der zunächst die Festsetzung einer nach Zeitaufwand berechneten Vergütung beantragt hat, nicht das Recht, für seine Tätigkeit Aufwendungsersatz nach § 1835 Abs. 3 BGB in Verbindung mit anwaltlichem Gebührenrecht verlangen zu können.
Normenkette
BGB §§ 262, 315, 1835 Abs. 3, § 1836; RVG § 1 Abs. 2 S. 2
Verfahrensgang
LG Detmold (Beschluss vom 18.08.2006; Aktenzeichen 3 T 134/06) |
AG Detmold (Aktenzeichen 23 XVII K) |
Tenor
Die sofortigen weiteren Beschwerden werden zurückgewiesen.
Eine Erstattung außergerichtlicher Auslagen findet nicht statt.
Der Geschäftswert für das Verfahren der sofortigen weiteren Beschwerde wird auf 2.983,98 EUR festgesetzt. Er beträgt im Umfang der Zurückweisung der beiden Rechtsmittel jeweils 1.491 EUR.
Gründe
I. Die zu 1) beteiligte Betroffene leidet seit 1967 an einer zunächst schubförmig, später chronisch-progredient verlaufenden multiplen Sklerose. Zudem erlitt sie in den letzten Jahren mehrere, zum Teil schwere Schlaganfälle. Dadurch bildeten sich bei ihr eine nahezu vollständige Tetraplegie und ein demenzielles Syndrom heraus. Am 30.7.2004 schloss sie mit der Tochter ihres verstorbenen Lebensgefährten, der Beteiligten zu 1), und deren Arbeitskollegin, Frau H, zwei Arbeitsverträge ab. Darin verpflichteten sich die beiden Frauen, gegen ein Bruttomonatsverdienst von jeweils 600 EUR der Betroffenen jeweils 16 Stunden pro Woche im Haushalt zu helfen und sie zu pflegen. Am 20.1.2005 bestellte das AG die Beteiligte zu 2) vorläufig und am 27.4.2005 endgültig zur Betreuerin der Betroffenen mit dem Aufgabenkreis "Gesundheitsfürsorge, alle Vermögensangelegenheiten, Vertretung bei Behörden und Ämtern".
Am 1.9.2005 wandte sich die Beteiligte zu 2) an das Vormundschaftsgericht mit dem Antrag, namens der Betroffenen neue Arbeitsverträge mit Frau H und mit sich selbst abschließen zu dürfen. Zur Begründung führte sie aus, dass die in den Arbeitsverträgen vom 30.7.2004 festgelegten Wochenarbeitszeiten zur Pflege der Betroffenen nicht mehr ausreichten. Deren Pflegebedarf habe sich deutlich erhöht, seit sie über eine Magensonde künstlich ernährt werden müsse und deshalb in der Pflegestufe III sei. Daraufhin bestellte das AG mit Beschluss vom 3.9.2005 die Beteiligte zu 3) als Berufsbetreuerin zur Ergänzungsbetreuerin mit dem Aufgabenkreis "Vertretung der Betroffenen zum Abschluss eines Pflege- und Versorgungsvertrages mit der Betreuerin Frau L2".
In der Folgezeit entwarf die Beteiligte zu 3) je einen Arbeitsvertrag zwischen der Betreuten und der Beteiligten zu 2) sowie Frau H, der jeweils ein Bruttomonatsentgelt von 1.200 EUR vorsah. Zum Abschluss der Verträge kam es indes nicht, insbesondere wegen Differenzen zwischen der Beteiligten zu 3) und der Beteiligten zu 2) sowie Frau y2 der Frage, wie viele Stunden pro Woche die Pflege der Betroffenen in Anspruch nimmt. Mit Beschluss vom 20.2.2006 hob das AG die Ergänzungsbetreuung daher wieder auf.
Mit Schriftsatz vom 13.2.2006 beantragte die Beteiligte zu 3) zunächst, ihr für ihr Tätigwerden als Ergänzungsbetreuerin eine Vergütung i.H.v. 381,14 EUR zu bewilligen. Nachdem die Beteiligte zu 2) namens der Betroffenen Einwendungen gegen diese Abrechnung erhoben hatte, nahm die Beteiligte zu 3) mit Schriftsatz vom 10.3.2006 ihren Antrag vom 13.2.2006 zurück und beantragte stattdessen unter Vorlage ihrer Kostenrechnungen Nr. 24/2006 und 25/2006, ihr für die beiden entworfenen Arbeitsverträge eine Vergütung i.H.v. jeweils 1.491,99 EUR nach anwaltlichem Gebührenrecht zu bewilligen.
Mit Beschluss vom 6.4.2006 setzte das AG die der Beteiligten zu 3) für die Ergänzungsbetreuung zustehende Vergütung antragsgemäß fest.
Gegen diese Entscheidung legte die Beteiligte zu 2) rechtzeitig sofortige Beschwerde ein. Sie vertrat die Auffassung, die Beteiligte zu 3) könne den für Frau H entworfenen Arbeitsvertrag schon deshalb nicht bezahlt verlangen, weil das AG sie nur damit betraut habe, mit ihr, der Beteiligten zu 2), einen neuen Arbeitsvertrag auszuhandeln und abzuschließen. Im Übrigen sei es der Beteiligten zu 3) verwehrt, für ihr Tätigwerden Gebühren nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) zu verlangen. Zum einen sei das Entwerfen eines einfachen Arbeitsvertrages keine juristische Leistung, zumal jedermann derartige Verträge auch kostenlos über das Internet erlangen könne. Auch seien die von der Beteiligten zu 3) entworfenen Verträge unbrauchbar gewesen, weil sie nicht den Wünschen ...