Entscheidungsstichwort (Thema)
Nichtvollstreckbarerklärung eines polnischen Versäumnisurteils über Vaterschaft und Unterhalt
Leitsatz (redaktionell)
Die Vollstreckbarerklärung eines polnischen Versäumnisurteils über Vaterschaft und Unterhalt ist zu verweigern, wenn der Titel im Ausspruch zur Vaterschaft wegen Verstoßes gegen den deutschen ordre public nicht anerkannt werden kann.
Normenkette
ZPO § 328 Abs. 1 Nr. 4
Verfahrensgang
LG Arnsberg (Beschluss vom 10.02.2004; Aktenzeichen 4 O 609/03) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des LG Arnsberg vom 10.2.2004 abgeändert.
Der Antrag auf Vollstreckbarerklärung des Urteils des AG Kwidzyn vom 12.12.2002 wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens nach einem Gegenstandswert von 3.280 EUR.
Gründe
I. Der Antragsteller wehrt sich gegen die Vollstreckbarerklärung eines Versäumnisurteils eines polnischen Gerichts, mit dem seine Vaterschaft für die Antragstellerin festgestellt und er zur Zahlung von Unterhalt verurteilt worden ist. Dem polnischen Urteil liegt eine Klage namens der Mutter der Antragstellerin vom 30.6.2000 zugrunde, in dem sie die Vaterschaft des Antragsgegners behauptet, zugleich aber angegeben hat, dass dieser die Vaterschaft bestreitet. Diese Klage mit dem Az. III RC 333/00 ist dem Antragsgegner am 17.8.2000 zugestellt worden. Am 7.12.2000 hat vor dem AG Kwidzyn eine mündliche Verhandlung stattgefunden, zu der niemand erschienen ist, so dass das Verfahren vorläufig eingestellt worden ist. Mit Beschluss des AG Kwidzyn vom 11.1.2001 ist für die Antragstellerin Frau S. als gesetzliche Vertreterin bestellt worden. Im Jahre 2002 ist das Verfahren unter dem Az. RC 680/02 wieder aufgenommen worden. Am 12.11.2002 hat eine mündliche Verhandlung stattgefunden, zu der der Antragsgegner durch Niederlegung zur Gerichtsakte geladen worden ist und zu der nur Frau S. erschienen ist. Das AG hat daraufhin das vorliegende Versäumnisurteil erlassen, dessen Vollstreckbarerklärung im Ausspruch zum Unterhalt die gesetzliche Vertreterin des Kindes mit Unterstützung des Bundesverwaltungsamtes begehrt. Das LG hat dem Antrag stattgegeben. Dagegen richtet sich die Beschwerde des Antragsgegners, der vorträgt, dass er nach Zustellung der Klage sich mit der Mutter des Kindes in Verbindung gesetzt und auf die Unmöglichkeit seiner Vaterschaft mangels Geschlechtsverkehrs hingewiesen hat. Die Mutter des Kindes soll daraufhin erklärt haben, das Verfahren nicht weiterzuverfolgen. Im Verlauf des Beschwerdeverfahrens ist in Polen einvernehmlich ein Blutmerkmalegutachten mit DNA-Analyse eingeholt worden, das zu dem Ergebnis gekommen ist, dass die Vaterschaft des Antragsgegners ausgeschlossen ist.
II. Die zulässige Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg. Die Entscheidung des LG ist schon deshalb fehlerhaft, weil sie die Frage der Anerkennung des Urteils im Ausspruch zur Vaterschaftsfeststellung ungeprüft gelassen hat (OLG Hamm v. 8.7.2003 - 29 W 34/02, FamRZ 2004, 719; Geimer, IPRax 2004, 419). Zur Prüfung bestand schon deshalb Anlass, weil die Vaterschaft im Wege des Versäumnisurteils ergangen ist. Die Anerkennung dieses Urteils ist nach § 328 Abs. 1 Nr. 4 ZPO ausgeschlossen, weil sie mit wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts unvereinbar ist. Die Mutter des Kindes hatte in der Klageschrift selbst angegeben, dass die Vaterschaft seitens des Antragsgegners bestritten wird. Weitere Erkenntnisse zur Frage der Abstammung hatte das polnische Gericht nicht, da die Kindesmutter zu keinem Gerichtstermin erschienen ist. Eine Statusfeststellung auf einer solchen unzureichenden sachlichen Grundlage ist mit den Grundsätzen des deutschen Rechts (ordre public) unvereinbar. Hinzu kommt, dass dem Antragsgegner kein rechtliches Gehör gewährt worden ist. Nachdem das Verfahren zunächst vorläufig eingestellt worden war, hätte er von der Wiederaufnahme, die offenbar keiner der zunächst am Verfahren Beteiligten veranlasst hat, in einer Weise informiert werden müssen, die zumindest die Möglichkeit der Kenntnisnahme und zur Beteiligung am Verfahren bot. Das war angesichts der Niederlegung der Ladung zur Akte offensichtlich nicht der Fall. Damit steht der Anerkennung des Urteils auch im Ausspruch zum Unterhalt der Versagungsgrund des Art. 5 Nr. 1 des Haager Unterhaltsvollstreckungsübereinkommens vom 2.10.1973 bzw. des Art. 27 Nr. 1 des ebenfalls anwendbaren Luganer Übereinkommens über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 16.9.1968, im Verhältnis zu Polen in Kraft seit dem 1.2.2000, entgegen.
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 8 Abs. 2 AVAG.
Fundstellen
Haufe-Index 1383045 |
FamRZ 2006, 968 |
NJW-RR 2006, 293 |
FPR 2006, 268 |
FamRBint 2006, 28 |
OLGR-Mitte 2005, 439 |