Verfahrensgang
LG Essen (Aktenzeichen 16 O 203/17) |
Tenor
I. Der Antrag des Klägers auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Antragsfrist für die Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist wird zurückgewiesen.
II. Die Berufung des Klägers gegen das am 10.09.2021 verkündete Urteil der 16. Zivilkammer des Landgerichts Essen wird als unzulässig verworfen.
Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 14 838,35 EUR festgesetzt.
Gründe
A. Die Parteien streiten um Steuerberaterhonoraransprüche des Klägers gegen den Beklagten. Durch das im Tenor näher bezeichnete Urteil ist die Klage abgewiesen worden. Nach Zustellung am 08.10.2021 hat der Kläger hiergegen mit Schriftsatz vom 18.10.2021, per Fax eingegangen am selben Tag, Berufung eingelegt und mit weiterem Schriftsatz vom 11.11.2021, eingegangen am 12.11.2021, die Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist beantragt, die ihm durch Verfügung der Vorsitzenden vom 03.12.2021 bis zum 10.01.2022 einschließlich gewährt wurde.
Mit Schriftsatz vom 09.01.2022, eingegangen per Briefpost laut Eingangsstempel des Oberlandesgerichts am 08.01.2022, hat der Kläger die Berufung begründet und eine weitergehende Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist beantragt.
Die Berichterstatterin hat den Kläger durch Schreiben vom 11.01.2022, abgegangen am 18.01.2022, darauf hingewiesen, dass die Berufung unzulässig sein dürfte, weil die Berufungsbegründungsfrist durch den Eingang der ab 01.01.2022 nicht mehr wirksam möglichen Erklärung per Anwaltsschriftsatz anstatt durch elektronisches Dokument nicht gewahrt worden sei.
Der Kläger nimmt durch Schriftsatz vom 24.01.2022, per Briefpost eingegangen am 25.01.2022, dahingehend Stellung, dass es seinem Prozessbevollmächtigten bis zum 10.01.2022 nicht möglich gewesen sei, die Berufungsbegründung als elektronisches Dokument über das besondere Anwaltspostfach (im Folgenden: beA) zu übermitteln. Er habe mit Einrichtung des beA eine Basiskarte erhalten, die nur zum Empfang von elektronischen Dokumenten berechtigt. Diese Basiskarte lasse sich grundsätzlich zur Signaturkarte aufwerten, so dass mit ihr auch Schriftstücke elektronisch versandt werden könnten. Zunächst habe seine Basiskarte nicht funktioniert, weil ihm eine Signaturkarte für Notare übersandt worden sei. Als er dann eine Basiskarte für Anwälte erhalten habe, hätten im Dezember 2021 die Gerichte moniert, dass Empfangsbekenntnisse nicht über das beA zurückgesandt worden seien. Ursache sei gewesen, dass die Notarkammer die Programmierung der Versendung von Empfangsbekenntnissen vergessen habe. Eine Erweiterung der Basiskarte um diese Funktion sei nicht möglich gewesen. Als Grund sei festgestellt worden, dass die Versendungsfunktion für Empfangsbekenntnisse vergessen worden sei. Somit habe er sich eine neue Signaturkarte kaufen müssen, was aber nur bei vorheriger Sperrung der Basiskarte möglich gewesen sei. Da dies zur Folge gehabt hätte, dass wochenlang kein Zugriff zu dem beA-Postfach bestanden hätte, habe er sich eine Mitarbeiterkarte gekauft, die er zwar vor dem 10.01.2022 erhalten habe, nicht aber die zur Nutzung erforderlichen PIN und PUK. Der Brief mit diesen Angaben sei erst am 14.01.2022 an ihn verschickt worden und am 17.01.2022 eingetroffen. Als einzige Lösung habe er daher den Einwurf in den Gerichtsbriefkasten am 09.01.2022 gesehen. Bisher hätten alle Gerichte diese Verfahrensweise akzeptiert und keine mangelnde Zustellung moniert. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat diesen Sachverhalt mit Schriftsatz vom 24.01.2022, per Briefpost eingegangen am 25.01.2022, an Eides statt versichert und Ausdrucke der E-Mails der Bundesnotarkammer vom 18.01.2022 sowie vom 30.12.2021 und des Schreibens der Zertifizierungsstelle der Bundesnotarkammer vom 14.01.2022 vorgelegt.
Der Beklagte betrachtet den gehaltenen Sachvortrag als glaubhaft und unterbreitet nähere Ausführungen insbesondere rechtlicher Art.
Die Vorsitzende hat durch Verfügung vom 04.03.2022, dem Kläger per (einfachem) Empfangsbekenntnis - das jedoch bislang nicht zu den Akten zurückgekehrt ist - zugestellt, den Antrag des Klägers auf weitere Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist gemäß Schriftsatz vom 09.01.2022 zurückgewiesen, da der Antrag nicht rechtzeitig formgerecht gestellt worden sei. Der Fristverlängerungsantrag sei nicht als elektronisches Dokument übermittelt worden, und die Unmöglichkeit der elektronischen Übermittlung sei nicht innerhalb des in § 130d S. 3 ZPO vorgesehenen Zeitraums glaubhaft gemacht worden, sondern erst durch Schriftsatz vom 24.01.2022.
Mit Schriftsatz vom 18.03.2022, per Fax eingegangen am 20.03.2022 und per Post am 22.03.2022, hat der Kläger Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der "Versäumung der Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist" beantragt. Bis heute sei ihm eine Übermittlung von Schriftsätzen in elektronischer Form mangels funktionsfähiger Signaturkarte nicht möglich, wozu er näheren Vortrag anwaltlich b...