Leitsatz (amtlich)

1. Die in § 14 Abs. 4 S. 1 Nr. 4 AsylVfG vorgesehene Monatsfrist, innerhalb derer ein aus der Haft heraus gestellter erster Asylantrag des Betroffenen zur Haftverschonung führt, bezieht sich auf den Zeitraum zwischen der unerlaubten Einreise und der wirksamen Antragstellung bei dem Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge.

2. Die Anordnung der auf den Haftgrund des § 57 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 AuslG (unerlaubte Einreise) gestützten Abschiebungshaft hat auf den Lauf dieser Frist keinen Einfluss.

 

Normenkette

AsylVfG § 14 Abs. 4 S. 1 Nr. 4; AuslG § 57 Abs. 2 S. 1 Nr. 1

 

Verfahrensgang

AG Paderborn (Aktenzeichen 11 XIV 5495/B)

LG Paderborn (Aktenzeichen 2 T 217/02)

 

Tenor

Die sofortige weitere Beschwerde und der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe werden zurückgewiesen.

 

Gründe

I. Der Betroffene reiste seinen Angaben zufolge im August 2002 mit Hilfe einer Schlepperorganisation über Frankreich in das Bundesgebiet ein. Er wurde am 28.8.2002 auf dem Wochenmarkt in G. bei dem Verkauf von Bekleidung festgenommen. Auf Antrag des Beteiligten zu 2) hat das AG Gelsenkirchen durch Beschluss vom 29.8.2002 gegen den Betroffenen die Abschiebungshaft für die Dauer von längstens drei Monaten angeordnet. Der Betroffene hat mit Schriftsatz seines Verfahrensbevollmächtigten vom 30.10.2002 bei dem AG Gelsenkirchen die Gewährung von politischem Asyl beantragt.

Der Beteiligte zu 2) hat mit Schreiben vom 13.11.2002 beantragt, die Haft für die Dauer von weiteren drei Monaten zu verlängern. Zur Begründung hat er vorgetragen, die Erteilung von Passersatzpapieren für den Betroffenen sei bei dem indischen Generalkonsulat beantragt worden, das Ergebnis der Überprüfung der Identität des Betroffenen aus seinem Heimatland liege jedoch noch nicht vor. Der Asylantrag des Betroffenen sei von ihm, dem Beteiligten zu 2), an das zuständige Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge weitergeleitet worden.

Nach Abgabe der Sache an das AG Paderborn hat dieses den Betroffenen in der Sitzung vom 22.11.2002 unter Zuziehung eines Dolmetschers persönlich angehört. Durch Beschluss vom 26.11.2002 hat das AG die Abschiebungshaft für die Dauer bis längstens zum 28.2.2003 verlängert. In den Gründen seiner Entscheidung hat das AG ausgeführt, es bestehe der Haftgrund nach § 57 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 AuslG, weil der Betroffene im August 2002 unerlaubt in das Bundesgebiet eingereist sei.

Gegen diesen Beschluss hat der Betroffene mit Schriftsatz seines Verfahrensbevollmächtigten vom 18.12.2002 rechtzeitig sofortige Beschwerde eingelegt, die das LG durch Beschluss vom 10.1.2003 zurückgewiesen hat.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die sofortige weitere Beschwerde des Betroffenen, die er mit Schriftsatz seines Verfahrensbevollmächtigten vom 29.1.2003 bei dem LG eingelegt hat. Er beantragt gleichzeitig die Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Verfahren dritter Instanz.

Der Senat hat im Verfahren dritter Instanz durch Rückfrage bei dem Beteiligten zu 2) festgestellt, dass der Asylantrag des Betroffenen am 13.11.2002 bei dem Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge eingegangen und durch Bescheid vom 28.11.2002 als offensichtlich unbegründet abgelehnt worden ist; der Bescheid ist dem Verfahrensbevollmächtigten des Betroffenen am 2.12.2002 zugestellt worden. Gegen diesen Bescheid hat der Betroffene ein verwaltungsgerichtliches Verfahren anhängig gemacht, das derzeit noch nicht abgeschlossen ist.

II. Die sofortige weitere Beschwerde ist nach den §§ 103 Abs. 2 AuslG, 7 Abs. 1, 3 S. 2 FEVG, 27, 29 FGG statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt. Die Beschwerdebefugnis des Betroffenen folgt bereits daraus, dass seine sofortige erste Beschwerde ohne Erfolg geblieben ist.

In der Sache ist das Rechtsmittel unbegründet, weil die Entscheidung des LG nicht auf einer Verletzung des Rechts beruht (§ 27 Abs. 1 S. 1 FGG).

In verfahrensrechtlicher Hinsicht ist das LG zutreffend von einer zulässigen sofortigen Erstbeschwerde des Betroffenen ausgegangen. Auch die Sachentscheidung des LG hält rechtlicher Nachprüfung stand.

Das LG hat angenommen, die Haftanordnung könne hier zwar nicht mehr auf den Haftgrund des § 57 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 AuslG (unerlaubte Einreise) gestützt werden. Diesem Haftgrund stehe im Hinblick auf den von dem Betroffenen gestellten Asylantrag die Vorschrift des § 14 Abs. 4 AsylVfG entgegen. Diese Vorschrift greife jedoch deshalb nicht ein, weil die Haft zugleich auch unter dem Gesichtspunkt des § 57 Abs. 2 S. 1 Nr. 5 AuslG begründet sei. Denn es bestehe der begründete Verdacht, der Betroffene wolle sich der Abschiebung entziehen. Diese Annahme stütze sich darauf, dass der Betroffene mit Hilfe einer Schlepperorganisation über Frankreich in das Bundesgebiet eingereist sei. Nach den Angaben des Betroffenen habe sein Vater dafür einen erheblichen Geldbetrag aufgewendet. Da dieser Geldbetrag im Falle der Abschiebung vergeblich aufgewendet worden sei, müsse der Betroffene ein bedeutendes Interesse daran haben, sich seiner...

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