Leitsatz (amtlich)
1. Die Abänderung des Versorgungsausgleichs erfolgt unter Anwendung des neuen Rechts, indem die in den Ausgleich einbezogenen Anrechte nach den §§ 9 - 19 VersAusglG geteilt werden (§ 51 Abs. 1 VersAusglG).
2. Bei der Abänderung des Versorgungsausgleichs sind alle bis zur Änderungsentscheidung eingetretenen Änderungen zu berücksichtigen, wenn sie auf den Ausgleichswert des Anrechts zurückwirken. Änderungsgründe i.S.d. § 51 VersAusglG können sich auch daraus ergeben, dass sich der Beamte bei der Erstentscheidung noch im aktiven Dienst befand, während er zur Zeit der Abänderungsentscheidung in den vorzeitigen Ruhestand versetzt ist.
3. Auch die Änderungen durch das Versorgungsänderungsgesetz 2001 (insbesondere die Absenkung des Ruhegehalts auf 71,75 %) sind bei der Abänderungsentscheidung zu berücksichtigen.
4. Gleiches gilt für die Reduzierung der Sonderzahlung.
5. Zu der Frage, ob die Wahrnehmung einer vorzeitigen Pensionierungsmöglichkeit zur groben Unbilligkeit gem. § 27 VersAusglG führen kann.
Normenkette
VersAusglG § 5 Abs. 2, §§ 27, 51; FamFG § 225
Verfahrensgang
AG Lüdinghausen (Beschluss vom 10.06.2010; Aktenzeichen 14 F 1712/09) |
Tenor
Auf die Beschwerden beider Beteiligten wird der am 10.6.2010 verkündete Be-schluss des AG - Familiengericht - Lüdinghausen abgeändert und wie folgt insgesamt neu gefasst:
Die Entscheidung über den Versorgungsausgleich in dem Urteil des AG - Familiengericht - Lüdinghausen (Az. 3 F 51/98) wird wie folgt abgeändert:
Im Wege der externen Teilung wird zu Lasten des Anrechts des Antragstellers bei dem Landesamt für Besoldung und Versorgung NRW zugunsten der Antragsgegnerin ein Anrecht i.H.v. monatlich 914 EUR auf ihrem Versiche-rungskonto bei der Deutschen Rentenversicherung Bund, bezogen auf den 28.2.1998, begründet.
Der Ausgleichswert ist in Entgeltpunkte umzurechnen.
Im Wege der internen Teilung wird zu Lasten des Anrechts der Antragsgegnerin bei der Deutschen Rentenversicherung Bund zugunsten des Antragstellers ein Anrecht i.H.v. 2,1158 Entgeltpunkten auf ein für ihn durch die Deutsche Rentenversicherung Bund einzurichtendes Versicherungskonto, bezogen auf den 28.2.1998, begründet.
Die Abänderung wirkt ab dem 1.10.2009.
Von der Erhebung von Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren wird abgese-hen. Im Übrigen werden die Kosten des Verfahrens gegeneinander aufgehoben.
Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 1.370,72 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Beteiligten streiten um die Abänderung des Versorgungsausgleichs.
Der am 5.5.1937 geborene Antragsteller und die am 14.2.1937 geborene Antragsgegnerin heirateten am 14.8.1964. Die Trennung erfolgte im August 1987. Der Scheidungsantrag im Verfahren 3 F 51/98 AG Lüdinghausen wurde am 10.3.1998 zugestellt. Die Ehezeit i.S.d. § 3 Abs. 1 VersAusglG (früher § 1587 Abs. 2 BGB) ging daher vom 1.8.1964 bis zum 28.2.1998. Der Antragsteller war Diplom-Finanzwirt. Das Landesamt für Besoldung und Versorgung NRW ging im Scheidungsverfahren vom Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze durch den Antragsteller am 4.5.2002 aus und errechnete unter Zugrundelegung eines Ruhegehaltssatzes von 75 % einen Ehezeitanteil von 3.944,37 DM. Die Antragsgegnerin erwarb lediglich Rentenanwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung. Die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (heute Deutsche Rentenversicherung Bund) ging im Scheidungsverfahren von einer Anwartschaft bezogen auf die Ehezeit i.H.v. 193,39 DM aus. Durch Urteil vom 3.11.1998 wurde die Ehe der Beteiligten geschieden. Im Rahmen des Versorgungsausgleichs wurden zu Lasten der beamtenrechtlichen Versorgung des Antragsstellers beim Landesamt für Besoldung NRW Rentenanwartschaften zugunsten der Antragsgegnerin bei der heutigen Deutschen Rentenversicherung Bund i.H.v. 1.875,49 DM, bezogen auf den 28.2.1998, begründet.
Der Antragsteller ging am 30.6.2000 vorzeitig in Pension. Er hat unter dem 14.9.2009 eine Änderung/Neuberechnung des Versorgungsausgleichs beantragt. Hierzu hat er vorgetragen, dass aufgrund von Gehaltsänderungen in der Vergangenheit nur von einer ehezeitbezogenen Anwartschaft i.H.v. 3.575,24 DM auszugehen sei. Bisher seien bei Erhöhungen seiner Bezüge auch immer höhere Beträge für den Versorgungsausgleich abgezogen worden. Dagegen seien prozentuale Erhöhungen der Rente der Antragsgegnerin nicht berücksichtigt worden. Es sei unklar, ob die Rentenanwartschaften der Antragsgegnerin bei der VBL im Rahmen des Scheidungsverfahrens berücksichtigt worden seien. Seine geschiedene Ehefrau sei früher bei der Kreissparkasse M2 beschäftigt gewesen. Bei der ursprünglichen Berechnung des Versorgungsausgleichs sei noch das volle Weihnachtsgeld berücksichtigt worden.
Die Antragsgegnerin hat die Auffassung vertreten, die jährliche Sonderzahlung auf Seiten des Antragstellers sei mit den Werten zur Zeit der Entscheidung (1998) zugrunde zu legen. Der Versorgungabschlag von 3,3 % könne nicht zu ihren Lasten gehen, da der Antragsteller aus freier Entscheidung mit der Vollendung seines 63. Lebensjah...