Entscheidungsstichwort (Thema)

Erwerb eines Diesel-Fahrzeugs: Anspruch auf den sog. großen Schadensersatz wegen des Einbaus eines Thermofensters

 

Leitsatz (amtlich)

Ein Anspruch auf großen Schadensersatz folgt auch in Ansehung der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 21. März 2023 in der Sache C-100/21 wegen der - unterstellt unzulässigen - Ausstattung mit einem Thermofenster nicht aus § 823 Abs. 2 BGB. (Rn. 22) Es bleibt dabei, dass weder Art. 18 Abs. 1, Art. 26 Abs. 1 und Art. 46 der Rahmenrichtlinie in Verbindung mit Art. 5 Abs. 2 der Verordnung Nr. 715/2007 noch §§ 6 Abs. 1, 27 Abs. 1 EG-FGV dem Schutz des wirtschaftlichen Selbstbestimmungsrechts des einzelnen Fahrzeugerwerbers dienen. (Rn. 36)

 

Normenkette

BGB § 823 Abs. 2; EG-FGV § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1; EGRL 46/2007 Art. 18 Abs. 1, Art. 26 Abs. 1, Art. 46; EGV 715/2007 Art. 5 Abs. 2

 

Verfahrensgang

LG Bielefeld (Urteil vom 20.08.2021; Aktenzeichen 18 O 401/20)

 

Tenor

Der (erneute) Aussetzungsantrag des Klägers wird zurückgewiesen.

Die Berufung des Klägers gegen das am 20.08.2021 verkündete Urteil des Einzelrichters der 18. Zivilkammer des Landgerichts Bielefeld, Az.: 18 O 401/20, wird gemäß § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Dieser Beschluss und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.

Der Vollstreckungsschuldner darf die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 31.312,37 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Der Kläger macht gegen die Beklagte Ansprüche - u.a. auf "großen Schadensersatz" - aus dem Kauf eines Porsche Cayenne 3.0 V6 TDI, 180 kW, Euro 5 geltend.

Der Kläger erwarb mit Kaufvertrag vom 11.09.2014 von der ... GmbH das vorstehend bezeichnete Gebrauchtfahrzeug zu einem Kaufpreis in Höhe von 52.000,00 Euro bei einer Laufleistung von 21.000 km. Das Fahrzeug ist mit einem von der Beklagten hergestellten Dieselmotor EA896Gen.2 Monoturbo ausgestattet. Es ist ein sog. Thermofenster verbaut.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen.

Hinsichtlich der Einzelheiten des Tatbestandes, der erstinstanzlichen Anträge sowie der Entscheidungsgründe wird auf das angefochtene Urteil verwiesen (Bl. 1435 ff. der Gerichtsakte, im Folgenden: GA I-1435 ff.).

Mit der Berufung wendet sich der Kläger gegen die Abweisung der Klage und beantragt, unter Abänderung des angefochtenen Urteils

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger EUR 31.312,37 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen, und zwar Zug-um-Zug gegen Übereignung und Herausgabe des Fahrzeugs der Marke Porsche Cayenne 3.0 TDI mit der Fahrzeugidentifikationsnummer (FIN) ... nebst zwei Fahrzeugschlüsseln, Kfz-Schein, Kfz-Brief und Serviceheft;

hilfsweise festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger Schadensersatz zu zahlen für Schäden, die aus dem Einbau einer unzulässigen Abschaltvorrichtung in das Fahrzeug der Marke Porsche Cayenne 3.0 TDI mit der Fahrzeugidentifikationsnummer (FIN) ... und der damit verbundenen Manipulation des Emissionskontrollsystems resultieren;

festzustellen, dass sich die Beklagte mit der Annahme der in vorgenannten Klageanträgen genannten Zug-um-Zug-Leistung im Annahmeverzug befindet;

festzustellen, dass der in Antrag zu 1) bezeichnete Anspruch aus einer vorsätzlichen unerlaubten Handlung der Beklagten herrührt;

die Beklagte zu verurteilen, den Kläger von den durch die Beauftragung seiner Prozessbevollmächtigten entstandenen Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung in Höhe von EUR 2.994,04 freizustellen.

Hinsichtlich der Einzelheiten des Berufungsvorbringens des Klägers wird auf die Berufungsbegründung vom 30.11.2021 (GA I-1478 ff.) vollumfänglich Bezug genommen.

Der Senat hat mit Beschluss vom 19.01.2023 (Bl. 54 ff. der zweitinstanzlichen elektronischen Gerichtsakte, im Folgenden: eGA II-54 ff.) darauf hingewiesen, dass beabsichtigt sei, die Berufung gem. § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO zurückzuweisen. Im vorliegenden Fall sei nach dem Parteivortrag davon auszugehen, dass das streitgegenständliche Fahrzeug mit einem sog. Thermofenster ausgestattet sei. Ausreichende Anhaltspunkte dafür, dass die für die Beklagte handelnden Personen bei der Entwicklung und/oder Verwendung des Thermofensters in dem Bewusstsein gehandelt hätten, eine unzulässige Abschalteinrichtung zu verwenden, und den darin liegenden Gesetzesverstoß billigend in Kauf genommen hätten, habe der Kläger jedoch nicht dargetan.

Soweit der Kläger weitere unzulässige Abschalteinrichtungen in den Raum stelle, handele es sich um unzulässige Behauptungen ins Blaue hinein. Jedenfalls fehle es insgesamt an einem Schädigungsvorsatz.

Ansprüche aus § 823 Abs. 1 BGB und § 823 Abs. 2 BGB schieden - auch unter Berücksichtigung der Schlussanträge des Generalanwalts R. vom 02.06.2022 in der...

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